In Leipzig verändert sich etwas. Nicht immer zum Gemütlicheren. In manchen Straßen schienen zeitweilig die Spielhallen regelrecht aus dem Boden zu sprießen wie die Pilze nach dem Regen. Das hat die Grünen-Fraktion im Stadtrat jetzt einmal zu einer Anfrage gemacht. Denn Spielhallen und Spielgeräte spielten bislang in Leipzigs Stadtpolitik eher nur eine kaum beachtete Rolle. Obwohl es sie seit 1990 immer gab.

Und so erfragten die Grünen auch zum ersten Mal, wie viele Spielhallen sowie Gaststätten mit Geldspielgeräten es in Leipzig gibt. Denn registrieren müssen sie sich ja alle. Glücksspiel ist in Deutschland ein bisschen reglementiert.

Und das Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport hat jetzt auch erstmals Zahlen dazu herausgegeben: „Derzeit werden in Leipzig 32 Spielhallen und 149 Gaststätten mit Geldspielgeräten betrieben. Die Daten werden mit Stand 03/2019 angegeben. Die genauen belastbaren Daten ab 04/2019 stehen noch nicht abschließend zur Verfügung. Eine Kategorisierung nach Ortsteilen im Stadtgebiet ist mittels der hier verfügbaren Anwendersoftware nicht möglich.“

Was zumindest die Grünen verwundern dürfte. Spielhallen braucht man nun wirklich nicht zum Leben. Es geht um Spieler- und Jugendschutz und um die Spielsucht-Problematik, die auch für Leipzigs Suchtberatungs- oder gar Schuldnerberatungstellen eine Rolle spielt. Ihre Ballung an bestimmten Orten erzählt zumindest davon, dass es ein Problem geben könnte.

Tatsächlich ist die Zahl der offiziell registrierten Spielhallen sogar gesunken, teilt das Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport mit. Von 56 im Jahr 2016 auf nunmehr 32.

„Die signifikante Verringerung der Anzahl der Spielhallen im Jahresvergleich von 2016 zu 2017 ist durch den Ablauf des fünfjährigen Bestandsschutzes gemäß des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag (SächsGlüstVAG), wonach die Abstandsregelung von 250 Meter Luftlinie ab 2017 verbindend galt, zu erklären“, so das Dezernat. Was eben darauf hindeutet, dass sich bis 2016 zu viele Spielhallen auf zu engem Raum ballten.

Bei Gaststätten mit Spielgeräten ist die Statistik nicht ganz so einfach: „Die Anzahl der Gaststätten variiert, da in dieser Branche stetige Veränderungen stattfinden. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es keine Gaststättenerlaubnisse mehr gibt, da es hierfür keine rechtliche Grundlage im Sächsischen Gaststättengesetz mehr existiert.“

Aber auch hier scheint es einen Rückgang zu geben. Wurden 2016 noch 174 solcher Gaststätten gezählt, waren es im Folgejahr 166 und 2018 dann 172, 2019 sank die Zahl erst einmal auf 149.

Und die städtische Behörde kann die Genehmigung zum Betrieb eines Glücksspielgerätes durchaus wieder einziehen. Was durchaus passiert. 2017 wurden sogar besonders viele Widerrufe von Geeignetheitsbestätigungen erteilt: zehn Stück insgesamt, 2018 wurden ebenfalls sechs ausgesprochen. Für 2019 liegen noch keine endgültigen Zahlen vor.

Aber um solche Widerrufe aussprechen zu können, muss das Ordnungsamt auch regelmäßig zur Überprüfung vor Ort sein. Das passiere auch, teilt das Ordnungsdezernat mit, auch wenn die gewünschte Gesamtstatistik nicht zur Verfügung stehe. Registriert werden nur Verstöße.

„Im Allgemeinen muss vorangestellt werden, dass bei Kontrollen lediglich festgestellte Verstöße geahndet bzw. weiterverfolgt werden und somit die Anzahl von Kontrollen, bei denen es keinerlei Feststellungen gab und somit ein rechtmäßiger Zustand vorlag, nicht statistisch erfasst sind. Hierzu fehlt es insbesondere an einer Rechtsgrundlage, welche eine solche Dokumentation und die Speicherung dieser Daten rechtfertigt“, meint das Ordnungsdezernat.

„Außerdem ist festzuhalten, dass durch die Gewerbebehörde selbst, unterstützt durch den Außendienst des Ordnungsamtes der Stadt Leipzig anlassbezogene und verdachtsunabhängige Kontrollen durchgeführt werden. Dies erfolgt regelmäßig mit durchschnittlich ca. acht verdachtsunabhängigen Kontrollen pro Monat. Grundsätzlich wird jedoch für jedes Objekt, für das beispielsweise ein Antrag nach § 33c Abs. 3 Gewerbeordnung (GewO) vorliegt, eine Vor-Ort-Begehung durchgeführt. Außerdem erfolgen durch die Landesdirektion Sachsen (LDS) ebenfalls regelmäßige Kontrollen in verschiedenen Objekten im Stadtgebiet im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) und des damit verbundenen Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrages (SächsGlüStVAG). Um ein abgestimmtes Vorgehen zu sichern, findet ein regelmäßiger Austausch mit der Landesdirektion Sachsen statt.“

Die Grünen interessierten sich dann auch noch für die Umsetzung der Neuregelung, nach der die Zahl der Spielgeräte pro Gaststätte auf maximal zwei zu begrenzen sei. Grund für diese Frage war der kommende Termin für die endgültige Umsetzung dieser Vorschrift, der 19. November.

„Zur Umsetzung der Sechsten Verordnung zur Änderung der Spielverordnung vom 4. November 2014, in der festgelegt wurde, dass ab dem 10. November 2019 in Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben etc. höchstens zwei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden dürfen, wurden seitens der Stadt Leipzig vorsorglich Informationsschreiben an die hiesigen Automatenaufsteller versandt, um auf die Gesetzesänderung aufmerksam zu machen und auf deren Einhaltung hinzuwirken“, so das Ordnungsdezernat.

„Der Außendienst der Stadt Leipzig wird zur Einhaltung der gesetzlichen Änderungen verstärkt Kontrollen im Stadtgebiet fortführen. Dies wurde in dem o. g. präventiv entsprechend bekanntgegeben. Zudem wurde seit April 2019 ein auf die geänderte Rechtsnorm hinweisender Verweis in Geeignetheitsbestätigungen i. S. d. § 33c Abs. 3 Gewerbeordnung (GewO) aufgenommen, um die Automatenaufsteller rechtzeitig im Vorfeld dahingehend zu sensibilisieren. Bei vorliegenden Verstößen erfolgen seitens der Stadt Leipzig Verwaltungs- und Ordnungswidrigkeitsverfahren. Möglichkeiten sind hier die Ersatzvornahme (z. B. Beschlagnahme von Geldspielgeräten) und die Verhängung von Bußgeldern.“

Und wie ist das mit den Abstandsregelungen für Spielhallen, wollten die Grünen noch wissen.

„Die Abstandsregelung für Spielhallen ist im § 18a Abs. 4 Sächsisches Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag (SächsGlüStVAG) verankert. Demnach soll der Abstand einer Spielhalle zu einer weiteren Spielhalle oder zu einer allgemeinbildenden Schule 250 Meter Luftlinie nicht unterschreiten. Der Vollzug bzw. die Kontrolle der im SächsGlüStVAG getroffenen Regelungen, somit auch der genannten Abstandsregelung, obliegt gemäß § 19 Abs. 2 SächsGlüStVAG der Landesdirektion Sachsen“, betont das Ordnungsdezernat.

Ihr seien damit also die Hände gebunden. Kontrollieren muss die Landesbehörde: „Bei der sogenannten Abstandregelung handelt es sich um eine gesetzliche Norm, deren Beurteilung der Gewerbebehörde der Stadt Leipzig nicht zusteht. Allenfalls kann hier unter Verweis auf Regelungen in anderen Bundesländern, beispielsweise die Abstandsregelung von lediglich 100 Metern in Niedersachsen, eingeschätzt werden, dass aktuell kein akuter Handlungsbedarf hinsichtlich der Überarbeitung dieser Norm zu bestehen scheint.“

 

Hinweis der Redaktion in eigener Sache (Stand 1. Oktober 2019): Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler unter dem Label „Freikäufer“ erscheinender Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen.

Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen und ein Freikäufer-Abonnement abschließen.

Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Erreichung einer nicht-prekären Situation unserer Arbeit zu unterstützen. Und weitere Bekannte und Freunde anzusprechen, es ebenfalls zu tun. Denn eigentlich wollen wir keine „Paywall“, bemühen uns also im Interesse aller, diese zu vermeiden (wieder abzustellen). Auch für diejenigen, die sich einen Beitrag zu unserer Arbeit nicht leisten können und dennoch mehr als Fakenews und Nachrichten-Fastfood über Leipzig und Sachsen im Netz erhalten sollten.

Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 450 Abonnenten.

Alle Artikel & Erklärungen zur Aktion Freikäufer“

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar