So geht es nicht. Mit den Eiertänzen um den Leipziger Haushalt 2025/2026 hat die Stadt etwas erlebt, was es so in den letzten Jahren nicht gegeben hat. Immer neue Einspar-Pakete legte der OBM vor, um den Genehmigungskriterien der Landesdirektion Sachsen zu genügen. Und am 15. September preschte Finanzbürgermeister Torsten Bonew mit einem Moratorium vor, mit dem zahlreiche Bauprojekte bis Mitte 2026 gestoppt werden sollen.

Am Dienstag, dem 23. September, verhängte er auch noch eine Haushaltssperre. Das wird ein heißes Diskussionsthema in der Ratsversammlung am Mittwoch, dem 24. September. Denn mehrere Fraktionen sehen die Finanzvoten der Verwaltungen mittlerweile kritisch. Die Linksfraktion hat gleich mal die Aussetzung des von Bonew verhängten Moratoriums beantragt.

Aber das eigentlich Fragwürdige an dem Vorstoß des Finanzbürgermeisters mit dem Moratorium ist, so stellt Dr. Tobias Peter, Vorsitzender der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, fest, das Fehlen einer konkreten Liste der betroffenen Bauprojekte. Und Sylvia Herbst-Weckel, die Sprecherin für Finanzen der Fraktion, betont: „Es fehlt an jeder nachvollziehbaren Strategie.“

Welche Projekte sind eigentlich vom Moratorium betroffen? Und was soll die völlig willkürliche Grenze bei Projekten, die zu mindestens 75 Prozent gefördert werden, die ausgenommen werden sollen vom Moratorium? Lässt man die Förderung verfallen, wenn es nur 50 Prozent sind? Verzichtet Leipzig einfach auf das Geld? Selbst in der Verwaltung scheint regelrecht Ratlosigkeit zu herrschen, welche Projekte jetzt auf einmal – zusätzlich zu den eh stornierten – auf Eis gelegt werden.

Am Montagabend tagte zwar auch der erweiterte Finanzausschuss. Immerhin der Leipziger Doppelhaushalt für die Jahre 2025/2026 seit Montag endlich genehmigt. Aber es gibt jede Menge Redebedarf. Erst recht nach der von Bonew verhängten Haushaltssperre.

Wo bleibt die Transparenz?

Die bündnisgrüne Stadtratsfraktion hat deshalb beantragt, in der Ratsversammlung am 24. September eine Aktuelle Stunde durchzuführen zum Thema: „Sparzwang in Leipzig – Transparenz bei Investitionsentscheidungen und Wege aus der Haushaltskrise“.

Denn all die Versuche der Verwaltung, durch immer neue Sparpakete die Lage in den Griff zu bekommen, funktionieren nicht, wenn es nicht eine grundsätzliche Klärung gibt, wie die Finanzen der Stadt langfristig überhaupt stabilisiert werden können.

„Angesichts der akut angespannten Finanzlage hat die Stadtspitze unter Federführung von Finanzbürgermeister Bonew ein Investitionsmoratorium bis Ende Juni 2026 verhängt, das den Beginn neuer Bauprojekte sowie die Planung künftiger Projekte weitgehend auf Eis legt. Ausnahmen bestehen nur für zwingende Maßnahmen der Daseinsvorsorge: darunter wichtige Schulbauprojekte, Brücken, Katastrophen- und Brandschutz, bestimmte Vorhaben der Wirtschaftsförderung und die Olympiabewerbung“, formuliert der Antrag der Grünen-Fraktion zur Aktuellen Stunde das Problem.

„Viele Vorhaben, auch solche mit Fördermitteln, stehen vor dem Aus: Das betrifft etwa Radverkehrsanlagen am Zoo und Gewandhaus oder die klimagerechte Umgestaltung des Stephaniplatzes. Unklar bleibt, welche Straßen- und Städtebauprojekte tatsächlich betroffen sind und nach welchen nachvollziehbaren Kriterien die Entscheidungen getroffen werden.“

Aber eine belastbare Liste, welche Projekte von Bonews Moratorium betroffen sind, gibt es nicht. Auch keine Prioritätenliste, in der die Verwaltung dem Stadtrat offenlegt, welche Projekte dringend umgesetzt werden müssen und welche verschoben werden können.

Wird der Stadtrat übergangen?

„Der Leipziger Stadtrat wurde zum Moratorium informiert – aber an der Kriteriendefinition sowie der Priorisierung maßgeblicher Projekte nicht hinreichend beteiligt. Eine transparente und auf Fakten gestützte Priorisierung ist längst überfällig und muss endlich mit Einbindung des Stadtrates erfolgen. Entscheidungen über die Zukunft der Stadt dürfen nicht in den Hinterzimmern eines Einzelnen fallen, sondern gehören in den demokratisch legitimierten Stadtrat und die Öffentlichkeit“, heißt es im Antrag.

In der Aktuellen Stunde soll die Stadtverwaltung in der Aktuellen Stunde transparent darlegen, welche Projekte betroffen sind, wie Ausnahmen begründet werden und nach welchen transparenten Kriterien die Priorisierung erfolgt.

„Außerdem sollen mit Blick nach vorn Wege und Vorschläge diskutiert werden, wie die Haushaltskrise abgewendet werden kann, welche Handlungsspielräume bestehen und mit welchen Maßnahmen mittelfristig Investitionen gesichert und die Zukunftsfähigkeit der städtischen Infrastruktur gewährleistet werden können“, so die Grünen. „Außerdem soll die Verwaltung erläutern, wie und wann der Stadtrat und die Öffentlichkeit in die weiteren Entscheidungen eingebunden werden.

Die Aktuelle Stunde soll dazu beitragen, die aktuelle Situation offen, transparent und zukunftsorientiert zu diskutieren und dem Stadtrat als demokratisches Gremium die nötige Mitsprache zu garantieren.“

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