Wenn man wissen will, ob eine Stadt wirtschaftlich prosperiert oder in der Krise steckt, hilft der Blick allein auf die Arbeitslosenzahlen nicht weiter. Erst recht nicht, wenn die Bevölkerung in dieser Stadt seit Jahren wächst. Dann ist eine leicht wachsende Arbeitslosigkeit sogar nichts anderes als ein Begleiteffekt. So auch in Leipzig. Hier stieg die Arbeitslosigkeit im Dezember um 36 auf 21.324 Personen geringfügig an.

Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es 1.512 Arbeitslose mehr, teilt die Arbeitsagentur Leipzig mit. Die Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen betrug im Dezember 6,5 Prozent; vor einem Jahr betrug sie 6,1 Prozent.

Neuer Höchststand an Beschäftigung

Aber daneben gab es im Jahresverlauf einen deutlichen Zuwachs an Beschäftigung.

„Auch im Jahr 2022 hat Leipzig einen neuen Höchststand bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu verzeichnen. Ferner ist die Nachfrage nach Arbeitskräften mit mehr als 9.700 gemeldeten Stellen zum Jahreswechsel beim gemeinsamen Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur und des Jobcenters über Vorpandemieniveau“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leipzig, Steffen Leonhardi.

„Das zeigt, dass es gute und vielfältige Beschäftigungsperspektiven fĂĽr die Leipzigerinnen und Leipziger gibt und dass der langfristige Trend der positiven Beschäftigtenentwicklung in Leipzig anhält – trotz des aktuell schwierigen Umfeldes. Die Arbeitslosigkeit ist gegenĂĽber dem November nahezu unverändert, was eine saisontypische Entwicklung fĂĽr die Stadt Leipzig darstellt.“

Entwicklung der Beschäftigtenzahlen in Leipzig. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen in Leipzig. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig

Tatsächlich gab es 2022 einen Beschäftigungszuwachs, der wieder deutlich über dem der Vorjahre lag. Die jüngsten Zahlen stammen zwar jetzt aus dem Juni 2022, aber sie sprechen eine deutliche Sprache: Von 279.330 wuchs die Zahl der in Leipzig Beschäftigten von Juni 2021 bis Juni 2022 auf 286.928, ein Plus von 7.598 oder 2,7 Prozent. Im Vorjahr waren es nur 5.311 gewesen.

Der Leipziger Arbeitsmarkt ist also weiterhin sehr aufnahmefähig, auch wenn saisonal im Dezember die registrierte Arbeitslosigkeit wieder leicht zunahm.

Im Dezember meldeten sich 5.395 Personen arbeitslos, das waren 294 mehr als vor einem Jahr. Gleichzeitig beendeten 5.375 Personen ihre Arbeitslosigkeit, 514 mehr als im Dezember 2021.

Seit Jahresbeginn gab es 65.475 Zugänge von Arbeitslosen, gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist das ein Zuwachs von 6.467 Meldungen, zieht die Arbeitsagentur ihre Jahresbilanz. Demgegenüber stehen 64.038 Abmeldungen von Arbeitslosen, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Zuwachs von 377 Abmeldungen. Im Dezember meldeten sich 2.257 zuvor erwerbstätige Personen arbeitslos, 223 mehr als vor einem Jahr. Durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit konnten in diesem Monat 1.612 Personen ihre Arbeitslosigkeit beenden, 114 weniger als vor einem Jahr.

Praktisch alle Branchen suchen Leute

Deutlich wird die Aufnahmefähigkeit des Leipziger Arbeitsmarktes an den jeweils aktuellen Stellenmeldungen. Die nahmen zwar zum Jahresende hin leicht ab, sind aber weiter auf einem hohen Niveau.

Stellenausschreibungen nach Berufsbereichen. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Stellenausschreibungen, gegliedert nach Berufsbereichen. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig

Die Zahl der gemeldeten Arbeitsstellen ist im Bezirk der Agentur fĂĽr Arbeit Leipzig im Dezember geringfĂĽgig um 17 auf 9.749 gesunken. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es hingegen 422 Stellen mehr (+4,5 Prozent). Arbeitgeber meldeten im Dezember 1.602 neue Arbeitsstellen, das waren 200 oder 14,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Seit Jahresbeginn sind damit 19.820 Stellen eingegangen, das ist ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 798 oder 4,2 Prozent. Zudem wurden im Dezember 1.646 Arbeitsstellen abgemeldet, 234 oder 12 Prozent weniger als im Vorjahr. Von Januar bis Dezember gab es insgesamt 19.348 Stellenabgänge, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Zuwachs von 1.645 oder 9 Prozent.

Wer dann nach den gesuchten Berufen schaut, sieht, dass die Industrie genauso weiter Arbeitskräfte sucht wie die Logistik, die Bildung, der Handel, der Bau. Und so weiter, kann man sagen. Die Unternehmen geben zwar auf Umfrage der Wirtschaftskammern zu Protokoll, dass sie aufgrund der hohen Energiekosten und der allgemeinen Inflation ihre Arbeitskräftesuche deutlich zurückgeschraubt haben.

Aber in fast allen Branchen besteht nach wie vor ein Fachkräftemangel, werden qualifizierte Arbeitskräfte dringend gesucht. So auch in Krankenhäusern, im IT-Bereich und immer stärker in den Schulen. Für Sachsen bezifferte die GEW im August die Zahl der fehlenden Lehrkräfte inzwischen auf 3.000. Und die Lücken werden längst auch in einer Stadt wie Leipzig sichtbar, obgleich der zuständige Kultusminister so tut, als sei man auf einem guten Weg.

Entwicklung der gemeldeten Stellen in Leipzig. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Die Entwicklung der gemeldeten Stellen in Leipzig. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig

Für 2023 heißt das eindeutig, dass qualifizierte Bewerber in so gut wie allen Branchen gesucht werden und auch viele der in Leipzig heimisch gewordenen Ukrainer/-innen in eine bezahlte Beschäftigung wechseln werden.

Denn der Hauptanteil der zusätzlich als arbeitslos Registrierten entfällt auf die aus der Ukraine Geflüchteten, die seit dem Sommer in der Betreuung des Jobcenters stehen. Mit dem Ergebnis: Im Vergleich zum Vorjahresmonat Dezember 2021 reicht die Spanne der Veränderungen der Arbeitslosenzahlen von -1,1 Prozent bei Deutschen bis +36,9 Prozent bei Ausländern.

Im Dezember waren im Jobcenter Leipzig 4.754 erwerbsfähige Personen aus der Ukraine gemeldet, 27 Personen mehr als im Vormonat. Darunter sind 3.904 Personen als arbeitssuchend und davon 1.408 als arbeitslos registriert. Dies entspricht einem Rückgang von 211 Personen aus der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vormonat.

Der Arbeitsmarkt in Zahlen

Die Zahl der langzeitarbeitslosen Menschen ist im zurĂĽckliegenden Monat in Leipzig erneut leicht zurĂĽckgegangen. Im Dezember 2022 waren 6.238 Menschen langzeitarbeitslos, 53 weniger als im November. Im Vergleich zum Dezember 2022 gab es 1.162 Langzeitarbeitslose weniger, ein RĂĽckgang um 15,7 Prozent.

Im Rechtskreis SGB III lag die Arbeitslosigkeit bei 6.935, das sind 348 mehr als im Vormonat und 830 mehr als im Vorjahr. Die anteilige SGB III-Arbeitslosenquote lag bei 2,1 Prozent.

Im Rechtskreis SGB II gab es 14.389 Arbeitslose, das ist ein Minus von 312 gegenĂĽber November; im Vergleich zum Dezember 2021 waren es 682 Arbeitslose mehr. Die anteilige SGB II-Arbeitslosenquote betrug 4,4 Prozent.

In Leipzig gab es im Dezember 30.499 Bedarfsgemeinschaften. Das waren 286 weniger als im Vormonat und 788 mehr als im Dezember des Vorjahres.

Das Jobcenter Leipzig betreut aktuell 38.492 erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Im Vergleich zum Vormonat betrug der Rückgang 398 Personen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl um 1.279 Personen.

Im November 2022, aktuellster statistisch ausweisbarer Monat, haben 46 Leipziger Unternehmen Kurzarbeit angezeigt. Diese Anzeigen umfassten 851 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das sind 4 Anzeigen und 378 Personen mehr als im Vormonat. Ein signifikanter Anstieg wie zu Beginn der Corona-Pandemie ist weiterhin nicht zu erkennen.

Der Höchststand an abgegebenen Anzeigen seit Februar 2009 war mit 5.412 Anzeigen für 70.427 Beschäftigte im April 2020.

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