In der Ämterpräsentation der Leipziger Verwaltung für den Doppelhaushalt 2023/2024 ist die Produktionsschule Leipzig als Baustein der Fachkräfteentwicklung noch enthalten. Doch pünktlich zum Weihnachtsfest, am 19. Dezember, wurde die Produktionsschule Leipzig durch die Sächsische Aufbaubank (SAB) in einer sogenannten Vorabmitteilung darüber informiert, dass für den Projektzeitraum 2023/24 keine Mittel des Europäischen Sozialfonds mehr zur Verfügung gestellt werden.

Die Einrichtung wurde zwölf Jahre lang zu 90 Prozent durch das ESF-Förderprogramm finanziert und steht nun vor dem Aus. Das Jugendamt der Stadt Leipzig hatte die Förderung befürwortet und auch wieder eine Kofinanzierung zugesagt.

Schlechte Nachricht zum Weihnachtsfest

„Wenige Tage vor Weihnachten mussten wir unseren 24 Teilnehmenden und sechs Mitarbeitenden mitteilen, dass es die Produktionsschule im neuen Jahr nicht mehr geben wird. Die jungen Menschen, die sich in dieser Einrichtung sozial und auch psychisch stabilisieren konnten und für die das Ankommen in den Gruppen teilweise eine enorme Anstrengung bedeutete, müssen nun diesen Abbruch irgendwie bewältigen“, erklärt Franka Martin, Leiterin der Produktionsschule.

„Die erreichten Entwicklungen sowie geplante Schritte hin zu Schule, Ausbildung und Beruf werden so in vielen Fällen zunichtegemacht. So kann nachhaltige Jugendberufshilfe nicht funktionieren.“

Der Träger, die Berufsbildungswerk Leipzig für Hör- und Sprachgeschädigte gGmbH, hat in den vergangenen zwei Jahren umfangreich in moderne Räumlichkeiten für die Jugendberufshilfe in der Plagwitzer „Elsterpassage“ investiert. Unter anderem wurde im Frühjahr ein von Produktionsschüler/-innen geführter Laden, die „Elsterkammer“, eröffnet.

Wie soll es jetzt weitergehen?

Tobias Schmidt, Hauptgeschäftsführer der BBW-Leipzig-Gruppe, konstatiert: „Der Entzug der Förderung stellt uns auch als Träger vor die Frage, ob und wie wir unsere Expertise und die Räume sinnvoll weiter nutzen können. Eine Wertschätzung dieser über Jahre geschaffenen Ressourcen und Netzwerke vonseiten der SAB ist hier nicht erkennbar, sonst hätte man sich sicherlich die Mühe gemacht, uns vorab in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.“

Der Bedarf an Angeboten für benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene, insbesondere solche mit psychischen Belastungen, ist in Leipzig sehr hoch. Gerade im Übergang zwischen Schule und Beruf sind die Möglichkeiten jedoch begrenzt.

Franka Martin blickt jetzt sorgenvoll in die Zukunft: „Auch wenn wir natürlich einen Neustart mit einem alternativen Konzept versuchen werden, bedeutet die Entscheidung für die meisten unserer Teilnehmenden und auch deren Familien, dass ihnen heute und hier Struktur und Unterstützung genommen wird. Die Auswirkungen dessen sind für die einzelnen Personen verheerend.“

Benachteiligte Jugendliche, vor allem auch beim Übergang Schule-Beruf, brauchen dringend ausreichend Möglichkeiten der Teilhabe.

Die Produktionsschule als Lern- und Arbeitsort gestaltet soziale und berufliche Integration mit benachteiligten und/oder beeinträchtigten jungen Menschen, die eine Außenseiterrolle auf dem Arbeitsmarkt einnehmen. Neben der sozialen Stabilisierung, der beruflichen sowie schulvorbereitenden Qualifizierung, ist insbesondere die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen eine wichtige Grundlage.

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