Hehre Worte fielen am 29. Oktober in der Ratsversammlung – über den handlungsfähigen Staat, das Vertrauen der Bürger und wie man die Verwaltung besser machen könnte, damit die Bürger wieder Vertrauen in den Staat gewinnen. Denn das ist gewaltig gesunken, auch weil viele Dienstleistungen nicht mehr richtig funktionieren, Kommunen unter Finanznot leiden und Angebote eingeschränkt sind. Da könne man ja, so beantragte die SPD-Fraktion, Leipzig zur Modellkommune für einen handlungsfähigen Staat machen.
Das baut auf einem Bericht auf, den die Initiative für einen handlungsfähigen Staat im Juli vorgelegt hat und in dem 35 Maßnahmen bzw. Reformvorschläge aufgelistet sind, wie die Arbeit der Verwaltung wieder verbessert und bürgernäher gestaltet werden könnte.
„Starke Verwaltung ist keine Last – sie ist die Voraussetzung für funktionierende Daseinsvorsorge. Und nur, wenn die Menschen spüren, dass der Staat für sie funktioniert, haben sie auch Vertrauen in dieses System und die Demokratie selbst“, sagt SPD-Stadträtin Christina März zu diesem von ihr am 29. Oktober auch eingebrachten Antrag.
„Bürokratieabbau ist kein Stellenabbau. Wer ernsthaft weniger Bürokratie will, muss Abläufe modernisieren, Zuständigkeiten bündeln und Prozesse automatisieren – nicht einfach Menschen entlassen, die dafür sorgen, dass die Stadt funktioniert.“
Im Abschlussbericht der Initiative für einen handlungsfähigen Staat finden sich auch Ideen, die auch Leipzig unmittelbar helfen könnten, wie Christina März vorschlug: digitale End-to-End-Verfahren, Aufgabenbündelung, klarere Zuständigkeiten zwischen Bund, Land und Kommune.
„Leipzig hat das Potenzial, Modellstadt für den modernen Staat zu werden“, betont Christina März. „Wir stehen an einem Wendepunkt: Wollen wir Verwaltung abbauen – oder sie befähigen, besser zu arbeiten? Unsere Antwort ist klar: Wir stärken, was unser Gemeinwesen trägt.“
Auch Leipzigs Verwaltung will/muss sich ändern
Das Referat politische Planung im Bereich des OBM hatte dem Anliegen sogar zugestimmt. „Vor diesem Hintergrund hält die Stadt Leipzig es für sinnvoll und angezeigt, sich ebenfalls als Modellkommune zu bewerben. Leipzig befindet sich aktuell in einem Aufgaben- und Strukturkonsolidierungsprozess, der aufgrund der angespannten Haushaltslage grundlegende Fragen zur künftigen Aufgabenwahrnehmung, zur Vermeidung von Doppelstrukturen, zu effizienteren Prozessen, zu einer wirkungsvollen Digitalisierung sowie zu angemessenen Standards klären soll. Genau diese Fragen decken sich mit den Zielstellungen der Initiative.
Oberbürgermeister Burkhard Jung hat sich bereits in der Arbeitsgruppe ‚Bürokratieabbau und Staatsmodernisierung‘ im Rahmen der Koalitionsverhandlungen eingebracht und unterstützt ausdrücklich eine Bewerbung Leipzigs als Modellkommune. Zudem ist die Stadt Leipzig in der Initiative ‚(Neu-)Start Kfz-Zulassung‘ bereits aktiv beteiligt und zeigt damit, dass sie bereit ist, Wege zur Neuordnung und Bündelung von Aufgaben auf Bundesebene mitzugestalten.“
Grundsätzlich käme Leipzig als Modellkommune insbesondere für die Bündelung folgender Leistungen in Betracht, listet die Verwaltungsvorlage auf: Kfz-Zulassung, Wohngeld, Elterngeld, Auszubildenden-Bafög.
Linksfraktion sieht nur heiße Luft
Nur die Linksfraktion bezweifelte, dass Leipzig tatsächlich die Voraussetzungen hat, so eine Modellkommune zu werden. Sie hatte extra eine Anfrage zum Vorhaben Modellkommune gestellt und die von der Stadt gemachten Vorschläge hinterfragt. Die Antwort aus dem Referat Politische Planung, so Linke-Stadtrat Enrico Stange, zeige wohl eher, dass noch gar nichts klar ist, es „stehe nichts dahinter“, wenn die Stadt Vorschläge macht. Womit ja irgendwie die Frage steht, ob Leipzig sich tatsächlich als Modellkommune eignet.
Während nicht nur Christina März in Leipzig sogar gute Voraussetzungen sieht, mit solchen Reformen im Verwaltungshandeln zur Modellkommune zu werden. Unterstützung bekam sie für das Anliegen auch von CDU-Stadtrat Lucas Schopphoven. Und versuchen kann man es ja.
Denn es stimmt ja: Wie gut ein Staat funktioniert, das erfahren Bürger beim Umgang mit ihrer Verwaltung und ihren Dienstleistungen. Und bestimmt gibt es Möglichkeiten, diese Arbeit zu verbessern. Auch ohne Personal abzubauen, wie Christina März betonte.
Ob es klappt und die Bewerbung tatsächlich für die Leipziger spürbare Verbesserungen bringt, bleibt abzuwarten. Denn wenn die Initiative Sinn ergibt, dann bringt sie umsetzbare Vorschläge für alle Kommunen auf den Tisch, die auch alle umsetzen können.
Das Experiment solle man jedenfalls wagen, befand die Stadtratsmehrheit und stimmte dem SPD-Antrag mit 44:11 Stimmen bei zwei Enthaltungen zu.
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