Es ist schon erstaunlich, wie im Neuseenland manchmal mit Geld jongliert wird. Die Grünen hatten mit ihrer Anfrage zum Wassertouristischen Nutzungskonzept (WTNK) ja nicht nur nach Umweltverträglichkeitsprüfungen gefragt. Sie wollten auch gern mal eine Übersicht über das, was da alles gebaut wurde - und was noch gebaut werden soll. Denn wie teuer das Ganze wird, das steht ja nirgendwo zu lesen.

Die Leipziger erfahren dann und wann ein paar Einzelsummen, wenn wieder ein Projekt geplant oder fertig ist. Dass aber der Gewässerverbund mit seinen sieben, wahlweise acht Wasserkursen eigentlich ein Großprojekt ist, das nur relativ lange braucht, bis es im Einzelnen umgesetzt ist, das geht eher unter im Tagesgeschäft.

“Welche Maßnahmen wurden bereits auf Grundlage des WTNK ausgeführt und welche sind noch geplant?”, haben die Grünen also gefragt und sich eigentlich eher eine Gesamtauflistung aller Maßnahmen gewünscht. “Was kosten diese Maßnahmen nach Einzelprojekten aufgeschlüsselt?”

Die Gesamtauflistung haben sie nicht bekommen. Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal: “Im Ergebnis des WTNK wurden acht Kurse entwickelt, zu deren Realisierung bauliche Maßnahmen notwendig waren bzw. sind. Sie wurden im WTNK tabellarisch erfasst und Umsetzungsstrategien sowie -zeiträume angegeben. Insgesamt wurden in der damaligen Konzeption über 900 Einzelmaßnahmen bewertet. Aufgrund dieser Komplexität und der zur Vorbereitung und Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit kann eine Zusammenstellung aller Einzelmaßnahmen nicht ohne weiteres erfolgen.”

Also listet er die Entschlammung des Floßgrabens auf (die eigentlich auch eine bautechnische Ertüchtigung war), die sich Leipzig und Markkleeberg 2 Millionen Euro haben kosten lassen.

Die Schleuse Cospuden fiel mit 1,67 Millionen Euro in die Statistik.

Die Schleuse Connewitz war dann schon 3 Millionen Euro teuer.

Die Außenmole Stadthafen (die eben noch lange nicht das von der Stadt gewünschte Hafenbecken ist) war 5,3 Millionen Euro teuer.

Der Störmthaler Kanal, der Markkleeberger und Störmthaler See verbindet, kostete samt Kanupark-Schleuse 5,2 Millionen Euro.

Der Kanupark selbst schlug mit rund 5 Millionen Euro zu Buche.

Das neue Kanalstück zwischen Lindenauer Hafen und Karl-Heine-Kanal kostet 10 Millionen Euro.

Der Anschluss des Karl-Heine-Kanals an den neuen Kanal zum Lindenauer Hafen. Foto: Marko Hofmann
Der Anschluss des Karl-Heine-Kanals an den neuen Kanal zum Lindenauer Hafen. Foto: Marko Hofmann

Heiko Rosenthal listet dann noch zwei Abschnitte des Elstermühlgrabens auf, die mit 12,6 Millionen Euro zu Buche schlagen. Über den Elstermühlgraben soll künftig mal der Kurs 3 über den Elstermühlgraben und die Weiße Elster nach Halle führen. Ursprünglich sollte das 2016 schon funktionieren, wird aber so vor 2020 nicht möglich sein, denn die Offenlegung des Elstermühlgrabens entwickelt sich zum Jahrhundertprojekt. 2014 meinte Rosenthal noch, dass man den letzten Bauabschnitt vielleicht bis 2018 schaffen könnte, doch in seiner Antwort an die Grünen steht jetzt das Jahr 2020 mit der Kostennote von 18,5 Millionen Euro.

Und ein fröhliches Paddeln nach Halle wird es dann sowieso nicht geben, denn Bereiche der Weißen Elster sind hinter Leipzig in der Brutsaison gesperrt. Und schon hinter der Eisenbahnbrücke beginnen die ersten Untiefen, denn die Weiße Elster ist in diesem Bereich noch weitgehend naturbelassen.

Die geplante Wasserschlange, die die Pleiße ab 2018 (frühestens) mit dem Markkleeberger See verbinden soll, hat der Umweltbürgrmeister mit 15 Millionen Euro in die Liste aufgenommen.  Hier hofft man noch auf so genannte §4-Mittel des Freistaates.

Der Hartkanal (einschließlich Schleuse) taucht hier für 10 Millionen Euro auf, was freilich Schnee von gestern ist. Allein die Bodenverdichtung vor dem Beginn der Kanalbauarbeiten kostet 12,6 Millionen Euro. Mit den Kanalbaumaßnahmen zusammen kommt allein dieses Projekt auf 21,7 Millionen Euro.

Da ist es schon erstaunlich, dass die Stadt Leipzig augenscheinlich die nächsten Investitionen schon plant am Lindenauer Hafen. So den Durchstich vom Hafen zum existierenden Teilstück des Elster-Saale-Kanals samt Neubau der Lyoner Brücke ab 2018 für 8,5 Millionen Euro und den Bau einer Marina für 2,7 Millionen Euro. Jüngst verlautete aus der Stadtverwaltung noch, dass die Marina nur von möglichen Investoren gebaut werden soll, jetzt steht wieder Leipzig als Investitionspartner mit in der Tabelle.

Und noch verblüffender ist, dass Leipzig nun augenscheinlich selbst plant, den Stadthafen für 3,9 Millionen Euro im Jahr 2019 auszubauen, auch das ein Projekt, das ursprünglich durch private Investoren umgesetzt werden sollte. Überall da, wo die Stadt eigentlich darauf spekuliert hat, dass die entstehende Gewässerlandschaft auch Investoren lockt, die hier eine Chance sehen, richtig Geld zu verdienen, geht die Stadt jetzt immer mehr in Vorleistung. Was ja wohl auch heißt, dass die erwartbaren Renditen aus den Investitionen am Wasser nicht so hoch sind, dass mögliche Investoren auch nur ans Investieren denken.

Was natürlich die Frage aufwirft: Wie schmal ist eigentlich der Grat, auf dem man hier wandelt, wenn es um Versprechen von wassernaher Tourismuswirtschaft geht? Eine Studie der IHK von 2012 jedenfalls hat im Grunde gewarnt vor der unbegründeten Hoffnung, mit Großprojekten im Tourismus im Neuseenland das Geld jemals wieder einspielen zu können.

Egal, welche Studie oder Befragung zum Thema man studiert: Es läuft alles auf einen sanften, umweltverträglichen und zurückhaltenden Tourismus im Neuseenland hinaus.

Die Bürgerbefragung zur “Charta Leipziger Neuseenland” hat danach gefragt.

Damit beschäftigen wir uns morgen an dieser Stelle.

Die gesamte Antwort zur Grünen-Anfrage zum WTNK.

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