Gemütlich ist es an schönen Tagen auf den Leipziger Fließgewässern ganz bestimmt nicht. Gerade im Gewässerknoten um Karl-Heine-Kanal, Stadtelster und Elstermühlgraben geht es dann meist sehr eng und gedrängt zu. Eigentlich kein erholsamer Zustand, stellten Isa Isensee und Falk Bruder in ihrer gemeinsamen Einwohneranfrage fest, mit der sie eigentlich erfahren wollten, ob es eigentlich Grenzen für dieses Zuviel gibt.

Ein Thema, das die Stadt seit Jahren beschäftigt, wie auch Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal am 9. Februar bestätigte. Da stellte Isa Isensee nämlich eine durchaus berechtigte Nachfrage zur gemeinsamen Anfrage.Denn bei der Frage der genehmigten Boote auf den Leipziger Gewässern hatte sich das Amt für Umweltschutz in der Antwort sehr unkonkret ausgedrückt: „Es bestehen wasserrechtliche Gestattungen zum Befahren der Leipziger Fließgewässer für insgesamt 20 Fahrgastschiffe, 26 Trainer-/Rettungsboote, 3 Gewässerunterhaltungsboote sowie 156 private Motorboote (kleine Paddelboote mit Elektromotor). Für gewerbliche Verleihboote bestehen Gestattungen zum Befahren der Leipziger Fließgewässer für insgesamt 455 Boote ohne Motor (muskelbetriebene Boote). Die Gesamtanzahl ist begrenzt.“

Ja und: Wo liegt diese Grenze? Das wollte Isa Isensee nun wissen. Und das war auch Grünen-Stadtrat Norman Volger nach Rosenthals erster Antwort nicht so recht klar. Es gibt eine Obergrenze, aber wo findet man die Zahl? Auf Nachfrage wurde dann klar: Die genannten Zahlen sind die vom Amt für Umweltschutz definierte Obergrenze. Alle anderen Anträge auf eine Genehmigung stehen auf einer Warteliste.

Und ermittelt habe man diese Obergrenze durch eine naturschutzrechtliche Prüfung, so Rosenthal.

Etwas weniger Genehmigungen als 2020

Was schon überrascht. Denn diese Prüfung hätte ja demnach ergeben, dass man zumindest eine Zahl seit 2020 nach unten korrigiert hatte. Denn eine Grünen-Anfrage ergab damals, dass es damals noch wasserrechtliche Gestattungen für 185 individuell genutzte motorbetriebene Wasserfahrzeuge gegeben hatte, 29 mehr als im Jahr 2021. Und auch bei den muskelbetriebenen gewerblichen Booten ist die genehmigte Anzahl von 475 auf 455 zurückgegangen.

Was natürlich die Frage spannend macht, welchem Bootsverleiher da das Kontingent gekürzt bzw. nicht genehmigt wurde.

Denn so von ungefähr kommt ja Isensees Eindruck nicht, dass im Gewässerknoten oft viel zu viele Boote auf einmal unterwegs sind und an einen entspannten Aufenthalt auf dem Wasser oft nicht gedacht werden kann.

Und wie sieht es im sensiblen Auwald aus?

Und da sie auch die Folgen für die eigentlich für gewerbliche Bootsnutzung untersagten Gewässerabschnitte interessierte, hatten Isensee und Bruder dazu sogar noch genauer nachgefragt:

„Verschiedene Bootsverleiher bieten sog. Gruppenangebote wie Drachenboot, 10er Canadier, Floßbau und geführte Touren an – teilweise auch in vom WTNK Befahrungsgeregelten Gewässerabschnitten. Da es sich auch hier um gewerbliche Gewässernutzungen handelt und nicht um Gemeingebrauch, müssten auch hier wasserrechtliche Genehmigungen vorliegen. (…) Wenn nein, dann bitten wir um eine Erläuterung, warum hier noch keine Genehmigungen vorliegen oder ob es sich hier um Ordnungswidrigkeiten handelt?“

Gute Frage. Aber an dieser Stelle wich das Amt für Umweltschutz endgültig einer konkreten Beantwortung aus.

„Für jedwedes Befahren der Leipziger Gewässer mit gewerblichen Booten ist eine wasserrechtliche Gestattung erforderlich. Werden Gruppenangebote mit Booten durchgeführt, für die bereits wasserrechtliche Gestattungen vorliegen, ist für die Durchführung des Gruppenangebotes keine gesonderte Gestattung erforderlich, wenn hierdurch der Gemeingebrauch und die sonstigen Gewässernutzungen nicht eingeschränkt werden“, meinte das Amt für Umweltschutz.

„Auf den Leipziger Gewässern wird durch die Wasserschutzpolizei des Freistaates Sachsen regelmäßig die Einhaltung der Vorschriften kontrolliert. Bei Verstößen werden entsprechende Ordnungswidrigkeitsverfahren durch die Bußgeldbehörde der Stadt Leipzig eingeleitet.“

Aber gerade die Frage nach den „Befahrungsgeregelten Gewässerabschnitten“ wurde hier eindeutig nicht beantwortet. Denn naturschutzrechtlich ist eine gewerbliche Nutzung von Gewässern im Naturschutzgebiet nicht erlaubt. Ein Punkt, bei dem Leipzigs Verwaltung seit Jahren versuchte, unkonkret zu bleiben, bis dann die rechtliche Untersagung von „Entkrautungen“ im Floßgraben endgültig dafür sorgte, dass hier keine gewerblichen Motorboote mehr fahren konnten.

Private Motorboote und ganze Paddelgemeinschaften mit Verleihbooten sieht man hier aber trotzdem. Was ja nicht nur den geschützten Floßgraben (und die Eisvögel) beeinträchtigt, sondern auch das Sicherheitsgefühl der anderen Bootsfreunde.

Aber diese Frage blieb am 9. Februar tatsächlich unbeantwortet.

Wobei Isa Isensee die Gelegenheit natürlich nutzte, die Durchstich-Pläne zum Elster-Saale-Kanal zu kritisieren. Denn die Frage ist ja tatsächlich nicht geklärt, wen es tatsächlich reizt, mit dem Paddelboot in den eher langweiligen Kanal zu steuern, wenn schon die Paddelstrecke im Karl-Heine-Kanal sechs Kilometer an Kraft beanspruchen?

Oder rechnet die Stadt damit, dass dann mehr Fahrstrecke für Motorboote geschaffen wird? Das aber würde bedeuten, dass es für Paddler im Karl-Heine-Kanal künftig sehr ungemütlich wird.

Die Debatte vom 9. Februar 2022

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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