Wenn Sitz- und Aufenthaltsmöglichkeiten im öffentlichen Raum bewusst so gestaltet werden, dass ein längeres Verweilen kaum möglich ist, spricht man von „Defensiver Architektur“. Auf Antrag des Jugendparlaments beschäftigte sich die Ratsversammlung am Mittwoch, dem 5. Juli, mit dem Problem – das grundsätzlich als solches auch anerkannt wurde.

Oskar Teufert aus dem Jugendparlament der Stadt Leipzig sagte in der Debatte: „Wenn Sie einmal auf ‚Defensive Architektur‘ aufmerksam geworden sind, finden Sie diese überall im Stadtbild.“ Besonders Jugendliche, mobilitätseingeschränkte Menschen und Obdachlose seien davon betroffen. Für letztere sei es aber wichtig, in einer öffentlichen Umgebung zu übernachten, weil sie damit einem geringeren Risiko für Übergriffe ausgesetzt seien.

„Beispiele für ‚Defensive Architektur‘ sind Sitzgelegenheiten, welche zu klein für größere Gruppen oder als Schlafplatz aufgrund der Größe der Sitzflächen ungeeignet sind, unnötige Lehnen in der Mitte der Sitzfläche, Noppen und Stacheln auf dem Boden und in Hauseingängen oder abgerundete und abgeschrägte Sitzflächen“, schreibt das Jugendparlament in der schriftlichen Begründung seines Antrags.

Dieser sah vor, die Verwaltung damit zu beauftragen, eine Satzung zu erarbeiten, die „Defensive Architektur“ einschränkt. Zudem sollte die Verwaltung ein Konzept für „menschenfreundliche Alternativen“ zu bereits bestehender „Defensiver Architektur“ entwickeln.

In der Ratsversammlung stellte Teufert allerdings den Vorschlag der Verwaltung zur Abstimmung. Diese hatte den Antrag des Jugendparlaments als rechtswidrig eingeschätzt. „Es ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich, dass die Verwaltung sich selbst gegenüber eine Satzung erlässt“, heißt es im Verwaltungsstandpunkt zur Begründung.

Zur Abstimmung stand deshalb eine Alternative: „Bei einer zukünftigen Novellierung des Ausstattungskataloges beziehungsweise bei der Entwicklung des ‚Sitzbankkonzept für die Gesamtstadt‘ werden die Themen ‚bequemere Sitzgelegenheiten / Bedürfnisse älterer Personen / Menschen mit Behinderungen‘ stärker berücksichtigt.“

Teufert bezeichnete diesen Beschlussvorschlag als „kleinstmögliche Verbesserung“. Immerhin zeigte sich der gesamte Stadtrat dafür offen: Der Verwaltungsstandpunkt wurde einstimmig beschlossen.

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