Es ist ja nun schon das dritte Mal, dass einige Leipziger meinen, dass die Stadt unbedingt Austragungsort der Olympischen Spiele werden müsse. Und sie scheinen dabei bei der Leipziger Stadtspitze offene Türen einzurennen. Während alle Bedenken zu den möglichen Kosten für die Stadt beiseite gedrängt werden, auch wenn Leipzig diesmal nur so eine Art Anhängsel für Berlin werden soll. Der BUND Leipzig stellt die goldenen Pläne jetzt mit einer Einwohneranfrage erst einmal gründlich infrage.

„Wirklich Gold für Leipzig?“, hat der BUND Leipzig seine Einwohneranfrage betitelt. Und ausführlich dargelegt, warum eine Olympiaaustragung für Leipzig zum Minus-Geschäft werden kann.

„Im Rahmen des Konzepts Berlin+ planen Leipzig und Berlin eine gemeinsame Bewerbung als Austragungsort für die Olympischen Spiele 2036. Bisher fehlt es jedoch an einer breiten öffentlichen Diskussion. Aus unserer Perspektive dominiert eine einseitige Darstellung der möglichen Chancen für Leipzig, während die Bewerbungs- und Folgekosten kaum thematisiert werden. Dabei zeigen Erfahrungen anderer Austragungsstädte: Die Investitionen übersteigen die Einnahmen meist um ein Vielfaches – mit erheblichen finanziellen Belastungen für die Kommunen“, mahnt der BUND Leipzig.

Wem nutzt Olympia eigentlich?

„Der wirtschaftliche Effekt von Olympischen Spielen beschränkt sich im Wesentlichen auf einen kurzfristigen Einmaleffekt, der langfristig keine positiven Auswirkungen zeigt“, erklärt der BUND in seiner Anfrage und weist auf Verdrängungseffekte hin, welche die Lobbyisten einer Olympiabewerbung in der Regel völlig ausblenden.

„In vielen früheren Austragungsstädten folgten auf die Ausrichtung jedoch sozialräumliche Verdrängungsprozesse sowie stark steigende Lebenshaltungskosten – insbesondere bei den Mieten. Ökologische Folgekosten werden meist gar nicht betrachtet. Zwar wird ‚Nachhaltigkeit‘ mittlerweile überall beschworen, doch beschränkt sich dies in der Praxis meist darauf, Bauprojekte in klassischer PR-Sprache als ‚ökologisch verträglich‘ zu vermarkten. Konkrete Aussagen zu zentralen Themen wie steigendem Verkehrsaufkommen, Eingriffen in den Naturhaushalt oder der Verschlechterung des Stadtklimas fehlen in der Regel.“

Und die Frage ist durchaus: Kann sich eine kaputtgesparte Stadt wie Leipzig mit einer Olympiabewerbung finanziell sanieren?

Der BUND hat da so seine Zweifel. „Angesichts leerer Haushaltskassen und drängender kommunaler Herausforderungen muss zudem die Frage gestellt werden, ob sich Leipzig ein teures Bewerbungsverfahren für die Olympischen Spiele 2036 überhaupt leisten kann. Die von ‚Berlin+‘ veranschlagten 6 Millionen Euro für das nationale Bewerbungsverfahren erscheinen vor dem Hintergrund der internationalen Konkurrenz völlig unrealistisch – die tatsächlichen Kosten dürften ein Vielfaches betragen.

Auch die Frage ‚Wer gewinnt und wer verliert dabei?‘ erscheint uns berechtigt, wenn man bedenkt, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) den Großteil seiner Einnahmen selbst verwaltet, ohne eine ausreichende Transparenz über deren Verwendung zu gewährleisten.

Studien zufolge fließen lediglich etwa 4 % der IOC-Einnahmen indirekt an die Athleten – etwa über Förderprogramme der nationalen Verbände. Zudem veröffentlicht das IOC keinen detaillierten, öffentlich zugänglichen Rechenschaftsbericht, der die genaue Verteilung der Mittel nachvollziehbar aufschlüsselt (Quelle ZDF.de).“

Berechtigte Fragen

Und außerdem werfe die geplante Bewerbung unter dem Label „Berlin+“ im Jahr 2036 auch historische Fragen auf, die thematisiert werden sollten, findet der BUND. Denn genau 100 Jahre vorher fanden 1936 jene Olympischen Spiele in Berlin statt, mit denen die regierenden Nationalsozialisten Propaganda für ihre Herrschaft machen konnten.

Die Fragen, die der BUND Leipzig gestellt hat:

Welche baulichen Maßnahmen (Neu- und Ausbauten) sind in Leipzig geplant für Sportstätten, Parkplätze, Unterkünfte für Sportler*innen und Gäste, Infrastruktur und Mobilität für den Fall, dass sich „Berlin+“ als Austragungsort durchsetzt? Beschreiben Sie die Maßnahmen bitte gesondert für jedes einzelne Neu- und Ausbauprojekt, möglichst detailliert inkl. Standort, Kosten (inkl. Folgekosten), Flächenverbrauch, Ausgleichsmaßnahmen und Nachnutzungskonzept.

Unterfragen:

1)Wie werden Themen wie Klima- und Naturschutz bei den Planungen mitgedacht? (Stichworte nachhaltiges Bauen/Kreislaufwirtschaft, Fassadenbegrünung, Gründächer, Animal Aided Design, Fotovoltaik etc.)?

2) Wie hoch sind die Kosten, die Leipzig durch das Bewerbungsverfahren bereits entstanden sind und noch entstehen werden, und wie ist dabei der Anteil, den die Kommune Leipzig aus eigenen Mitteln zu tragen hat? Mit welchen Kosten für die Austragung rechnet die Stadt Leipzig, sofern sich „Berlin+“ beim NOK Verfahren durchsetzen sollte?

3) Welche Untersuchungen gibt es oder sind geplant zu möglichen negativen Effekten einer Olympia-Austragung auf die Stadt Leipzig und deren Bürgerschaft? Dies insbesondere in Bezug auf steigende Lebenserhaltungskosten, sozialräumliche Verdrängung, Streichung von öffentlichen Geldern für soziale und ökologische Projekte?

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 4 Kommentare

> “neben z.B. der unsäglichen Kirche direkt im Zentrum”
Ups, ich wusste garnicht das der OBM einen Ort für seine eigene Sekte hat errichten lassen…

Genauso ist es! Für Nichts ist Geld da, es geht nichts voran – immer nur Bedenken, außer bei prestigeträchtigen Events. Da möchte sich der Herr Bürgermeister in seiner (hoffentlich) letzten Amtszeit noch ein weiteres hässliches Denkmal setzen (neben z.B. der unsäglichen Kirche direkt im Zentrum oder das Einheitsdenkmal).

Wie groß wird das Loch im Stadthaushalt noch in diesem Jahr gleich noch Mal? So was wie 750 Millionen €?
Ach so, Olympia ist ja eine Pflichtaufgabe. Ja dann, immer weg mit den Millionen, die sowieso garnicht da sind.

Schreiben Sie einen Kommentar