Es mag ja hier und da umstritten sein, wenn antifaschistische Bewegungen ein wenig Glitter auflegen, sich die Gesichter schminken oder ein Kopfkissenbezug zur Gespensterverkleidung wird. Den 200, die heute ab 16:30 Uhr von der HTWK bis auf den Leipziger Augustplatz zogen, schien es Spaร zu machen, den mitlaufenden Kindern ebenfalls. Spuk auf Rechts erlebte seine zweite Auflage und blieb, wie zu erwarten war, natรผrlich allseits friedlich. Wรคhrend die Polizei die Kreuzungen jeweils kurz freihielt, drรถhnte es auf der Karl-Liebknecht-Straรe und im Zentrum โNo Nations, no Borderโ und โNazis rausโ. Auf den Zwischenkundgebungen ging es unter anderem um das โHausโ der Identitรคren Bewegung Halle.
Ganz unpolitisch geht es natรผrlich auch an Halloween nicht, wenn die Initiative โAntifaschistische Herzigkeitโ zur jรคhrlichen Geisteraustreibung ruft. So konstatierte ein Sprecher des StuRa der Universitรคt Leipzig auf der Zwischenkundgebung am Peterssteinweg nicht nur auf den kalten Herbstabend bezogen: โAuf den Straรen weht ein kalter Wind. Der kalte Wind zieht schon lรคnger durch die deutschen Innenstรคdte. Nicht nur die Bรคume werden immer brauner, auch unsere Straรen werden immer weiรer. Denn immer mehr vรถlkische Schreckgespenster trauen sich auf die Straรen. (โฆ) Sie haben es geschafft, sich in unsere Parlamente zu schleichen.โ Zu lange habe man zugesehen, so der Sprecher Richtung AfD (siehe Video).
Ein Zeichen dieser inner- wie auรerparlamentarisch erstarkenden rechtsnationalen Krรคfte sind dabei auch die vom Verfassungsschutz beobachteten โIdentitรคrenโ, welche sich seit dem 6. Juni 2017 in der Leipziger Nachbarstadt Halle/S. in einem eigenen Haus niedergelassen haben. Darauf wies eine Sprecherin der dortigen Initiative โKick them outโ hin. Lรคngst gรคbe es um den โRรผckzugsortโ fรผr Rechtsextreme massive Auseinandersetzungen, an ersten Demonstrationen gegen die neue IB-Zentrale der โKontrakultur Halleโ in Sachsen-Anhalt hรคtten 800 bis 900 Menschen teilgenommen.
Eindringlich ihr Appell, nicht tatenlos dabei zuzusehen, wie sich dabei in aller Ruhe eine โintellektuelle Rechteโ aufbaut. So skizzierte sie Strukturen zwischen dem Treffpunkt der Neuen Rechten um Verleger Gรถtz Kubitschek auf dem sachsen-anhaltischen Rittergut Schnellroda, der Halleschen Burschenschaft HLB Germania und gewaltbereiten Neonazis rings um den Standort (siehe Video). In Sprechchรถren kritisierten die Demonstranten anschlieรend im Leipziger Zentrumdie derzeitige Abschiebepolitik und das bekannte โAlerta, alerta, Antifaschistaโ fehlte auch dieses Mal nicht.
Das Anliegen hatten die Initiatoren bereits im vergangenen Jahr zusammengefasst: โWir wollen den vรถlkischen Konsens problematisieren: Vรถlkisches Denken bedeutet Rassenideologie, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Gewalt. Wir wollen aber auch รผberlegen, wie der Spuk beendet, der Geist des Vรถlkischen vertrieben werden kann und gemeinsam eine entschiedene Antwort auf ihn finden.โ
Damit der Spaร bei all der Suche nicht zu kurz kam, gab es zwischendurch natรผrlich auch Kรผrbissuppe und den einen oder anderen Kaffee auf der Strecke einer Demonstration, welche 19 Uhr โ Zettel an die stehenbleibenden Passanten verteilend โ auf dem Augustusplatz endete.
Obwohl es noch im Aufruf auch um Polizeigewalt gegangen war, blieb dieses Thema am heutigen 31. Oktober ebenso aus, wie Vorfรคlle aus der Demonstration heraus. Am Ende konnte Demo-Anmelderin Irena Rudolph-Kokot vom Bรผndnis โAntifaschistische Herzigkeitโ festhalten: โHeute haben wir uns auch mal bei der Polizei zu bedanken.โ So wie man sonst auch kritisiere, kรถnne man heute positiv hervorheben, dass unnรถtige Personenkontrollen und andere Schikanen unterblieben und alles gut verlaufen ist. Zumindest einen schlechten Geist haben die Teilnehmer also heute schon mal vertreiben kรถnnen.
Impressionen von der Demo & Ansprachen auf der Zwischenkundgebung
Quelle: L-IZ.de (teils sind auch einfache Passanten und an der Haltestelle Wartende zu sehen)
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
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