Es gibt Legenden, die halten sich zäh. Auch in der LVZ, die im Vorfeld der nächsten angemeldeten Legida-Demo am Mittwoch, 23. September, auf der Lokalseite titelte: "Legida: Leipzigs Ratsfraktionen warnen vor Radikalisierung". Dazu hat man dort tatsächlich alle Ratsfraktionen abtelefoniert. Und den Unfug aus der AfD-Fraktion unkommentiert abgedruckt.

Für die grimmigen Herren aus dem rechten Lager ist die Welt irgendwie ganz einfach zu erklären, wenn man “linke und rechte Gewalttäter verantwortlich” macht. Auch wenn AfD-Stadtrat Christian Kriegel dann doch eher wieder nur die Gegendemonstranten verantwortlich macht für die Gewalt im Umfeld von Legida.

“In Deutschland ist es eine Straftat, wenn angemeldete Demonstrationen durch Sitzblockaden verhindert werden”, behauptete er einfach mal. Und machte dann recht deutlich, wo er steht, als er laut LVZ meinte: “Wenn die Polizei nicht in der Lage sei, die Sitzblockade zu beseitigen und der Demonstrationszug eine Stunde lang warten müsse, sei es nicht verwunderlich, ‘wenn einige Fußballfans irgendwann sagen, es reicht.'”

So schnell werden aus Hooligans schlichte Fußballfans und der Polizei wird unterstellt, sie müsste “Sitzblockaden beseitigen.”

Also Gewalt anwenden, so wie die “Fußballfans”. “Ich will die Gewalt nicht rechtfertigen, aber solche Durchbrüche sind von linker Seite fast bei jeder Demo an der Tagesordnung”, wird Kriegel noch zitiert.

Und trotzdem liest sich seine ganze Stellungnahme so, als ob er die Gewalt der “Fußballfans” nicht nur gut heißt, sondern für notwendig – wenn denn die Polizei ihren Job nicht macht.

Nur mit dem Gesetzelesen hat es der Medienberater Christian Kriegel nicht so.

Im Paragraph 22 des Sächsischen Versammlungsgesetzes heißt es dazu: “Wer in der Absicht, nicht verbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten vornimmt oder androht oder grobe Störungen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.”

Die Strafe wird also nicht für die Verhinderung angedroht, wie Kriegel glaubt, sondern für jeden, der “Gewalttätigkeiten vornimmt oder androht oder grobe Störungen verursacht”. Eine Straßenblockade ist eindeutig nichts davon, nicht mal eine grobe Störung. Sie verhindert die Veranstaltung nicht mal, sie blockiert sie nur.

Die aufgezählten Straftaten werden in der Regel auch von der Polizei sanktioniert. Aber es gibt keinen Paragraphen, der die Polizei dazu auffordert, mit Gewalt gegen unangemeldete Demonstrationen vorzugehen. Sitzblockaden sind nämlich von Natur aus welche.

Solche unangemeldeten Demonstrationen gibt es auch. Sogar im sächsischen Versammlungsrecht. Und sie dürfen sich sogar im Umfeld angemeldeter Demonstrationen bilden.

Das wird man bei der AfD wahrscheinlich ganz schwer akzeptieren. Aber auch die Bürger Sachsens haben das Recht, sich spontan zu versammeln. Der zugehörige Paragraph ist der Paragraph 14 im sächsischen Versammlungsgesetz: “Fällt die Bekanntgabe der Versammlung mit deren Beginn zusammen (Spontanversammlung), entfällt die Anzeigepflicht.”

Wenigstens von der LVZ hätte man an dieser Stelle zumindest einen Hinweis erwarten können, dass die Interpretation der Gesetzeslage durch den AfD-Stadtrat Christian Kriegel schlichtweg falsch ist.

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