Ein bisschen hat's schon gedauert. Ihren Antrag "Kofinanzierung des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors durch die Stadt" hatte die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat schon am 19. Dezember 2013 eingereicht, nachdem sich so langsam abzeichnete, welche verheerenden Folgen die Kürzung der "Arbeitsmarktinstrumente" bei den Jobcentern auch für die Vereinslandschaft in Leipzig haben würde. Doch abhelfen könne die Stadt nicht, stellt jetzt das Dezernat Wirtschaft und Arbeit fest.

Das Problem ist dabei nicht, das die Stadt nicht wolle. Aber irgendwann kommt auch so eine Stadt wie Leipzig an ihre Grenzen, wenn Bund und Land ihre Leistungen immer mehr kürzen und die Probleme dabei bei den Kommunen hängen bleiben. Dabei spielt auch eine wesentliche Rolle, dass die Stadt Leipzig Stellen, die sie fördert, nach dem Tarif des Öffentlichen Dienstes bezahlen muss. Das wird schnell eine ganze Ecke teurer.

“Für 2014 sollen nach derzeitigem Planungsstand bis zu 190 gemäß § 16 e SGB II öffentlich geförderte Arbeitsplätze realisiert werden”, teilt das Wirtschaftsdezernat nun in seiner Stellungnahme zum Antrag der Linken mit. “Entsprechend den Regelungen der Bundesagentur für Arbeit sind diese tariflich oder ortsüblich zu entlohnen. Folglich werden die vom Stadtrat am 10.07.2013 beschlossenen FAV-Stellen in kommunaler Trägerschaft gemäß TVöD entlohnt. Zur Kofinanzierung solcher geförderten Arbeitsverhältnisse für Langzeitarbeitslose beim KEE und bei Vereinen, Verbänden sowie Trägern stehen im Haushalt der Stadt Leipzig im Jahr 2014 bereits insgesamt rund 1.215.000 Euro zur Verfügung.”

KEE ist der Kommunale Eigenbetrieb Engelsdorf.

Aber auch das ist nur eine Kofinanzierung. Die Stellen werden nur dann gewährt, wenn auch das Jobcenter mitspielt. Aber da schrumpft ja bekanntlich der Etat für diese Art Eingliederungshilfe. So gewollt von der letzten Bundesregierung, die vom sogenannten “zweiten Arbeitsmarkt” gar nichts hielt und die Betroffenen auf Biegen und Brechen lieber im ersten Arbeitsmarkt sehen will.

“Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt dabei unter dem Vorbehalt, dass die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel im Eingliederungstitel des Jobcenters Leipzig für öffentlich geförderte Beschäftigungsverhältnisse zur Verfügung stehen”, schränkt also auch das Wirtschaftsdezernat ein. “Darüber hinaus liegt es allein in der Verantwortung des Jobcenters Leipzig, für diese Maßnahmen die ausreichende Anzahl an geeigneten Teilnehmer/-innen zu aktivieren und zu zuweisen.”
Man spielt sich also die Bälle zu: Der eine will und kann nicht mehr. Und die Stadt kann nicht, ist aber aufs Jobcenter angewiesen, das alles Mögliche macht, nur keine auf Leipzig zugeschnittene transparente Arbeitsmarkt- und Eingliederungspolitik. Es geht nicht um sinnvolle Steuerung. Entsprechend rein auf betriebswirtschaftliche Workflow-Parameter sind auch die diversen Jobcenter-Berichterstattungen getrimmt, die der Leipziger Stadtrat alle halbe Jahre abnickt.

“Mit der Vorlage DSV-3591/14 wurde die Ratsversammlung in ihrer Sitzung am 19. März dieses Jahres ausführlich über den Stand zur Umsetzung des Ratsbeschlusses RBV-1145/12 informiert”, so das Wirtschaftsdezernat. Das auch deutlich macht, dass die Kommunen in deutschen Arbeitsmarktpolitik am kürzeren Hebel stehen: Der Bund lässt sich seine Steuerhoheit in Sachen Jobcenter nicht nehmen und hält von eigenen Spielräumen für die Kommunen gar nichts.

Das Wirtschaftsdezernat dazu: “Insbesondere wurde hierbei deutlich dargestellt, dass die für einen solchen zusätzlichen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor zwingend erforderliche finanzielle Beteiligung des Freistaates Sachsen oder der Agentur für Arbeit Leipzig bisher konsequent abgelehnt wird.”

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Und was würde es kosten, wenn Leipzig nun die Ausfälle der Jobcenter-Zuweisungen für solche geförderten Stellen übernehmen würde?

“Des Weiteren wurde dem Rat mit der Drucksache 3591/14 aufgezeigt, dass zur Realisierung von 500 öffentlich geförderte Stellen mit Mindestlohn, Mittel in Höhe von jährlich rund 11,5 Mio. Euro bzw. für 200 Stellen in Höhe von rund 4,64 Mio. Euro benötigt werden.”

Das Fazit für das Wirtschaftsdezernat: Wenn es von Bund und Land keine Unterstützung gibt, kann Leipzig diese Stellen nicht aus eigener Kraft schaffen. Und diese Unterstützung gibt es nicht: “Darüber hinaus liegen derzeit keine konkreten EU- oder Bundesprogramme vor, welche die Realisierung oder Förderung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors zum Inhalt haben.”

Also: “Entsprechend dem im Antrag formulierten Vorbehalt der Kofinanzierung eines zusätzlichen öffentlich geförderten Beschäftigungssektors mit Mindestlohn ist V/A 496/13 daher abzulehnen.”

Der Antrag der Linksfraktion:

http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/BF8A6ED71B337159C1257C44003B4EF8/$FILE/v-a-496.pdf

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