Wirtschaft, Energie, Klima, Migration, Sicherheit, weltpolitische Verwerfungen: Inmitten multipler Krisen und offener Baustellen bestimmen die Deutschen am heutigen Sonntag, dem 23. Februar, die Zusammensetzung des 21. Bundestages. Diese vorgezogene Wahl ist Ergebnis der geplatzten Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Die LZ begleitet den Wahlsonntag in Leipzig und darüber hinaus im Liveticker.

Hintergrund: Knapp drei Jahre nach ihrem Antritt war die Ampel-Koalition im Bund aus SPD, Grünen und FDP – in dieser Kombi ein Novum – Anfang November 2024 nach internem Dauerkrach auseinandergefallen, der letzte Anlass dazu waren Haushaltsfragen.

Am 27. Dezember 2024 hatte der Bundespräsident dann den 20. Deutschen Bundestag nach einem Vorschlag von Bundeskanzler Olaf Scholz (66, SPD) aufgelöst. Dem vorangegangen war die absichtlich verlorene Vertrauensfrage des Kanzlers vom 16. Dezember, die den gewünschten Weg zur vorgezogenen Wahl ebnete.

Regulärer Termin wäre erst im September 2025 gewesen. Seit dem Ampel-Aus hatte Scholz gemeinsam mit den Grünen faktisch eine Minderheitsregierung gebildet, die FDP hatte das zerstrittene Bündnis verlassen. Der in Osnabrück geborene Scholz möchte erklärtermaßen deutscher Kanzler bleiben, bei aller berechtigten Skepsis gegenüber Umfragen scheint dieses Ziel jedoch nach jetzigem Wissensstand schwer erreichbar.

Wahlkampfveranstaltung der SPD mit Olaf Scholz auf dem Burgplatz (Juni 2024). Foto: Ferdinand Uhl

Als aussichtsreichster Herausforderer für den Job des nächsten Regierungschefs, der vom neuen Bundestag (und damit nur indirekt von uns) gewählt werden wird, gilt der CDU-Chef und bisherige Oppositionsführer im Bundestag Friedrich Merz (69).

Wahlplakate in Leipzig mit Merz und Habeck. Foto: LZ
Friedrich Merz (l.) und Robert Habeck (r.) fordern den amtierenden Kanzler heraus. Foto: LZ

Weitere Kanzlerkandidaten und -kandidatinnen: Robert Habeck (55, Grüne), Sahra Wagenknecht (55, BSW) und Alice Weidel (46, AfD).

Ab hier beginnt der regelmäßig aktualisierte Bereich des Livetickers.

17:30 Uhr: Wahlbeteiligung, Ende dieses Livetickers und Vorschau auf den zweiten

Der MDR meldet für Sachsen einen hohen Trend bei der Wahlbeteiligung, die am frühen Nachmittag 39,6 Prozent betrug, ohne die geschätzt 25,5 Prozent Briefwähler, die hinzugerechnet werden müssen. 2021 hatten zur gleichen Zeit (ohne Briefwahl) 36,4 Prozent ihr Stimmrecht genutzt.

Bundesweit lag die Wahlbeteiligung heute um 14:00 Uhr bei 52 Prozent.

Mit diesen Zahlen schließen wir den ersten Ticker. René Loch wird voraussichtlich gegen 18:00 Uhr übernehmen und uns gemeinsam mit weiteren Kolleginnen und Kollegen und neuem Liveticker durch einen spannenden Wahlabend in Leipzig und Deutschland führen. Zur Erinnerung: 18:00 Uhr werden erste Prognosen erwartet, zugleich startet dann die öffentliche Wahlparty im Neuen Rathaus. Auch wir sind vor Ort.

Bleiben Sie also dran, vielen Dank bis hierher für das Lesen und die Begleitung! Ihr Lucas Böhme im Namen des LZ-Teams.

17:10 Uhr: So würden Kinder und Jugendliche wählen

Die letzte Stunde vor Schließung der Wahllokale und der ersten Prognose um 18:00 Uhr läuft.

Vielleicht noch mal ein Blick auf die junge Generation, deren eigene Zukunft auch viel mit dem heutigen Urnengang zu tun hat: Bei der U-18-Wahl, einer der größten außerschulischen Bildungsinitiativen in Deutschland, konnten noch nicht wahlberechtigte Kinder und Teenies kürzlich probeweise die Bundestagswahl nachstellen.

Bei der Abgabe von 166.443 Stimmen in 1.812 Lokalen zeigte sich ein anderes Stimmungsbild, als es die Umfragen für die echte Wahl ankündigen.

Im Vorfeld zur Bundestagswahl konnten Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ihr Stimmergebnis bei der U-18-Wahl abgeben. Foto: Screenshot

16:45 Uhr: Zwischen Angst und Hoffnung – so blickt das Ausland auf die deutsche Bundestagswahl

Wie selten steht diese Bundestagswahl übrigens auch im Blick ausländischer Medien, nicht nur in Europa. Das voraussichtlich ordentliche Abschneiden der AfD treibt die internationale Presselandschaft von den USA bis Taiwan und Japan um.

Wohl aber neben der wirtschaftlichen Zukunft des Landes auch die große Frage, wie die Bundesrepublik, dieser erst 1990 wiedervereinte Player in der Mitte Europas, mit der Masse außenpolitischer Herausforderungen hantieren wird (Trump, NATO, Ukraine, Nahost, China).

16:20 Uhr: Wahlbeteiligung in Leipzig fast auf Gesamtniveau 2021

Neueste Zahlen der Stadt Leipzig: 16:00 Uhr lag die Gesamtwahlbeteiligung in der Stadt bei 76,1 Prozent (2021 zur gleichen Zeit: 69,4 Prozent). Damit ist die Gesamtwahlbeteiligung zur Bundestagswahl 2021 (76,6 Prozent) in Leipzig schon jetzt fast erreicht. Und das mehr als 90 Minuten vor Schließung der Wahllokale.

16:00 Uhr: Wahllokale noch zwei Stunden geöffnet

Es beginnen die letzten zwei Stunden des Wahltags, in denen die Wahllokale noch offen sind. Ab 18 Uhr startet die Auszählung, zugleich gibt es die erste Deutschland-Prognose. Wie genau dies funktioniert, wird beispielsweise hier erklärt.

15:45 Uhr: „Mini-Trump“ – SPD wirft Merz Spaltung vor

Für den naheliegenden Fall, dass Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz mit der SPD wird reden müssen, hat er die Türen nicht gerade weiter geöffnet: Beim gestrigen Wahlkampfabschluss in München sprach der CDU-Chef von „grünen und linken Spinnern“, attackierte die Teilnehmer von Demos gegen Rechts.

Wo die Demonstranten 2019 gewesen seien, als ein Rechtsradikaler den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke von der CDU erschoss, fragte Merz. Tatsächlich hatte es damals aber vor Ort Demonstrationen gegeben.

„Statt zu einen, entscheidet sich Friedrich Merz, noch einmal richtig zu spalten. So spricht niemand, der Kanzler für alle sein will, so spricht ein Mini-Trump“, empörte sich SPD-Generalsekretär Matthias Miersch (56) über den möglicherweise nächsten Bundeskanzler.

Merz selbst unterstrich an der Seite von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (57, CSU) seine Absage an die AfD. Auch werde er nur mit denen koalieren, die eine Wende in der Migrations- und Wirtschaftspolitik mittragen.

15:20 Uhr: Wahlbeteiligung in Sachsen

In Sachsen haben sich (Stand 12:00 Uhr) etwa 27,1 Prozent der Stimmberechtigten an der Wahl beteiligt, hinzu kommen geschätzt 25,5 Prozent Briefwähler. Dies meldet der MDR unter Berufung auf den Landeswahlleiter. Damit wäre die Gesamtbeteiligung etwa auf dem Niveau von 2021.

14:45 Uhr: In Leipzig zeichnet sich hohe Wahlbeteiligung ab

Mit Stand heute, 14:00 Uhr hatten in Leipzig insgesamt 67,1 Prozent der Wahlberechtigten ihre Kreuzchen gesetzt. 2021 waren es etwa 61 Prozent zu diesem Zeitpunkt.

Wahlbeteiligung bis 14:00 Uhr in Leipzig. Quelle: Stadt Leipzig
Wahlbeteiligung bis 14:00 Uhr in Leipzig (oberer Graph). Die anderen Balken zeigen zum Vergleich die Beteiligung zur Bundestagswahl 2021 (rot), Landtagswahl 2024 (grün) und Europawahl 2024 (blau). Quelle: Stadt Leipzig

14:20 Uhr: Auswirkungen der Wahlrechtsreform

Bei dieser Bundestagswahl wird erstmalig nach einem neuen Wahlrecht gewählt, das die zerbrochene Ampel-Koalition durchgesetzt hatte. Erst- und Zweitstimme, Aufteilung des Wahlgebiets, 5-Prozent-Hürde: Vieles bleibt wie gewohnt. Im Kern soll die Reform die Größe des neuen Bundestags auf 630 Abgeordnete deckeln (zum Vergleich: 2002 waren es noch 598, zuletzt aber 736).

Der Zuwachs war eine Konsequenz der sogenannten Überhangmandate: Gewann eine Partei via Erststimme mehr Sitze im Parlament, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustanden, durfte sie diese Mandate behalten. Zugleich fielen seit der Wahl 2013 Ausgleichsmandate für andere Parteien an, um das Ergebnis der Zweitstimme nicht zu verzerren. Dadurch gab es zuletzt immer mehr Abgeordnete im Bundestag, eine Aufwärtsspirale, die zu Problemen führte.

Plenarsaal des Bundestages, hier die Gedenkstunde des Deutschen Bundestages für die Opfer des Nationalsozialismus. Foto: DTB/Thomas Köhler/photothek

Diese Regelung wurde jetzt gekippt. Mit dem neuen Wahlrecht hat die Zweitstimme mehr Bedeutung als vorher: Wer in einem Wahlkreis mit der Erststimme gewinnt, ist künftig nicht mehr sicher im Parlament, sondern nur dann, wenn das Zweitstimmenergebnis dies abdeckt.

Die ARD nennt das vereinfachte Beispiel: Würde eine Partei in einem Bundesland 50 Direktmandate gewinnen, aber nur 48 über die Zweitstimmen, so würden die zwei Wahlkreisgewinner mit dem schlechtesten Ergebnis trotz ihres Sieges leer ausgehen.

Übrigens bleibt die alte Grundmandatsklausel erhalten: Parteien, welche die 5-Prozent-Hürde nicht überwinden, können es trotzdem über die Zweitstimmen ins Parlament schaffen, sofern sie wenigstens drei Direktmandate holen.

Von dieser Regel hatten 2021 die Linken profitiert, da Sören Pellmann in Leipzig sowie zwei Kandidaten der Linken in Berlin als Direktbewerber Erfolg hatten. Das Zweitstimmenergebnis war damals nur 4,9 Prozent.

Auch der nur in Bayern antretenden CSU könnte das neue Wahlrecht in die Karten spielen: Da die Grundmandatsklausel entgegen erster Pläne nicht gekippt wurde, können die Christsozialen hoffen, dank zahlreicher Direktmandate in Bayern wieder in größerer Zahl ins Parlament zu kommen, selbst wenn die 5-Prozent-Hürde zum Problem wird. Für Direktmandate reicht übrigens die einfache Mehrheit aus.

13:45 Uhr: Gibt es einen Trend? Das sagen die Umfragen

Über 59 Millionen Menschen, darunter mehr als drei Millionen in Sachsen, dürfen heute über den 21. Deutschen Bundestag abstimmen. Wahlumfragen sind beliebt, aber sie sind natürlich kein Wahlergebnis und aus vielerlei Gründen nicht vorbehaltlos zu sehen.

Will man aber eingedenk dessen einen Trend abschätzen, so haben CDU/CSU weiter klar die Nase vorn, mit Werten zwischen 28 und 32 Prozent. Die teils rechtsextreme AfD folgt mit 20 bis 21 Prozent, danach kämen SPD (14 bis 16 Prozent) und Grüne (12 bis 14 Prozent). Auch die einst abgeschriebene Linke wäre in allen Szenarien (6 bis 8 Prozent) sicher dabei.

Anders dagegen BSW (4,5 bis 5 Prozent) und FDP (4 bis 4,5 Prozent), die an der 5-Prozent-Hürde scheitern könnten. Und es ist eine Frage, die sich auch auf Mehrheitsverhältnisse auswirken wird. Denn mit Sicherheit wird sich die Union auch im Falle des Wahlsiegs mindestens einen Koalitionspartner suchen müssen. Dieser Abend wird sicher spannend.

Sören Pellmann (MdB/Direktkandidat Leipzig), Caren Lay (MdB), Josephine von Blueten Staub (Moderatorin), Nina Treu (Direktkandidatin Leipzig), Heidi Reichinnek (MdB/Vorsitzende der Gruppe Die Linke). BTW-Wahlkampf-Abschluss für Die Linke am 22.02.2025 im Haus Leipzig. Foto: Jan Kaefer

Im Haus Leipzig feierten die Linken, die zuletzt einen starken Mitgliederzuwachs verbuchen konnten, gestern vor 1.300 Menschen den offiziellen Wahlkampfabschluss in Anwesenheit der Leipziger Direktkandidaten sowie der Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek (36).

13:10 Uhr: Das war der (kurze) Wahlkampf in Deutschland

Eines steht fest: Dieser Wahlkampf zur vorgezogenen Wahl in Deutschland war ungewöhnlich kurz und zugleich heftig, weil das Zeitfenster zur Vorbereitung seit dem Bruch der Ampel und der Auflösung des Bundestags recht knapp bemessen war. Fünf Kanzlerkandidaten sind ein Rekord in der BRD-Geschichte, und der Amtsinhaber trat zuweilen eher wie ein Herausforderer und der aussichtsreichste Herausforderer (Merz) fast wie ein Amtsinhaber auf, analysiert die Tagesschau.

Bei den Wahlkampfthemen dominierte erst das Feld der Wirtschaft: Wachstum, Konjunkturfragen, finanzielle Entlastung der Bürger. Doch mit den furchtbaren Verbrechen in Aschaffenburg und München mit tatverdächtigen Zuwanderern rückte dann vor allem die Migration wieder in den Fokus: harte Abschiebepolitik, geschlossene Grenzen, Restriktion.

Erst am Freitag gab es zudem einen laut Ermittlern antisemitisch motivierten Messerangriff in Berlin, der einen jungen Touristen aus Spanien schwer verletzte. Der mutmaßliche Täter ist ein Syrer (19), seit 2023 in Deutschland, zuletzt in Leipzig gemeldet.

Gegen Ende gesellte sich noch die Weltpolitik ins große Themenspektrum, jedenfalls das, was abseits von Wahlprogrammen vor allem wahrnehmbar war: Deutschlands Beziehung zu den USA unter Trump, die Zukunft von Transatlantischer Partnerschaft und NATO, die Russlandpolitik, die Frage, wie es mit der Ukraine weitergehen wird. Egal, wer demnächst auf dem Chefsessel im Kanzleramt Platz nehmen darf und mit welchem Parteienbündnis: Die Herausforderungen sind immens.

12:40 Uhr: Wahlbeteiligung in Leipzig

Die Wahlbeteiligung in der Messestadt lag (Stand: 12:00 Uhr) bereits bei 54,6 Prozent, die ihre Stimme abgegeben haben. 2021 waren es zum gleichen Zeitpunkt 50,4 Prozent.

12:15 Uhr: Das sind die Kanzlerkandidaten 2025

Fünf Kandidaten, so viele wie nie zuvor, stellen sich 2025 auf, um vom neuen Bundestag zum Kanzler oder der Kanzlerin für die nächste Legislaturperiode gewählt zu werden.

Da wäre Amtsinhaber Olaf Scholz (66) von der SPD: geboren in Osnabrück, dort und in Hamburg aufgewachsen, Jurist, Erster Bürgermeister Hamburgs, Finanzminister und Vizekanzler unter Angela Merkel (70, CDU). Seit Dezember 2021 ist er Bundeskanzler Deutschlands und möchte es bleiben.

Der zuweilen kühl und undurchdringlich wirkende Hanseat trägt aber in der öffentlichen Wahrnehmung nicht nur den Ballast der gescheiterten Ampel mit sich herum, sondern ist unter anderem auch wegen seiner Rolle im Cum-ex-Steuerskandal umstritten.

Wahlkampfveranstaltung der SPD mit Olaf Scholz auf dem Burgplatz im Juni 2024. Foto: Ferdinand Uhl

Mit laut Umfragen realistischer Chance herausgefordert wird er durch CDU-Chef Friedrich Merz, der 2021 für den Hochsauerlandkreis in den Bundestag einziehen konnte. Dort saß er bereits zwischen 1994 und 2009. Zwischenzeitlich hatte der heute 69-Jährige als Anwalt und in der Wirtschaft gearbeitet, unter anderem war er Aufsichtsratsvorsitzender des Finanzriesen BlackRock.

Friedrich Merz.
Friedrich Merz (Bundesvorsitzender der CDU), hier bei einer Wahlkampfveranstaltung zur Europawahl auf dem Nikolaikirchhof Leipzig am 26. Mai 2024. Foto: Jan Kaefer

Merz verkörpert konservative und neoliberale Denkweisen, ist besonders für Linke eine Reizfigur. 2002 wurde er durch Angela Merkel (heute 70) vom Fraktionsvorsitz im Bundestag verdrängt, das Verhältnis von Merz zur Altkanzlerin gilt bis heute als schwierig.

Seine zuweilen kalt-impulsive Art, verbale Entgleisungen und der Umstand, nie ein Regierungsamt innegehabt zu haben: All dies macht Merz aus Sicht seiner Gegner angreifbar. Zumal der 69-Jährige Ende Januar erstmalig eine AfD-Mehrheit für Gesetzesentwürfe zur Zuwanderung bewusst in Kauf nahm. Es folgten Demos und Proteststürme.

Allerdings liegt die Union in Umfragen klar an erster Stelle, und auch innerhalb der Partei gibt es derzeit keine Anzeichen, dass Merz nicht fest im Sattel säße.

Robert Habeck von den Grünen stammt aus Schleswig-Holstein, studierte Literaturwissenschaften, war Abgeordneter seiner Partei, Autor von Kinderbüchern und Landesminister. Zeitweise bildete der 55-Jährige die Grünen-Doppelspitze mit Annalena Baerbock (44), unter Scholz war er zuletzt Vizekanzler sowie Minister für Wirtschaft und Klimaschutz.

Kanzlerkandidat Robert Habeck. Bundestagswahlkampf von Bündnis 90/Die Grünen im Haus Leipzig am 20.01.2025. Foto: Jan Kaefer

Seinen Anhängern gilt Habeck, gerade im Gegensatz zum distanzierten Friedrich Merz, als freundlicher und nahbarer Typ. Unter anderem sein Vergaloppieren beim Heizungsgesetz machen ihm Gegner gleichwohl gern zum Vorwurf. Kritiker gibt es auch parteiintern: So empörten sich Grüne Jugend und Parteilinke zuletzt über Habecks sogenannte Sicherheitsoffensive, die sich mit Fragen der Migration nach Deutschland und der inneren Sicherheit befasst.

Außerdem hat das BSW Sahra Wagenknecht als Kanzlerkandidatin aufgestellt. Die 55-Jährige, geboren in Jena, ist mit ihrem kühlen Charisma wie eine Ikone der Linken, war Mitglied im Parteivorstand der früheren PDS, Abgeordnete im Bundestag und EU-Parlament. Bis 2019 war sie Fraktionsvorsitzende.

2023 verließ Wagenknecht die Linken und gründete Anfang 2024 mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ihre eigene Partei, die gesellschaftspolitisch eher konservative, wirtschaftspolitisch eher linke Positionen verknüpft. Nach einem Höhenflug kämpfte das BSW zuletzt mit miesen Umfragewerten.

Sahra Wagenknecht und Sören Pellmann.
Sahra Wagenknecht im Sommer 2021 in Leipzig. Foto: LZ

Innerhalb der Linken war BSW-Namensgeberin Wagenknecht schon während ihrer aktiven Zeit dort unter anderem mit umstrittenen Statements zu Russland, Asyl und Migration aufgefallen. Im Zuge des Ukraine-Kriegs hatte sich Wagenknecht gegen Waffenlieferungen und für rasche Verhandlungen mit der russischen Führung positioniert. Dies ist auch Teil der BSW-Programmatik.

Die in Teilen rechtsextreme AfD schickt zum ersten Mal eine Person ins Rennen für das Kanzleramt: Partei-Co-Chefin Alice Weidel wuchs im Kreis Gütersloh auf, studierte VWL und BWL, promovierte. 2013, dem Gründungsjahr der damals noch eher wirtschaftsliberal und konservativ ausgerichteten AfD, trat auch die heute 46-Jährige dieser bei, wurde 2017 gemeinsam mit dem Ex-CDUler Alexander Gauland (heute 84) Fraktionsvorsitzende und bildet seit 2022 eine Doppelspitze mit dem aus Sachsen stammenden Tino Chrupalla (49).

Weidel gilt als rhetorisch scharf und nach außen betont bürgerliches-biederes Gesicht der AfD. Wie sehr die 46-Jährige, die privat in Partnerschaft mit einer Frau und Kindern in der Schweiz lebt, immer wieder die Grenzen austestet und überschreitet, zeigte sie schon vor Jahren, als sie im Bundestag abfällig von „Kopftuchmädchen“ und „alimentierten Messermännern“ sprach.

Auch den Begriff „Remigration“, der mit der massenhaften und zwangsweisen Ausweisung von Menschen mit Migrationsgeschichte in Verbindung gebracht wird, nahm Weidel in den Mund.

11:15 Uhr: Wird es ein turbulenter Abend in Leipzig?

Noch ist es viele Stunden hin bis zur Schließung der Wahllokale um 18 Uhr. Zu dieser Zeit steigt auch im Neuen Rathaus die traditionelle Wahlparty mit Durchgabe der Prognosen und Hochrechnungen, zu der Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen sind. Auch online werden aktuelle Ergebnisse ab dem Abend präsentiert.

Fassade des Neuen Rathauses Leipzig in schrägem Winkel. blauer Himmel und Wolken.
Neues Rathaus. Foto: Ralf Julke

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ hat indessen eine eigene Versammlung angekündigt, die ab 17:45 Uhr vor dem Neuen Rathaus stattfinden soll, inklusive Beamer und Leinwand zur Übertragung von Wahlergebnissen. Das Bündnis äußert sich besorgt über einen drohenden Rechtsruck bei der Wahl: Zukunftsthemen wie Soziales, Teilhabe und Klimawandel hätten im Wahlkampf nur eine Nebenrolle gespielt, stattdessen sei vor allem über Migration, Abschiebungen und Narrative von rechts diskutiert worden, so die Kritik.

11:00 Uhr: Einiges los an den Wahllokalen

Dieser denkwürdige und milde Wahlsonntag, der ja eigentlich erst im September hätte stattfinden sollen, scheint Fahrt aufzunehmen. Wie hoch die Wahlbeteiligung ist, wissen wir natürlich erst am Ende des Tages. Doch in einigen Wahllokalen stehen die Menschen Schlange, um ihr Stimmrecht wahrzunehmen, kurze Wartezeiten sind unter Umständen einzuplanen.

Gut besucht: Wahllokal im Süden Leipzigs am Sonntag gegen 11:00 Uhr. Foto: LZ
Ordentlich besucht: Wahllokal im Süden Leipzigs am Sonntag gegen 11:00 Uhr. Foto: LZ

10:00 Uhr: Wahlbeteiligung in Leipzig

Für heute Morgen, 08:00 Uhr gibt die Stadt Leipzig eine Wahlbeteiligung von 31,2 Prozent an. 2021 lag der Wert zum gleichen Zeitpunkt bei 28,1 Prozent. Man darf gespannt sein, wie sich dies über den Sonntag weiter entwickelt. Um 10:00 Uhr war die Wahlbeteiligung in Leipzig dann bereits bei 39,3 Prozent (2021: 36,6 Prozent) angelangt.

2021 beteiligten sich 76,6 Prozent der Stimmberechtigten in Leipzig bei der Bundestagswahl, womit die Stadt ziemlich genau im Bundestrend lag. Den höchsten Wert bei den Städten mit über 500.000 Einwohnern erzielte damals Stuttgart mit 78,5 Prozent.

09:40 Uhr: Erststimmen zur letzten Bundestagswahl in Leipzig

Bei der letzten Bundestagswahl vom 26. September 2021 konnte der frühere Radsportler Jens Lehmann (57, CDU) sein Direktmandat im damaligen Wahlkreis 152 mit knapper Mehrheit gegen den 2025 erneut antretenden Holger Mann (46, SPD) verteidigen. Lehmann hofft auch dieses Jahr auf einen erneuten Einzug in den Bundestag.

Jens Lehmann, Bundestagsabgeordneter und ehemaliger zweifacher Olympiasieger im Bahnradsport. Foto: Jan Kaefer
Jens Lehmann, Bundestagsabgeordneter und ehemaliger zweifacher Olympiasieger im Bahnradsport. Foto: Jan Kaefer

Im LZ-Gespräch benannte der in Stolberg/Harz geborene Politiker aufgrund seiner Biografie die Sportpolitik als einen seiner Interessenschwerpunkte, etwa Hochleistungssport und die Olympia-Bewerbung. Aber auch generell Leipzig-spezifische Themen, Migration und Verteidigungspolitik sind ihm wichtig.

Im damaligen Wahlkreis 153 machte Sören Pellmann (48, Linke) recht deutlich das Rennen, auch er strebt seine Wiederwahl an. Der gebürtige Leipziger legt seinen Fokus unter anderem auf die Sozialpolitik, wie etwa Maßnahmen gegen exorbitante Mietkosten und gestiegene Lebensmittelpreise, die vielen Menschen im Land zu schaffen machen.

Herr Sören Pellmann (Die Linke/MdB/Direktkandidat Leipzig). BTW-Wahlkampf-Abschluss für Die Linke am 22.02.2025 im Haus Leipzig. Foto: Jan Kaefer
Sören Pellmann (Die Linke/MdB/Direktkandidat Leipzig). BTW-Wahlkampf-Abschluss für Die Linke am 22.02.2025 im Haus Leipzig. Foto: Jan Kaefer

09:10 Uhr: Briefwahl und Wahllokale in Leipzig

Wer am Wahltag bereits verplant ist und nicht persönlich ins Wahllokal kommen kann, für den gibt es die Stimmabgabe per Briefwahl.

Briefwahl in Leipzig. Foto: LZ
Briefwahl in Leipzig. Foto: LZ

Bis gestern waren in Leipzig 143.078 Wahlbriefe eingegangen und 154.038 Wahlscheine ausgestellt worden – deutlich mehr als noch zur letzten Bundestagswahl am 26. September 2021. Damals betrug die Wahlbeteiligung bundesweit 76,6 Prozent, in Leipzig machten 29,7 Prozent vom Briefwahlrecht Gebrauch.

Wer seine Stimme direkt abgibt, tut dies dagegen im fest zugeordneten Wahllokal. Davon sind heute in ganz Leipzig 414 eingerichtet. Die Adresse finden Sie in Ihrer Wahlbenachrichtigung, zudem stellt die Stadt Leipzig hier konkrete Informationen zu den Wahllokalen bereit.

08:45 Uhr: Ausgangslage in Leipzig

In den beiden Leipziger Wahlkreisen bewerben sich insgesamt 25 Personen um ein Direktmandat für den neuen Bundestag. Die Zulassung der Bewerberinnen und Bewerber war vom gemeinsamen Kreiswahlausschuss am 24. Januar 2025 öffentlich kommuniziert worden. Unser Kollege Thomas Köhler war damals vor Ort.

Wahlplakate anlässlich der Bundestagswahl 2025. Foto: Jan Kaefer

Er hat auch mit vielen der Direktkandidaten gesprochen, was sie im Falle eines Einzugs ins Parlament erreichen wollen und wofür sie genau stehen. Wenn Sie mögen, finden Sie unter diesem Link unsere umfassende Vorab-Berichterstattung zur Bundestagswahl, darunter auch die Kurzinterviews mit den Bewerbern für ein Direktmandat.

08:15 Uhr: Bundestagswahl 2025 – Fakten und Zahlen kompakt

Heute bestimmen die über 59 Millionen Wählerinnen und Wähler in der BRD über die Zusammensetzung des 21. Deutschen Bundestages für die kommenden vier Jahre. Dazu ist Deutschland in 299 Wahlkreise aufgeteilt, davon entfallen 16 auf Sachsen und zwei auf Leipzig, nämlich 151 (Leipzig I) und 152 (Leipzig II).

Die beiden Leipziger Wahlkreise zur Bundestagswahl. Grafik: Stadt Leipzig
Die beiden Leipziger Wahlkreise zur Bundestagswahl. Grafik: Stadt Leipzig

Nach der Wahlrechtsreform, auf die wir noch eingehen werden, wird der neue Bundestag aus grundsätzlich 630 Abgeordneten bestehen. Diese werden in allgemeiner, freier, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl festgelegt. Wählerinnen und Wähler haben je zwei Stimmen: Eine (linke Seite des Stimmzettels) für Direktbewerber des Wahlkreises und eine weitere (rechte Seite des Stimmzettels) für die Landesliste einer jeweiligen Partei.

Das aktive Wahlrecht – also das Recht zur Stimmabgabe – besitzt jeder unter diesen Voraussetzungen: deutsche Staatsbürgerschaft, 18. Lebensjahr vollendet, Wohnung oder sonstigen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet seit mindestens drei Monaten, kein Ausschluss von der Wahl bspw. aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung.

Das umfasst übrigens in der Regel auch Straf- und Untersuchungsgefangene, denen das Recht zur Stimmabgabe nur aufgrund eines Richterspruchs bei schwerwiegenden politischen Straftaten aberkannt werden kann. Für mehr Informationen schauen Sie doch gerne mal in diesen Beitrag.

08:00 Uhr: Guten Morgen – der Startschuss ist gefallen!

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser! Seit 08:00 Uhr haben die städtischen Wahllokale geöffnet, bis 18:00 Uhr können Sie dort Ihre Stimmen abgeben. Wir werden den Tag im Ticker begleiten, Grundlagen zur Wahl erklären und den Fokus einerseits auf Leipzig legen, aber natürlich auch immer wieder über den Tellerrand blicken.

Ab dem späten Nachmittag bzw. frühen Abend wird es dann mit ersten Prognosen und Hochrechnungen richtig spannend. Kommen Sie gut durch den Sonntag und schauen Sie gerne immer wieder bei uns vorbei!

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