Es gab mal Zeiten, da war die Benennung von Flughäfen nach großen Politikern mal ein Zeichen für Moderne und Weltoffenheit. Aber in Zeiten des Klimawandels hat sich die Wahrnehmung längst gründlich geändert. Trotzdem gibt es seit geraumer Zeit Bemühungen, auch dem Flughafen Leipzig / Halle einen Politikernamen zu verpassen. Noch schwebt dazu ein Freibeuter-Antrag im Verfahren. Nun macht eine Petition einen (weiteren) Gegenvorschlag.

„Wir haben über die Stadt Leipzig eine Petition in Erwägung gebracht unter den Namen ‚Airport Leipzig/Halle Umbenennung in Christian Führer Airport‘“, schreiben Daniel und Ronny Würfel aus Groitzsch. Ihrer Ansicht nach sollte der Airport einen Namen haben, „der mit Leipzig einen Bezug hat“ und keinen Namen bekommen, wie ihn der Vorschlag „Anton Wilhelm Amo“ beinhaltet. Der habe mit der Stadt Leipzig nichts zu tun. Man sollte lieber Pfarrer Christian Führer die Ehre erweisen, der auch noch „ein Original für diesen Freistaat ist“. 

Die Online-Petition findet man auf der Homepage der Stadt Leipzig.

Amo oder doch lieber Genscher?

Der Vorschlag, den Flughafen nach Anton Wilhelm Amo zu benennen, kommt aus Halle. „Anton Wilhelm Amo gilt als erster und über sehr lange Zeit einziger afrodeutscher Akademiker. Er studierte in Halle und in Wittenberg, wo er 1734 auch promoviert wurde“, kann man z.B. auf der Homepage der Uni Halle nachlesen.

„Seine Hallenser Disputation widmete sich der Rechtsstellung Schwarzer Menschen in Europa (De iure Maurorum in Europa), die Wittenberger Dissertation dem Leib-Seele-Thema (De humanae mentis apatheia). Amo wirkte dort, sowie ab 1736 in Halle und im Jahre 1739 in Jena als Dozent der Philosophie.“

Es wäre also eine besondere Würdigung.

Aber Daniel und Ronny Würfel verweisen auch auf den noch laufenden Antrag im Leipziger Stadtrat, den die Freibeuter-Fraktion eingebracht hat. Die hatte – einmal mehr – vorgeschlagen, der Oberbürgermeister solle sich in den entsprechenden Gremien darum bemühen, dass der Flughafen den Namen „Hans-Dietrich-Genscher-Flughafen“ bekommt.

In Leipzig wird das nicht entschieden

Was die Verwaltung in ihrer Stellungnahme schon abgelehnt hat, denn der Flughafen liegt nicht auf Leipziger Stadtgebiet und gehört größtenteils den beiden Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt. Leipzig ist zwar mit einem winzigen Prozentsatz auch beteiligt. Aber die Benennung dieses stark subventionierten Flughafens ist nun einmal ein Politikum.

„Der Neutralitätskonsens hat geholfen, Diskussionen um die Verdienste von Vertretern des Staates und der politischen Parteien als politische Diskussionen und nicht in außerpolitischen und sachfremden Zusammenhängen zu führen“, stellt das Dezernat Wirtschaft, Arbeit und Digitales in seiner Stellungnahme fest.

„Benennungen von Einrichtungen und Infrastrukturen zur Auszeichnung und Ehrung sind auf die lokale Ebene beschränkt. Dass sogar lokal die Kontroversen um Namensgebungen der Vergangenheit und daraus folgende Umbenennungen zunehmen, belegt den Wert des Neutralitätskonsenses für die politische Kultur in Deutschland insgesamt.“

Erfolgsaussichten gelten als gering

Dass Hans-Dietrich Genscher (1927-2016) seine Verdienste auch um die Deutsche Einheit hat, stellt das Dezernat gar nicht infrage: „Auch wenn für die Benennung des Flughafens Leipzig/Halle ein Staatsmann und Politiker vorgeschlagen wird, der im aktuellen regionalen Ansehen weitgehend unumstritten als verdienstvoll betrachtet wird.

Es entsteht hier eine zusätzliche und notwendige, mit Dissens verbundene Debatte, die nicht durch aktuelle politische Aufgaben getrieben ist, sondern vielmehr wichtigeren politischen Diskussionen die erforderliche Aufmerksamkeit nimmt. – Auch die Mitteldeutsche Flughafen AG sieht für einen Antrag zur Namensänderung des Flughafens geringe Aussicht auf Erfolg in ihren Gremien. Bereits vor fünf Jahren sei ein vergleichbarer Beschluss in der Gesellschaft abgelehnt worden. Seitdem habe sich die Sachlage nicht verändert. Die Kosten einer Umbenennung seien beträchtlich.“

Ob der 2014 verstorbene Christian Führer glücklich darüber wäre, dass ausgerechnet ein Frachtflughafen nach ihm benannt wird, dessen rigider Ausbau rundum für heftige Kontroversen sorgt und der mit seinem nächtlichen Frachtumschlägen geradezu Symbol für eine rücksichtslose Globalisierung geworden ist, darf man bezweifeln.

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Keine Kommentare bisher

Wie wäre es, wenn man anstatt umweltschädlichen Verkehrsmittelgebäuden umweltfreundlichen Betriebshöfen einen Namen verpasst? Also Busbahnhöfen, Straßenbahnhöfen oder gar dem Leipziger Hauptbahnhof?
Woher kommt diese merkwürdige Angewohnheit, man müsse einem Flughafen einen separaten Namen verleihen?

Im Übrigen würde ich mutmaßen, wäre Herr Führer heute nicht sonderlich glücklich, wenn man einen Flughafen nach ihm benennen würde…

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