Irgendwie klang das ja richtig gut, als Oberbürgermeister Burkhard Jung in der Aktuellen Stunde zu politisch motivierten Ausschreitungen in Leipzig am 20. Januar verkünden konnte, ab 1. März 2016 gäbe es weitere 110 Beamte zusätzlich in der Polizeidirektion Leipzig. Eine Zahl, die nicht nur der grüne Landtagsabgeordnete Valentin Lippmann so nicht glauben konnte.

Denn auch in Leipzig wurden in den letzten Jahren erst massiv Polizeikräfte abgebaut. Nicht einmal die eigentlich vorgesehene Soll-Stärke von 2.965 konnte 2015 erreicht werden. Nur 2.898 verfügbare Polizisten standen da in der Bilanz.

110 zusätzliche Polizisten wären für Leipzig eine echte Trendumkehr. Aber die Zahl wurde schon wenig später bezweifelt. Zwischenzeitlich war noch von 72 zusätzlichen Polizisten die Rede.

Aber Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag, fragte lieber nach – und bekam auch Antwort. Mit ein paar nicht ausgesprochenen Fußnoten. Denn in der Sitzung am 20. Januar hatte OBM Burkhard Jung ja vorher mit Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz gesprochen. Die Zahl stand wohl irgendwie im Raum.

Aber wie genau?

Da ist selbst Innenminister Markus Ulbig (CDU) vorsichtig, der lieber nicht bestätigen will, was Leipzigs OBM da gesagt hat.

Und so antwortet er lieber: „Zur konkreten Berichterstattung des Leipziger Oberbürgermeisters in der Stadtratssitzung am 20. Januar 2016 liegen hier keine Informationen vor. – Nach derzeitigen Planungen sollen im Jahr 2016 insgesamt 113 Polizeivollzugsbeamte zur Polizeidirektion Leipzig versetzt und 85 Wachpolizisten eingestellt werden.“

Das Wörtchen „aufgestockt“, das Lippmann in seiner Frage verwendet hat, hat er da lieber vermieden.

Und das wird auch in Ulbigs Antwort auf Lippmanns vierte Frage deutlich. „Falls die Ankündigung (auch) den Einsatz von Polizeibediensteten betraf: Von welchen Standorten werden die Polizeibediensteten nach Leipzig versetzt bzw. inwieweit erfolgte eine Vorfestlegung der Verteilung der bisherigen Anwärter?“, hatte Lippmann gefragt.

Und da wird dann deutlich, dass es gar nicht um zusätzliche Polizisten geht. Es werden auch keine Polizisten von anderswo umgesetzt. Ulbig: „Die geplante Versetzung von 113 Polizeivollzugsbeamten zur Polizeidirektion Leipzig beruht auf der Vorfestigung der Verteilung der für das Jahr 2016 erwarteten Absolventen der Polizeifachschulen und Hochschule der Sächsischen Polizei (FH).“

Was ja im Klartext heißt: Die Zuteilung, die Leipzig bekommt, ist anteilmäßig höher als in den vergangenen Jahren. Aber es ist nicht die Zahl, um die die Polizeistärke in Leipzig wächst.

Denn gegenrechnen muss man die Beamten, die im selben Jahr in den Ruhestand gehen. Von knapp 400 ist da in den diversen Antworten aus dem Innenministerium für die gesamte Polizei in Sachsen für das Jahr 2015 die Rede, 2016 stehen da 378 Polizisten in der Renten-Planung, 2017 dann 420. Die Zahl steigt bis 2020 auf über 500.

Was im Klartext heißt: In der Polizeidirektion müssen ungefähr 85 Polizisten, die in den Ruhestand verabschiedet werden, gegengerechnet werden.

Damit schrumpft das Plus auf 28 – das ist dann also die Zahl von wirklich zusätzlichen Polizisten, die Leipzig in diesem Jahr bekommt.

Plus die 85 Wachpolizisten, die Leipzig zugeteilt werden sollen und die dann die „Aufgaben Objektschutz und Personenbewachung“ übernehmen sollen und damit die Beamten wenigstens ein bisschen entlasten.

Wenn man beide Augen zudrückt, macht das dann wieder 113.

Die Anfrage von Valentin Lippmann zu den zusätzlichen Polizisten für Leipzig.

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Keine Kommentare bisher

28?
Na da meint es aber jemand bitter ernst mit dem Thema und den Zusagen der Bevölkerung gegenüber. Ganz bitter ernst.
Erste Stimmen äußern schon Befürchtungen, dass diese zusätzlichen 28 Kräfte den Raum und die Wege der 4 Kollegen von der Leipziger Fahrradstaffel arg verengen werden.

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