Was passiert aber, wenn der Landkreis Leipzig die Straßenbahn Linie 9 nach Markkleeberg kappt? Werden die Leipziger sich umgewöhnen und künftig mit der S-Bahn ins Neuseenland fahren, am Bahnhof Markkleeberg in den Bus umsteigen und von dort an die Seen reisen? Oder versuchen die Planer nur der völlig ungelösten Frage auszuweichen: Was wird aus der Zonengrenze? Wir haben den Verantwortlichen unsere Fragen gestellt ...

Auch die Seen-Anbindung ist vor allem aus Markkleeberger Sicht gedacht. Wie soll sich die Seenanbindung aber für die Leipziger verbessern?

Antwort der Planer: “Die Seenanbindung ist nicht ausschließlich für die Markkleeberger geplant. Sondern für Markkleeberger, Leipziger und ihre Gäste.”

Da haben wir wohl ein bisschen eine wunde Stelle erwischt. Dabei haben sich die Planer vom MDV aus ihrer Sicht richtig viel Mühe gegeben. Die Seenerschließung bindet sich künftig direkt an die S-Bahn an. Bitte umsteigen, heißt es also.

Die Anbindung des Cospudener Sees

Zum Nordstrand kommt man wie bisher mit dem Bus Linie 65, von Großzschocher am Nordufer entlang bis zum S-Bahnhof Markkleeberg. Im Sommerhalbjahr fährt zusätzlich die Linie 79.

Der Hafen Pier 1 in Zöbigker am Südufer des Sees ist bis jetzt nicht direkt angebunden, der Bus 107 Richtung Zwenkau hält ein Stück weg. Den Rest des Weges muss man zu Fuß zurücklegen. Auch das ein Grund, warum Hunderte Leipziger an den Wochenenden lieber mit dem Auto hinfahren und in Markkleeberg-West und Zöbigker ein ordentliches Parkchaos verursachen.

Künftig soll der Hafen Zöbigker an die S-Bahn in Markkleeberg-Bahnhof und Markkleeberg-Großstädteln im Halbstundentakt mit der im vorgelegten ÖPNV-Konzept mit dem neu geplanten Bus 106 angebunden werden. Aus Sicht der Planer eine deutliche Verbesserung der Anbindung für Markkleeberger, Leipziger und deren Gäste.

Die Anbindung zum Markkleeberger See erfolgt weiter mit der Linie 11, die aber schon 400 Meter vom See entfernt endet. Die LVB wollten sie zwar bis zum See verlängern (und OBM Karsten Schütze möchte es eigentlich auch), aber der Markkleeberger Stadtrat hatte sich im März 2012 mit knapper Mehrheit – 10 Ja-Stimmen, 12 Nein-Stimmen – dagegen entschieden.

Also gibt’s auch hier künftig eine Busanbindung an die S-Bahn, die Montag bis Samstag im 30-Minuten-Takt verkehrt und sonntags im 60-Minuten-Takt ab S-Bahnhof Markkleeberg. Auch am Endpunkt der Linie 11 kann man in die Stadtlinie umsteigen.

Nach Auenhain, zwischen Markkleeberger und Störmthaler See gelegen, führen bislang nur die Linien 141, 142 und 171 von Montag bis Freitag, was ja am Wochenende niemandem nutzt. Künftig soll es im 1-Stunden-Takt eine Busverbindung ab S-Bahnhof Markkleeberg geben.

Und was passiert jetzt mit der Tarifzonengrenze?

Und wenn man an die Linie 11 denkt, kommt einem die ganze Nutzlosigkeit des Markkleeberger Zipfels in den Sinn. Selbst Markkleebergs CDU-Stadtrat Oliver Fritsche hatte zuletzt bemängelt, dass die Tarifgrenze für die zwei letzten Stationen der Linie 11 einfach sinnlos ist.

Wurde über eine Verschiebung der Tarifgrenze nachgedacht? Und wenn nein: Warum nicht?

Das ist die Frage, bei der uns die für die ÖPNV-Planungen Verantwortlichen am gründlichsten ausgewichen sind.

Ihre Antwort: “Markkleeberg ist eine eigenständige Stadt mit demnächst deutlich ausgeweitetem Angebot. Die Wirtschaftlichkeit des Verkehrsangebotes unterstellt auch Einnahmen der Fahrgäste, die nicht unter den derzeitig erzielten Einnahmen liegen sollten. Für das Gebiet des Gewerbegebietes Wachau wird eine tarifliche Lösung diskutiert.”

Womit eigentlich alles offen liegt. Man hat eine Straßenbahnanbindung von Markkleeberg-Ost und Markkleeberg-West an Leipzig einfach nicht durchgerechnet, denn dazu hätte gehört, die Auslastung der Linien auch mit einer Aufhebung der überflüssigen Tarifgrenze zu rechnen. Viele Leipziger (und wohl auch Markkleeberger) nutzen die Straßenbahnen nicht, weil sie selbst für den letzten Zipfel noch einmal ein Ticket lösen müss(t)en. Bei den zwei letzten Stationen der Linie 11 ist es besonders offensichtlich.

Aber auch die durch die gerade einmal vier Stationen von der Tarifhaltestelle Forsthaus Raschwitz bis nach Markkleeberg-West entstehenden Mehrkosten haben Auswirkungen. Viele Markkleeberger fahren mit dem Fahrrad zum Forsthaus Raschwitz, stellen ihr Fahrrad dort ab und fahren mit dem Ticket für Zone 110 nach Leipzig. Und am Abend auf dem Heimweg das gleiche in die andere Richtung. Da kann man sich dann natürlich über sinkende Fahrgastzahlen innerhalb Markkleebergs wundern …

Weswegen die Frage völlig ungeklärt ist, ob nicht tatsächlich mehr Fahrgäste in den Bahnen sitzen würden, wenn nicht am Forsthaus Raschwitz und am Straßenbahnhof Dölitz eine eindringliche Stimme mahnen würde: Sie verlassen das Tarifgebiet der Stadt Leipzig. Prüfen Sie mal, ob ihr Ticket noch gültig ist.

Die ausweichende Antwort zeigt recht deutlich, dass die Zonengrenzen vor allem in den Köpfen der verantwortlichen Politiker noch immer wie festgemauert stehen.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Es gibt 2 Kommentare

Der Punkt ist, dass für die vier Haltestellen nur sehr wenige nochmals 1,50 Euro abdrücken wollen. Ich habe das auch schon gemacht für die Strecke, die man noch so einigermaßen auch zu Fuß laufen kann.
Die Einnahmen durch solche Anschlussreisende werden sehr überschaubar sein, bestimmt keine 100 Euro am Tag.
Hingegen wird die Nenngröße x riesig sein, wenn die Leute schon in Leipzig einsteigen können. Hier werden gänzlich neue Einzelfahrkarten gekauft werden und – ich bin mir da sicher – als Werbeeffekt auch eine gewisse Zahl neuer Abos.

Wieso fragt eigentlich keiner, warum das 10 km entfernte Grünau in derselben Tarifzone 110 liegt?

(So, wie die LVB sich ihre Tarifzone 110 eingerichtet haben, ist es Murks. Aufgrund der Größe der TZ 110 liegt der Einzelfahrpreis so hoch bei trotzdem nur 60 Minuten Gültigkeit. In einer Stunde kann man die TZ 110 aber nicht durchqueren, der Grünauer kann seine Paunsdorfer Oma nicht besuchen kommen, ohne viermal zu zahlen. – Aber die LVB wären sowieso eine ganz eigene Großbaustelle.)

Verschiebe ich die Tarifgrenze zur Endstelle in Markkleeberg, dann steigen die jetzt mit dem Fahrrad zum Forsthaus fahrenden Personen schon eher ein, ist die Logik. Heißt, ich kann mehr Fahrgäste in Markkleeberg zählen. Heiß aber auch, ich kann daraus keinen Cent mehr Einnahmen gewinnen. Im Gegenteil, ich verliere die durch die jetzige Tarifgrenze bedingten Mehreinnahmen der Anzahl von Fahrgästen, die derzeit von und bis über die Tarifgrenze fahren. Es müssten daher, um nicht noch zusätzliche Verluste zu generieren, eine Anzahl x kompletter Neukunden für die Straßenbahn gewonnen werden, deren Ticketeinnahmen dies kompensieren. Und für wieviele Leute ist die Frage der durch die Tarifgrenze bedingten Mehrkosten der tatsächliche Entscheidungsgrund, die Straßenbahn zu nutzen oder den PKW?

Schreiben Sie einen Kommentar