Der Gebäudekomplex in der Riebeckstraße 63 hat eine dunkle Vergangenheit hinter sich: Bereits im 19. Jahrhundert wurde er zur Unterbringung von Zwangsarbeitern genutzt, dann fanden von dort aus Deportationen in die Vernichtungslager der Nazis statt. Auch in der DDR-Zeit fand weiteres Unrecht statt, wurden hier Frauen misshandelt. An diese Verbrechen soll künftig erinnert werden. Lediglich der parteilose Ex-NPD-Stadtrat Enrico Böhm stimmte dagegen.

„Wir möchten an die unmenschlichen Zustände in der Vergangenheit erinnern“, sagte Petra Čagalj Sejdi aus der Grünen-Fraktion, die den Antrag eingebracht hatte. „Über hundert Jahre hinweg war dies ein Ort der Unmenschlichkeit, der Unterdrückung und des Todes.“ Die Stadträtin erwähnte Briefe in den Archiven, aus denen die Verzweiflung der Gefangenen herauszulesen war, und ein Gespräch mit einer Frau, die in der DDR dort eingesperrt wurde. Vermeintlich kranke Frauen seien dort gequält und unterdrückt worden; es habe sogar erzwungene Abtreibungen gegeben. „Es war ein Gefängnis für Frauen, die nicht der Norm entsprachen.“

Marco Götze aus der Linksfraktion begrüßte den Antrag, wünschte sich jedoch, dass die Verbrechen in der DDR nicht mit jenen im Nationalsozialismus gleichgesetzt werden. Letztere seien einzigartig und hätten eine besondere Dimension.

Alle Hände gehen beim Thema Riebeckstraße hoch – nur eine nicht. Foto: L-IZ.de
Alle Hände gehen beim Thema Erinnerungskultur in der Riebeckstraße 63 hoch – nur eine nicht. Foto: L-IZ.de

Künftig soll der Gebäudekomplex, in dem in den vergangenen Jahren Geflüchtete untergebracht wurden, als Kindertagesstätte genutzt werden. Der gesamte Stadtrat – mit Ausnahme des parteilosen Ex-NPD-Mitglieds Enrico Böhm – stimmte für ein Gedenken an die vergangenen Verbrechen.

„Recherche und Ausarbeitung einer Gedenkform sollen in Zusammenarbeit mit dem sächsischen Psychiatriemuseum, welches bereits in der Vergangenheit zu der Geschichte des Hauses geforscht hat, und der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig stattfinden“, heißt es dazu ergänzend in dem Beschlusstext.

Video der Debatte. Quelle: Livestream der Stadt Leipzig

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