Der Eiertanz geht weiter. Und es ist noch gar nicht absehbar, ob es die Leipziger Verwaltung hinbekommen wird, rechtskonforme Genehmigungen für die hier ansässigen Bootsverleihe und Motorbootbetreiber hinzubekommen. Anfang März hieß es schon, man prüfe noch. Aber auch im April gab es für die Mehrzahl der Leipziger Bootsverleiher keine wasserrechtliche Genehmigung. Das Pferd wurde falsch herum aufgezäumt, sagt der Landtagsabgeordnete Wolfram Günther.

Die Anzahl der Bootsbewegungen auf den Leipziger, Markkleeberger und Zwenkauer Gewässern überschreitet die Prognosen des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes der Region Leipzig mittlerweile deutlich. Dabei haben zwei Drittel aller für den Verleihbetrieb zugelassenen Boote keine wasserrechtliche Zulassung. Dies ergaben die Antworten von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) auf die Kleine Anfrage von Wolfram Günther, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, über die wir schon berichteten.

Nur haben die Zahlen eigentlich Konsequenzen, die man im Leipziger Rathaus kennen sollte. Jeder gewerbliche Eingriff in ein Naturschutzgebiet hat ganz klar geregelte rechtliche Voraussetzungen.

Nur in Leipzig sah man das immer irgendwie anders und tat so, als ginge es nur darum, den „Wassertourismus“ mit allen Mitteln zu pushen.

„Im Laufe der letzten Jahre entstanden an den beliebten Gewässern in Leipzig, Markkleeberg und Zwenkau zahlreiche neue gewerbliche Bootsverleihbetriebe. Die Vielzahl der aktuell ausleihfähigen Wasserfahrzeuge führte an sonnigen Sommerwochenenden und an Feiertagen regelmäßig zu sehr starkem Bootsverkehr und Überlastungen der teilweise recht schmalen Gewässer“, stellt Wolfram Günther fest. „Bei meinen Spaziergängen an den Leipziger Gewässern und im Südraum fiel mir schon in den letzten Jahren die abschnittweise auftretende sehr hohe Bootsdichte auf. Weder das Paddelvergnügen noch die Sicherheit bei der Begegnung von Motorbooten mit Ruderbooten schien an den Wochenenden noch gegeben.“

Anhand der stichpunktartigen Bootszählungen im Rahmen des Monitorings zum sogenannten „Wassertouristischen Nutzungskonzept“ wurden besonders auf der Pleiße (maximale Zählung 504 Bootsbewegungen am Tag) und der Stadtelster (maximale Zählung 963 Bootsbewegungen am Tag) sehr deutliche Überschreitungen der Prognosen aus dem Wassertouristischen Nutzungskonzept der Region Leipzig (WTNK 2006/2007) festgestellt. Die Zahlen stammen von 2016. Und die Gutachter betonten deutlich, dass damit die Kapazität der Leipziger Gewässer eigentlich erreicht sei.

Da der Verleihbetrieb nicht zum sogenannten Gemein- oder Jedermannsgebrauch gehört, müssen die Ausleihboote für die Sicherheit schifffahrtsrechtlich und zum Schutz der Umwelt wasserrechtlich von den zuständigen Behörden zugelassen werden, betont Günther. Dem Allgemeingebrauch unterliegen nur alle privaten, muskelbetriebenen Boote, mit denen die Leipziger auf die Gewässer gehen. Sowie eine gewerbliche Nutzung ins Spiel kommt, braucht es eine wasserrechtliche Genehmigung. Und die darf eine Umweltbehörde nur ausreichen, wenn es auch belastbare naturschutzfachliche Gutachten gibt, die auch die Grenzen der Nutzung klar definieren.

In Leipzig, Markkleeberg und Zwenkau sind derzeit insgesamt 629 dieser Verleihboote schifffahrtsrechtlich zugelassen. Für 415 Boote im Stadtgebiet von Leipzig fehlt aktuell noch die wasserrechtliche Zulassung, die auch eben die genannte Umweltprüfung mit einschließt. Dabei muss untersucht werden, welche Anzahl an Verleihbooten für die Naturschutzgebiete des Auwaldes und die instabilen Tagebauseen tatsächlich verträglich ist, so Günther.

Und in gewisser Weise schüttelt er den Kopf über das Leipziger Vorgehen.

„In Leipzig wurden die Zulassungsverfahren genau falsch herum angefangen. Für den Gewässertourismus existiert bisher weder eine Strategische Umweltprüfung, noch wurde eine rechtsverbindliche Festlegung von Obergrenzen für die Leipziger Gewässer verabschiedet. Die bisher existierende rein informelle Planung bewirkt Unsicherheiten und dadurch Nachteile für Bürgerinnen und Bürger, Bootsverleiher und die Umwelt“, zählt der Landtagsabgeordnete auf. „Die Verträglichkeit für die Schutzgebiete des Leipziger Auwaldes muss nun in einem rechtlich genau normierten Prüfungsverfahren geprüft werden. Niemand weiß bisher, wie viele Boote und welche Antriebstypen unter welchen Auflagen tatsächlich in Leipzig verliehen werden können.“

Aber Leipzigs Umweltbehörden hatten stets nur die Förderung des Wassertourismus im Kopf und immer wieder so getan, als brauche es eine naturschutzfachliche Prüfung nicht. Erst 2016 – nach einer deutlichen Rüge durch die Landesdirektion – sah man ein, dass die Bootsverleiher tatsächlich ohne Genehmigung im Auwald unterwegs waren. Die Prüfung war dringend angeraten.

„Die bestehenden Zielkonflikte von Naturschutz und Freizeitvergnügen müssen mit ordentlichen Planungs- und Genehmigungsverfahren gelöst werden“, erwartet Wolfram Günther. „Ich fordere die betreffenden Behörden auf, endlich ihre Hausaufgaben zu machen und für klare, rechtskonforme Regeln auf den Gewässern in und um Leipzig zu sorgen. Der anhaltende rechtliche Blindflug muss umgehend beendet werden.“

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Es gibt 4 Kommentare

Die gewerbliche Nutzung des Gemeingutes “Wasser” ist genehmigungsbedürftig.

Wer die Grundlage allen Lebens – Wasser – mit Straßen gleichsetzt, kann natürlich zu Ergebnissen kommen, die unverständlich scheinen. Vergleicht aber Äpfel mit Birnen.

Was allerdings immer noch nichts mit dem unbeschreiblichen Behördenhandeln zu tun hat.

Für mich ist unbegreiflicher Irrsinn, dass geliehene Ruderboote nicht als Gemeingebrauch verstanden werden. Der Bootsverleiher ist ja nicht der Veranstalter meiner Ruderpartie. Eventuell sollte dann auch Carsharing reglementiert werden, freie Fahrt aber nur mit eigenem Auto;-) Motorboote, vor allem mit Verbrennungsmotor oder schnellere Elektroboote muessen aber wirklich nicht sein.

Man darf Herrn Günther danken, sicher. Wenn die Grünen auch 10… 15 Jahren zu spät kommen. Was allerdings nicht an Günther liegt.
Die Grünen sind selbst mit dieser zeitlichen Differenz immer noch schneller, als die anderen Parteien.
Die noch nicht mal ansatzweise die rechtsstaatliche/demokratische Dimension des “Vorgangs” verstanden haben:
Eine Behörde (Stadt Leipzig und mit ihr die Kommunen des sogenannten Grünen Rings Leipzig) erklärt, daß eine Gesetz (Wassergesetz) für sie nicht gelte.
Die Aufsichtsbehörde (Landesdirektion) erhebt nur leise den Zeigefinger, statt endlich mit der Faust auf den Tisch zu hauen. Schließlich agiert Leipzig rot Jahren rechtswidrig. Leipziger Freiheit eben, die jedoch nichts anderes als Willkür ist.
Die Aufsichtsbehörde kann gar nicht auf den Tisch hauen, weil sie im Auftrag des Freistaates die Maximalkommerzialisierung der Gewässer mit Hilfe der Motorisierung und der gewerblichen Bootsvermietung voran treiben soll.
Es wird etwas von Tourismus geschwafelt, obwohl alle wissen, daß es den nicht gibt.

Seit 2013 wird eine Petition gegen Motorboote durch den Petitionsausschuss, dem die Linken vorstehen, “zur Beachtung” bei der Landesdirektion abgelegt und verrottet dort. Auf deutsch: die Petition wurde ohne Begründung in die Tonne getreten.
Nun gut, der Leipziger Umweltbürgermeister ist in der Linkspartei.

Gewässer werden per Gesetz ohne rechtliche Begründung für schiffbar erklärt und damit zu Straßen deklassiert und dem Gemeingebrauch entzogen.

Da sind die fehlende Genehmigungen für die private Nutzung des Gemeingutes “Wasser”, das einem besonderen Schutz untersteht, durch gewerbliche Bootsverleiher “Pillepalle”.

Gelenkt wird alles durch eine Quasi – Behörde (Steuerungsgruppe), die es gar nicht gibt. In der die Aufsichtsbehörde ebenfalls Mitglied ist.
Soll die Aufsichtsbehörde ihr eigenes Handeln anzweifeln?
Interessenkonflikte?

Dagegen sind Trump und seine Administration eine Laienspielertruppe.

Nun sind die Landesgrünen nahe an die Umweltverbände gerückt, da fehlen ja nur noch die übrigen Parteien und die Fraktionen im Leipziger Rathaus..
Alles nicht so schlimm sagt die Verwaltung, denn diese hat ihre eigene zu hinterfragende Rechtsauffassung.

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