Wenn junge Menschen aus der Jugendhilfe kommen, stehen sie oft allein da: wenig Unterstützung durch die Eltern, ein Berg aus Bürokratie vor sich, das ganze Leben muss sehr plötzlich allein bewältigt werden. Dazu gehört auch die Wohnungssuche. Der Stadtrat will es jungen Erwachsene nun erleichtern, Wohnungen zu finden, damit sie nicht auf der Straße landen. Mit rot-rot-grüner Mehrheit wurde der Antrag beschlossen.

„Wir schlagen vor, im Einzelfall nach sehr klaren Kriterien Bürgschaften für wohnungslose Jugendliche zu übernehmen, damit diesen jungen Menschen der Zugang zu einer Wohnung überhaupt möglich gemacht wird“, so Katharina Krefft von den Grünen. „Wir sprechen hier über junge Erwachsene, deren Eltern nicht fähig, nicht erreichbar oder nicht willens sind, für den Mietvertrag des Kindes zu bürgen. Das wird inzwischen aber regelhaft vorausgesetzt.“

Eingebracht hatten den Antrag Linke, Grüne und SPD. Die Tendenz der jungen wohnungslosen Erwachsenen sei steigend, so auch Juliane Nagel. Sie fügte zur Begründung des Antrags hinzu: „Wir haben das Problem, dass es Unterbrechungen in den Hilfesystemen gibt. Ich falle also aus den Hilfen zur Erziehung als Careleaverin raus und muss vom SGB aufgefangen werden. Und das funktioniert nicht immer.“

Kritik von der CDU

Karsten Albrecht von der CDU kritisierte, dass es bereits ein Konzept der Stadt gegen Wohnungslosigkeit gebe.

„Die Bedarfe, die sie hier zur Debatte stellen, sind nicht erfasst. Das ist das Problem. Die Verwaltung ist dabei, diese zu erfassen. Vorher stimmen wir keinem Antrag zu“, so Albrecht.

Juliane Nagel widersprach: „Wir erleben auch nach dem Beschluss unseres Wohnungsnotfallhilfekonzeptes Rückmeldungen von Jugendberatungsstellen, im Drogenbeirat, ganz explizit auch vom Jobcenter und von anderen Akteuren der Wohnungslosenhilfe, dass wir zunehmend ein Problem wohnungsloser Jugendlicher haben, die sichtbar auf der Straße sind. Das Problem erhöht sich.“

Wohnungslosenhilfe in Leipzig

In Leipzig gibt es neben einem Übernachtungshaus für wohnungslose Männer und einem für Frauen ab 18 Jahren auch die „Alternative I & III“ als Notunterbringung für wohnungslose drogenabhängige Personen, sowie mehrere Tagesaufenthalte und den Hilfebus, der die Ausgabe von Bekleidung, Schuhen und Schlafsäcken, warmen Getränken und Essen, sowie Transporthilfe anbietet.

Der Clearing- und Anonyme Behandlungsschein Leipzig (CABL) e. V. bietet außerdem mehrmals wöchentlich an unterschiedlichen Orten medizinische Sprechstunden für Wohnungslose und Personen ohne Krankenversicherung.

Seit Juli 2023 eröffnete nun auch die Kontakt- und Notschlafstelle für Jugendliche „Bed by night“ der VKKJ. Die Stadt unterstützt das Careleaver* Kollektiv Leipzig, das jungen Menschen, die aus der Jugendhilfe kommen unter anderem Beratung, Mentoring, Selbsthilfegruppen und Stipendien anbietet. Außerdem gibt es das „Projekt Careleaving“ des Amtes für Jugend und Familie.

Nach SGB VIII geht die Jugendhilfe bis zum 18. beziehungsweise in einigen Fällen auch bis zum 21. Lebensjahr. In begründeten Ausnahmefällen kann sie länger andauern. Hilfe für junge Volljährige werden dann gewährt, wenn diese für die Entwicklung einer eigenverantwortlichen Lebensführung notwendig ist.

Viele Careleaver*innen (Personen, die die Jugendhilfe verlassen) berichten jedoch von Problemen nach dem Erreichen der Volljährigkeit, plötzlichem Ende der Hilfen, sowie einer Vielzahl von Problemen, um die sie sich allein kümmern müssen.

10,9 Prozent der Personen in den Übernachtungshäusern und Notunterkünften waren im letzten Jahr junge Erwachsene. Nicht alle Wohnungslosen nutzen jedoch dieses Angebot. Einige sind auf der Straße, andere kommen zeitweise bei Bekannten unter.

Grundsätzliche Probleme wie den Wohnungsmangel, gerade im Bereich der Sozialwohnungen, sowie mangelnde Vorbereitung auf das eigenständige Leben im Jugendhilfesystem und komplizierte deutsche Bürokratie werden sich auch durch diesen Antrag nicht lösen.

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