KommentarDer unschönste Nebeneffekt des Wahlergebnisses am Sonntag ist der sich deutlich abzeichnende Trend, dass einem plötzlich wieder Wessis direkt und via Medien den Ostler erklären. Der Ossi in seiner ganzen Unmündigkeit, Passivität und Nichtbereitschaft zur Verantwortungsübernahme wird da ohne Not in den Netzwerken aufs Tableau gezerrt und an den Pranger gestellt. Es ist an Einseitigkeit nicht minder peinlich als das, was bei PEGIDA und AfD abgeht.

Ich muss vermutlich niemandem mehr erklären, was ich von beiden letzten genannten Vereinigungen halte, das tue ich seit Jahren, aber diese unverhohlene Großspurigkeit und Pauschalisierung, die jetzt durch den sich vermeintlich geoutet habenden rechten Osten seitens mancher Erklärbären jenseits Marienborn und Eschwege zutage tritt, ruft bei mir eine Riesenwiderspruchshaltung hervor.

Merkt denn keiner, dass der größte Fehler auf allen Seiten eine als äußerst anmaßend empfundene Belehrungsmentalität des Andersdenkenden ist? Der Wessi erklärt dem Ossi was: Marktwirtschaft, Marktwirtschaft, Marktwirtschaft, Fresse halten gegenüber Chefs, ansonsten flexible und mobil sein.

Die Politik erklärt den Bürgern was: nicht rauchen, nicht fluchen im Internet, nett zu Ausländern sein … Jetzt erklärt der Sachse der bestehenden Parteienlandschaft den Krieg und gleich noch sein seltsam konservatives, in vielen Fällen seltsam selbstgerechtes Weltbild mit dazu.

Oder tun das am Ende sogar alle?

Es bleibt schwierig. Aber jetzt möglichst viele Schuldzuweisungen vorzunehmen und einander weiter zu belehren, halte ich für den komplett irrigen Weg. Es genügt auch nicht, miteinander „im Gespräch zu bleiben“. Wir müssen alle miteinander leben. Nicht mehr, aber schwieriger Weise auch nicht weniger.

Guten Morgen nach rechts und nach links, nach oben und unten.

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