Am 24. Januar bestätigte der Landeswahlausschuss die Landeslisten der Parteien in Kamenz und in Leipzig bestätigte der Kreiswahlausschuss auch Jens Lehmann als Direktkandidaten im Wahlkreis Leipzig I für die CDU zur vorgezogenen deutschen Bundestagswahl am 23. Februar. Wir besuchten Jens Lehmann am Nachmittag in seinem Bürgerbüro und sprachen mit ihm.

Hallo Herr Lehmann, sagen Sie uns bitte etwas zu ihrer Person.

Mein Name ist Jens Lehmann, ich bin 57 Jahre, verheiratet, zwei erwachsene Kinder, bin in Stolberg im Harz geboren, seit 1981 in Leipzig als Sportler hierhergekommen, in die Marschnerstraße, in die Sportschule, das heutige Sportgymnasium. Bin seit 2002 Leipziger, im Leipziger Stadtsportbund Vizepräsident, seit 2004 Mitglied im Leipziger Stadtrat und seit 2017 direkt gewählter Abgeordneter im Deutschen Bundestag.

Sie treten ja für die CDU als Direktkandidat im Wahlkreis Leipzig I ein. Die CDU ist im Moment im Ruf der sozialen Kälte, wenn man an Bürgergeld und so weiter denkt. Sagen Sie mal etwas zur CDU und den allgemeinen Zielen.

Also ich würde auch das Bürgergeld nicht umschiffen, denn die Frage wird mir relativ oft gestellt: Die CDU möchte das Bürgergeld abschaffen und jemand, der sozusagen bedürftig ist oder das braucht, bekommt das nicht mehr. Das ist natürlich absoluter Blödsinn. Letzte Woche hatte ich eine Frau hier, die genau über das diskutiert hat. Wir wollen sozusagen, dass die 1,7 Millionen Menschen, die arbeitsfähig sind, auch möglichst zurück in den Arbeitsmarkt kommen.

Und die, die bedürftig sind, auch aus unserer Sicht, noch mehr bekommen können. Aber es geht darum, dass wir unseren Sozialstaat auch wieder auf die richtigen Füße stellen müssen. Das Gleiche gilt für Rente. Ich höre immer wieder, die CDU mit Friedrich Merz möchte das Renteneintrittsalter hochsetzen. Das ist genauso blödsinnig.

Unser Vorschlag ist: Wir möchten, dass jemand, der länger arbeiten möchte, auch wieder im Hinblick Fachkräftemangel, das auch kann, freiwillig, dafür aber 2.000 Euro steuerfrei im Monat bekommt. Und wenn man das den Leuten dann näher bringt, sind noch die meisten begeistert. Zuerst hat man gesagt, ihr wollt alles Böse nur, aber ich glaube, man sollte mal genau hinterleuchten, was eigentlich gemeint ist.

Momentan gibt es ja ein paar Äußerungen gerade von Friedrich Merz, die interpretiert werden als Rechtsruck in der CDU.

Würde ich jetzt auch nicht so sehen. Erstmal hat es momentan einen aktuellen Anlass, dass immer so die Diskussionen laufen. Ich bin auch niemand, der dann immer betroffen tut und am nächsten Tag zur Tagesordnung übergeht. Wir haben Probleme. Wir haben Probleme auch mit Migration. Das ist auch in der Union schon immer diskutiert worden. Wir haben 2018 auch schon mal getrennte Fraktionssitzungen gehabt, weil da unterschiedliche Meinungen existiert haben.

Jetzt haben wir damals Angela Merkel als Parteivorsitzende gehabt, die das sicherlich ein bisschen anders gesehen hat. Und jetzt ist Friedrich Merz, der das eher Richtung CSU sieht. Und ich glaube, man muss ja grundsätzlich mal darüber diskutieren. Die Fakten sind ja da. Wir kommen in unseren Systemen nicht mehr zurecht. Wenn man eine Klasse hat mit 85 Prozent Migrationsanteil, da kann man nicht sagen: Der Lehrer wird es schon irgendwie richten. Wird er eben nicht. Ich habe genug Lehrer, die ich kenne, die darüber klagen.

Und wir reden immer, wir tun alles in einen Topf. Fachkräfteeinwanderung und Migration. Wir sind mit Migration, glaube ich, an der Obergrenze angelangt, wo man sagen muss, die ausreisepflichtig sind, da müssen wir halt nicht fünf Jahre diskutieren drüber, die müssen auch möglichst ausreisen. Und das kann man nicht immer nur sagen, wenn wie in Magdeburg oder wie in Aschaffenburg irgendwelche Unglücke dort passieren. Das muss man auch vorher diskutieren.

Da finde ich jetzt keinen Rechtsruck, wenn man darüber spricht. Es ist sicherlich so, dass man natürlich auch als CDU wahrscheinlich schon ein Stück aus Pragmatismus, weil man keine anderen Koalitionspartner hat oder was auch immer, auch eher meiner Ansicht nach in den Jahren unter Angela Merkel, die jetzt nicht schlecht waren, für Deutschland gut, aber doch eine gewisse Linksrichtung eingeschlagen hat.

Die beiden Leipziger Wahlkreise zur Bundestagswahl. Grafik: Stadt Leipzig
Die beiden Leipziger Wahlkreise zur Bundestagswahl 2025. Grafik: Stadt Leipzig

Was machen Sie aktuell thematisch im Bundestag?

Ich habe drei Themen. Also A Leipzig, das steht für mich überall, denn ich bin Leipziger Abgeordneter. Das zweite Thema ist die Verteidigungspolitik, der Verteidigungsausschuss und die Sportpolitik. Ich bin bei meiner Biografie logischerweise auch Sportpolitiker. Die Thematik, wenn man im Sport anfängt, ist selbstverständlich der Leistungssport, die Diskussion: Wo wollen wir im Leistungssport hin?

Es gibt viele Reformvorschläge und Reformansätze im Leistungssport. Für mich muss die Frage erstmal geklärt sein, da bin ich auch mit vielen Kollegen in Diskussion: Was ist unser Ziel? Mein Ziel als Jens Lehmann ist, möglichst viele Olympiamedaillen zu gewinnen im Leistungssport, wo der Bund zuständig ist. Da muss man auch sagen, entweder wir wollen Leistung haben oder wir wollen irgendwie ein bisschen mitmachen. Das ist ein großes Sportthema.

Ein weiteres Sportthema ist selbstverständlich die Olympia-Bewerbung. Wir sind mit Leipzig dabei. Ich setze voraus, und das mache ich auch in Berlin sehr laut, wenn man 50 Jahre nach der Deutschen Einheit sich für Olympische Spiele bewirbt, gehört eine ostdeutsche Stadt und das ist für mich Leipzig dazu, mit Berlin im Tandem, dazu. Ich glaube, wir müssen nicht immer nur alles negativ diskutieren. Wir müssen das wollen, als Deutschland, als Staat und auch mal ein Ziel vor Augen haben.

Wer die Fußball-WM 2006 erlebt hat, die EM im letzten Jahr: Man kann sich auch mal als Deutscher etwas freuen. Und auch die Infrastruktur. Ich habe viele Diskussionen, ich komme gerade aus einer Schule. Ja, wir haben keine Sporthallen, wir haben keine Sportstätten, alles kaputt. Da bin ich der Meinung, von der Großhalle für Handball in Leipzig bis zur Schulhalle, wenn wir Olympische Spiele haben, 2040, dann müssen die Dinge kommen, wir brauchen Sportler, die da mitmachen.

Wenn das aber nicht kommt, dann wird wieder am Sport gespart und das finde ich einen falschen Ansatz.

Sollten Sie wieder gewählt werden, welche Themen wären für Sie momentan prioritär in der Bundespolitik?

Erstmal sind es die allgemeinen Parteithemen. Das sind die Themen von Migration, aber auch die Sozialkassen. Weil meiner Ansicht nach, ob das jetzt eine Parteilinie ist oder nicht, ich glaube, um die großen Probleme von Krankenversicherung, Rentenversicherung, Pflegeversicherung zu lösen, wird man das nicht allein parteipolitisch angehen können. Da muss es meiner Ansicht nach auch mal eine übergreifende Kommission geben.

Nicht nur um eine Kommission zu haben und mit ihr zu reden, sondern eine Kommission, die Druck macht, ohne politischen Vor- oder Nachteil herauszuziehen, die Dinge zu lösen. Und da, glaube ich, ist es immer so: Jede Partei, die einen Vorschlag hat, kriegt von der anderen Partei einen hinter die Löffel sozusagen und wird dann nicht so richtig kreativ. Das ist ein Thema, wo ich wirklich dran bin.

Das nächste ist natürlich der Verteidigungsausschuss. Ich bin Berichterstatter, ich bin derjenige von der Unionsfraktion, der für das deutsche Heer zuständig ist. Wir haben in Leipzig, beziehungsweise in Delitzsch, eine Unteroffiziersschule. Wir haben das Ausbildungskommando hier, wir haben die Offiziersschule des Heeres. Also einfach eine ordentlich ausgestattete Bundeswehr. Das ist momentan wieder ein Riesenthema. Es war in den ersten vier Jahren gar kein Thema. Aber mit dem Ukraine-Krieg ist es natürlich wieder ein bisschen mehr in den Fokus gerückt.

Und, also ganz praktisch für mich jetzt, diese Olympia-Bewerbung, das wird in den nächsten Jahren, in der nächsten Legislatur entschieden, ob sich Deutschland bewirbt, wie wir uns bewerben, was wir machen. Und da glaube ich, also ich hoffe, ich werde gewählt, dann bin ich der einzige Olympiasieger im Bundestag. Momentan sind wir zwei. Mein Kollege hört auf, geht in den Ruhestand.

Und da kann es keiner authentischer als ich rüberbringen. Und meine Meinung wird tatsächlich da auch gefragt. Voriges Jahr bei Thomas Bach in Lausanne habe ich da auch diskutiert mit ihm, wie wir hier weiterkommen. Und das ist einfach ein ganz praktisches Thema.

Letzte Frage, welche Gründe gibt es Jens Lehmann zu wählen?

Also ich bin ein langjähriger Abgeordneter, der sich stets für Leipzig eingesetzt hat, der auch viel für Leipzig bewegt hat. Ich bin ein bürgernaher Mensch, das spiegeln mir die Bürger. Und ich setze mich stets mit Leidenschaft und Herz für Leipzig ein. Und das möchte ich gern die nächsten vier Jahre weitermachen.

Herr Lehmann. Ich bedanke mich für das Gespräch.

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Es gibt 6 Kommentare

Hoffe, alle bilden sich da wirklich ne unabhängige Meinung und hört sich genau an was die Kandidaten zu sagen haben, bevor man dann wen aus Leipzig in den Bundestag schickt. So die rein fachliche und menschliche Eignung/Ausrichtung, um sich für das Wohl der Allgemeinheit auch einzusetzen.

Jens Lehmann in die rechte Ecke zu stellen ist einfach nur weit weg von der Realität. Aber offenbar geht es um die auch gar nicht mehr, die Bezugspunkte der Debatte sind weder die Menschen im Land, noch die Opfer der migrantischen Gewalt noch die dadurch veränderte Realität, nein, die Debatte und das Abstimmungs- und Empörungsverhalten wird nur mit Blick auf das Parteibuch geführt, und das macht mich traurig, denn wie immer man zu Fritze Merz steht, inhaltlich konnte zumindest die SPD vieles von seinem Programm teilen bzw. hatte es zuvor selbst schon gefordert. So aber wird alles zur Faschistensoße verrührt. Dabei haben alle(!) Parteien mit der AfD gestimmt, als es vor wenigen Tagen um die Ausweitung des Mutterschutzanspruchs nach Fehlgeburten ging. Gründe, SPD und Linke würden natürlich sagen, dass die AfD mit ihnen gestimmt hat und dass sie da nichts tun können, aber im Grunde hat Merz das gleiche getan. Ich nehme ihm seine Abneigung gegen die AfD ab und auch seine echte Sorge ums Land. Er hat wenigstens versucht, die notwendige Dialekitk zu formulieren: akzeptierte Zustimmung der AfD zum eigenen Antrag (sonst könnte er auch keine mehr einbringen, es sie denn, sie wären rot/grün), weiterhin klare Kante gegen AfD im politischen Alltagsgeschäft. Nein, diese CDU und Jens Lehmann sind keine Faschisten. Die gibt es gewiss genug in diesem Land, auch in der AfD, aber so weit sollten wir noch diferenzieren und erkennen, dass Bahnradfahrer immer nur linksrum im Kreis fahren. Ausnahmslos.

Ralf, ganz genau so sehe ich das auch.
Und was Herr Lehmann angeht: Er stimmte für einen Antrag, den seine Fraktion gestellt hatte. Den Inhalt finde ich persönlich fragwürdig, aber sein Abstimmverhalten muss nicht künstlich dramatisiert, oder er selbst am Ende noch durch Verkürzung in der Darstellung in die Nähe zu Faschisten gerückt werden.

Gott sei Dank ist die überwältigende Mehrheit der Sachsen weltoffen und wehrt sich gegen die Faschisten. Das hat sicher geholfen, um als gastfreundlichstes Bundesland ausgezeichnet zu werden.

Das machen in Sachsen sehr viele. Darum sind wir auch als gastfreundlichstes Bundesland ausgezeichnet wurden.

Jens Lehmann stimmte am 29.1.2025 im Deutschen Bundestag gemeinsam mit Faschisten ab.

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