Da es im März nur eine Ratsversammlung gibt, wurde das Programm, über das am 15. März abgestimmt wurde, kräftig gerafft. Was in den April zu vertagen war, wurde vertagt. Aber manche Entscheidung ist trotzdem drängend. So wie die zum Grünen-Antrag, in Leipzig in diesem Jahr vermehrt Schanigärten zu schaffen.

„Nicht erst seit der Corona-Pandemie sollte uns klargeworden sein, dass öffentlicher Stadtraum einen essenziellen Beitrag für eine lebenswerte Stadt leistet. Zugleich sind Einrichtungen von Gastronomie, Handel und Kultur coronabedingt existenziell bedroht und gilt es, nachbarschaftliche Gemeinschaften neu zu beleben.

In München 2020 als Kompensation für die Auswirkungen der Pandemie auf die Gastronomie eingerichtet, erfreuten sich die sogenannten ‚Schanigärten‘ nach Wiener Vorbild bei den Münchner/-innen so großer Beliebtheit, dass die Stadt dieses Jahr beschlossen hat, Freisitze auf Kfz-Stellplätzen auch in Zukunft – unabhängig von Corona – zu ermöglichen“, hatte die Grünen-Fraktion in ihrem Antrag betont, den am Dienstag Stadträtin Kristina Weyh vorstellte.

Neu ist das Thema nicht. Aber bislang war es auf wenige Monate in der Corona-Zeit beschränkt, wie die Grünen betonten: „Leipzig hat im letzten Jahr einen ersten kleinen Schritt in Richtung Ausweitung der Freisitzflächen machen können. Seitdem kann im Einzelfall eine Sondernutzung für Freisitze und Auslagen von Parkflächen und Fahrbahnen freitags, samstags und sonntags jeweils von 11:00 bis 22:00 Uhr erlaubt werden. Dies wird bis jetzt allerdings nur wenig in Anspruch genommen, da es offenbar zu wenig bekannt ist und gegebenenfalls mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden ist. Ebenfalls stellt eine ausschließliche Nutzung an bestimmten Tagen ein zusätzliches Hindernis dar.“

Und die Erfahrungen waren bislang hauptsächlich gute, ganz zu schweigen davon, dass es vielen Gastronomen half, ihr Geschäft über die Pandemiezeit zu retten.

Und die Verwaltung ist seitdem auch selbst offener für solche unbürokratischen Regelungen im Straßenraum. Das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) schrieb dann zum Grünen-Antrag eine positive Stellungnahme.

Und da die sich mit dem Anliegen der Grünen größtenteils deckte, ließen die Grünen dann auch den Verwaltungsstandpunkt abstimmen, in dem als Kernsätze zu finden waren: „Die Stadt unterstützt die Nutzung von Stellflächen zur Stärkung von Gastronomie, Handel, Nachbarschaften und Kultur und wird dabei: 1. Die saisonale Umwandlung (Mai-September) von Stellplätzen zugunsten von Freisitzen grundsätzlich und an bis zu sieben Wochentagen für Gastronomie, Handel sowie für nachbarschaftliche und kulturelle Nutzungen ermöglichen.“

Die Beschränkung auf Mai bis September bat Kristina Weyh noch zu streichen, denn die ergibt keinen Sinn, wenn das Wetter auch außerhalb dieses Zeitraumes gut ist und Interessenten die Parkflächen vor ihrer Einrichtung für öffentliche Angebote nutzen möchten. Was nicht nur eine Unterstützung in der Corona-Zeit ist, sondern auch der Beginn eines Umdenkens in Leipzig, wozu der öffentliche Straßenraum eigentlich da ist.

Und die Abstimmung zeigte dann, wo die Fronten verlaufen. Denn gerade bei AfD und CDU gab es Gegenstimmen, denn natürlich fallen damit Stellplätze für Autos weg.

Aber Autos bilden keine Lebens- und Aufenthaltsqualität auf den Straßen. Im Gegenteil: Sie sorgen dafür, dass sich Menschen dort nicht aufhalten können und öffentlicher Raum in der Regel unentgeltlich von parkenden Kraftfahrzeugen zugestellt ist, wo sich eigentlich Menschen treffen und unterhalten könnten.

Und das Pilotprojekt dazu ist ja auch nicht nicht vom Tisch, wie das VTA feststellte: „Als Pilotprojekt erfolgt in Leipzig die Möglichkeit der Verlagerung von Freisitzen in Park-buchten der Gottschedstraße bis zu deren endgültiger Neugestaltung (als Maßnahme 22 des Klimaschutzsofortprogramms). Weitere Nutzungsarten in Parkbuchten sind in der Gottschedstraße nicht vorgesehen. Dort geht es auch darum, die Gehwege zugunsten des Flanierens der Fußgänger in einer angenehmen Breite zu erhalten. Hier sind bereits Freisitze in Parkbuchten verlagert worden.“

Dort verhindert derzeit noch eine Baustelle, dass der Teil der Gottschedstraße zu einer richtigen Gastromeile wird. Das Thema der Straßennutzung für Menschen und nicht für Autos war an diesem Dienstag noch mehrmals Thema im Stadtrat.

Aber für den Verwaltungsstandpunkt zu den Schanigärten gab es eine klare Mehrheit. Damit kann diese saisonale Umwandlung von Stellplätzen in gemeinschaftliche Nutzungen für Menschen in Leipzig verstetigt werden. Und wenig Bürokratie für die Antragsteller sichert die Stadt auch zu.

Die Debatte am 15. März 2022 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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