Andere Fraktionen haben es in jรผngster Zeit schon erlebt, wie dรผnnhรคutig die Verwaltung reagiert, wenn sie das Gefรผhl bekommt, dass der Stadtrat ihr in ihrem Hoheitsgebiet Vorschriften machen will. Nun erlebt das auch erstmals die CDU-Fraktion, die eigentlich aus der ganzen Diskussion um die ausufernden Kosten in der Jugendhilfe einen logischen Schluss zog. Aber den Schluss mรถchte die Verwaltung gern alleine ziehen

Besonders eindrucksvoll hat das der Stadtrat ja bei der Diskussion um das Abschleppen von Falschparkern im Stadtgebiet erlebt. Das ist eine hoheitliche Aufgabe. Und normalerweise rollt so etwas lautlos ab, weil ein verantwortungsvolles Ordnungsamt von allein alle Fahrzeuge aus dem Weg rรคumen lรคsst, die den Verkehr gefรคhrden.Da hat das Amt Ermessensspielraum, wenn die Mitarbeiter das Gefรผhl haben, dass man das Problem schnell auch ohne Abschleppen lรถsen kann.

Was aber kann der von den Leipzigern gewรคhlte Stadtrat tun, wenn sich im tรคglichen StraรŸenbild zeigt, dass das Falschparken eher zur geduldeten Norm geworden ist? Darf er da nicht eine โ€“ aus seiner Sicht โ€“ sรคumige Verwaltung auffordern, ihrer Pflicht bitteschรถn nachzukommen?

Eine durchaus berechtigte Frage. Denn wer sonst kontrolliert eigentlich Verwaltungen, wenn sich dort Dinge eingeschliffen haben, die das Leben in der Stadt erschweren oder gar Fehlentwicklungen Vorschub leisten? Man denke nur an die Streitfรคlle um die VerstรถรŸe gegen die Leipziger Vorgartensatzung oder den Eiertanz um die angekรผndigten Blitzerkontrollen.

Mal fรผhlt sich keiner wirklich zustรคndig, mal verweist man auf dubiose Gutachten, die gar nichts mit Leipzig zu tun haben. Natรผrlich versuchen auch Verwaltungen, ihren Arbeitsaufwand irgendwie im Rahmen zu halten. Und oft mรผssen sie mit Strukturen arbeiten, in denen eine gute Abstimmung gar nicht mรถglich ist. Und die Debatte um die ausufernden Kosten der Jugendhilfe in Leipzig im vergangenen Jahr hat zumindest sehr deutlich gezeigt, dass irgendetwas in den Ablรคufen des Jugendamtes nicht rund lรคuft. Die nicht abgestimmten Prozesse im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) kรถnnten dabei eine Rolle spielen.

Weshalb die CDU-Fraktion dann im Oktober eigentlich den logischen Schluss zog zu beantragen: โ€žDie Stadtverwaltung beschlieรŸt die Neuordnung der Arbeitsprozesse im Allgemeinen Sozialdienst, indem die Trennung von Eingangs- und Fallmanagement aufgehoben wird.โ€œ

Doch das ist โ€“ so kommentiert jetzt das Dezernat Jugend, Schule und Demokratie โ€“ rechtswidrig, weil es ein Eingriff des Stadtrates in die Verwaltung der Kommune wรคre.

โ€žMit dem Beschluss sollen folglich die Arbeitsprozesse der Fallbearbeitung im Allgemeinen Sozialdienst konkret umgestaltet werden. Der Beschluss betrifft daher unmittelbar die innere Organisation des Amtes fรผr Jugend und Familieโ€œ, heiรŸt es in der Stellungnahme des Dezernats. โ€žFรผr die Regelung der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung ist der Oberbรผrgermeister jedoch gemรครŸ ยง 53 Abs. 1 SรคchsGemO grundsรคtzlich ausschlieรŸlich zustรคndig. Diese Leitungsbefugnis des Oberbรผrgermeisters kann daher nicht durch einen Beschluss der Ratsversammlung beschrรคnkt werden.โ€œ

Was zwar im konkreten Fall eine Ablehnung ist, aber nicht bedeutet, dass es nicht so kommt. Denn aus der deutlichen Stadtratsdebatte hat das Dezernat eben auch den Auftrag mitbekommen, diese ganzen dysfunktionalen Arbeitsablรคufe zu รผberprรผfen und zu korrigieren. Das sieht auch das Jugenddezernat so: โ€žEine fรผr 2021 geplante Untersuchung der Steuerung der Hilfen zur Erziehung soll neben Vorschlรคgen zur Optimierung der vorliegenden Konzepte, Instrumente und Verfahren der HzE-Steuerung auch Verbesserungsvorschlรคge zur Optimierung der aufbauorganisatorischen Strukturen im Amt fรผr Jugend und Familie bzw. im ASD ergeben.โ€œ

HzE sind die Hilfen zur Erziehung, also das, was die Stadt zum Einsatz bringt, um betroffenen Familien im Ernstfall Hilfe angedeihen zu lassen, wozu dann auch die auรŸerhรคusliche Unterbringung betroffener Kinder und Jugendlicher gehรถren kann. Aber โ€“ da sind sich die meisten einig โ€“ wohl eher nur im Ausnahmefall und eben nicht im Regelfall.

Andererseits braucht es wieder sehr viel Geduld, wenn die angekรผndigte Untersuchung erst Ende 2021 stattfinden soll. Denn dann ist mit Ergebnissen ja erst 2022 zu rechnen. Wenn es um das Empfinden von verstreichender Zeit geht, leben Stadtrat und Verwaltung tatsรคchlich in zwei verschiedenen Welten.

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