Bekanntermaßen gehört es zur Programmatik der AfD, das Rad um mehrere Jahrzehnte zurückzudrehen. Manchmal sind es aber auch nur ein paar Jahre, die diese Partei gerne rückgängig machen würden. So forderte die AfD in der Ratsversammlung am Mittwoch, dem 12. Oktober, frühere Beschlüsse des Stadtrates zur Aufnahme von Geflüchteten rückgängig zu machen. Sowohl die Verwaltung als auch die anderen Fraktionen ließen die AfD dabei abblitzen.

Im März 2019 und im Oktober 2020 hatte der Stadtrat beschlossen, freiwillig mehr im Mittelmeer gerettete Geflüchtete aufzunehmen als gesetzlich vorgeschrieben und dem Bündnis „Städte Sicherer Hafen“ beizutreten. Diese Beschlüsse wollte die AfD aufheben und zudem der Stadt verbieten, künftig weitere Immobilien zur Unterbringung von Geflüchteten zu kaufen.

Den übrigen Fraktionen im Stadtrat war dieses Ansinnen keine Wortmeldung wert. Die Stadtverwaltung hatte ihre Ablehnung bereits im Vorfeld in einem Verwaltungsstandpunkt deutlich formuliert.

So teilte die Stadt in Bezug auf die Situation im Mittelmeer beispielsweise mit: „Diese Praxis der Abschottung widerspricht der europäischen Idee, die auf Humanismus, Aufklärung und Menschenrechten basiert. Die Stadt Leipzig steht zu diesen europäischen Werten und setzt sich für die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Aufnahme von Geflüchteten, die aus dem Mittelmeer gerettet wurden, ein.“

Mit dieser Bereitschaft leiste man einen „kleinen Beitrag“, um die Not Einzelner zu linden. Erst- und einmalig wurden in diesem Kontext 2020 vier Geflüchtete aufgenommen. Auch ein Austritt aus dem Bündnis für „sichere Häfen“, dem mehr als 300 Städte angehören, käme nicht in Betracht. Bezüglich des Kaufs von Immobilien argumentierte die Stadt nüchtern: Finanziell könne das sinnvoller sein als langfristige Mietverträge.

Außerhalb der AfD fand sich an diesem Nachmittag niemand, der das Rad um drei Jahre zurückdrehen wollte.

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