Mit großer Mehrheit hat die Ratsversammlung am Mittwoch, dem 13. April, beschlossen, sich um das „Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit“ zu bewerben. Dies soll „in Kooperation mit dem Freistaat Sachsen, anderen sächsischen Kommunen, dabei insbesondere mit der Stadt Plauen, und darüber hinaus mit einer geeigneten und interessierten wissenschaftlichen Partnerin“ geschehen. Die Kriterien für eine Bewerbung sind allerdings noch unklar.

Bereits im vergangenen Sommer hatten der damalige Ostbeauftragte Marco Wanderwitz und der ehemalige Ministerpräsident Matthias Platzeck bekannt gegeben, dass bis 2027 ein solches Zentrum in einem ostdeutschen Bundesland entstehen soll. Wissenschaft, Kultur und Dialog vor dem Hintergrund der Friedlichen Revolution sollen dabei im Vordergrund stehen.

Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sprach im Stadtrat von einem „unglaublich wichtigen Bundesprojekt“ und stahl dabei der Grünen-Fraktion, die den Antrag eingereicht hat, das Einführungsstatement. Ebenfalls im vergangenen Sommer habe die Stadt bereits „etwas versteckt“ mitgeteilt, dass sie sich bewerben möchte. Durch den Ukrainekrieg könne das Zentrum inhaltlich eine neue Ausrichtung erhalten.

Katharina Krefft aus der Grünen-Fraktion betonte, dass von der gemeinsamen Bewerbung einer Großstadt mit einer Kleinstadt – Leipzig möchte dies gemeinsam mit Plauen unternehmen – ein „spezifisches Signal“ ausgehen könne. Notwendig sei ein solches Zentrum auch mit Blick auf die zahlreichen „Demokratiefeinde“ und Anhänger/-innen von Verschwörungstheorien. „Es stellt sich die Frage, ob wir endlich erwachsen werden.“

Dass der Stadtrat letztlich nicht eine gemeinsame „Bewerbung“ mit Plauen beschlossen hat, sondern lediglich von einer „Kooperation“ die Rede ist, liegt daran, dass es noch keine Ausschreibung und Bewerbungskriterien für das Zentrum gibt. Es sei denkbar, dass eine Bewerbung mehrerer Städte gar nicht erlaubt werde.

Diskussionen gab es auch über einen möglichen Standort des Zentrums. So hatte die Linksfraktion beantragt, Standorte außerhalb der Innenstadt zu prüfen, zum Beispiel in Grünau, Schönefeld und Paunsdorf. Linke-Stadträtin Franziska Riekewald erklärte, dass man Transformationsprozesse auch in Plattenbausiedlungen gut erklären könne. Auch CDU-Stadtrat Michael Weickert forderte, nicht nur die üblichen Standorte in der Innenstadt in den Blick zu nehmen.

„Damit wir eine Chance haben, brauchen wir einen Ort, der eine Verbindung zu 1989 hat, gut zu erreichen ist und Stahlkraft besitzt“, hielt OBM Jung dagegen. Und solche Orte befänden sich nun einmal vor allem in der Innenstadt. Als potenzieller Kandidat gilt der Matthäikirchhof.

Die AfD-Fraktion stimmte gegen die Bewerbung; der Rest stimmte geschlossen dafür.

Die Debatte im Stadtrat Leipzig

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Es gibt 2 Kommentare

Der Bund als Ausschreiber des Zentrums scheint hier deutlich auf wirklich geschichtliche Orte zu bestehen. Weshalb die „Kooperation“ mit Plauen und die zentrale Idee in Leipzig wohl zielführende als Plagwitz ist. 😉

„Damit wir eine Chance haben, brauchen wir einen Ort, der eine Verbindung zu 1989 hat, gut zu erreichen ist und Stahlkraft besitzt“, hielt OBM Jung dagegen.

Es ist ein Kompromiss in Reichweite:
Die Innenstadt muss es nicht sein und es muss Stahlkraft besitzen, da scheint der Standort Plagwitz mit seinen ehemaligen metallverarbeitenden Betrieben alles andere auszustechen.
Gut erreichbar ist es auch, ich nehme den A-Bus.

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