Am 7. November machte der ungarische Ministerpräsident Victor Orbán auch Station im Land der Kaffeesachsen. Auf Schloss Eckberg bei Dresden traf man sich zum Mittagsplausch. Die Rechnung über fast 2.000 Euro übernahm am Ende die Staatskanzlei. Aber was dieser Nicht-Staatsbesuch eigentlich sollte, versuchten die Grünen und Linken in eben dieser Staatskanzlei zu erfahren. Irgendwas mit Luther scheint’s gewesen zu sein.

Die Grünen sind ja nicht unbedingt so neugierig, weil sich Noch-Ministerpräsident Stanislaw Tillich mit Orbán traf. Das hätte er ganz offiziell auch in Dresden machen können. Man hätte über neue Wirtschaftskontakte sprechen können oder bessere Schienenverbindungen. Immerhin ist Ungarn ja derzeit nicht nur auf einem seltsamen Kreuzkurs zur EU – es holt jetzt gar die Chinesen ins Land, um ihre Wirtschaft anzukurbeln, die diese Einladung natürlich annahmen.

Aber so richtig handfeste Themen gab es beim von 49 Polizisten bewachten Mittagessen auf Schloss Eckberg nicht, wie die Grünen nun aus zwei Antworten aus der Staatsregierung erfahren. Denn dass Arnold Vaatz und Frank Kupfer dabei waren, hatte erst recht infrage gestellt, dass das ein irgendwie offizielles Regierungstreffen war. Beide sind keine Regierungsmitglieder.

„Die Staatskanzlei hat sichtlich Mühe, eine plausible Begründung für die Teilnahme von CDU-Fraktionschef Frank Kupfer und des CDU-Bundestagsabgeordneten Arnold Vaatz am Mittagessen zurechtzubiegen. Sie konstruiert einen Zusammenhang biographischer und geographischer Bezüge, um damit deren Einladung als gerechtfertigt erscheinen zu lassen“, erklärt Volkmar Zschocke, Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag. „Für mich bleibt dieser Termin eine Vermischung von Staats- und Parteigeschäften.“

Die Teilnahme von Frank Kupfer am Mittagessen wird nun damit begründet, dass er mit der Region Torgau das „politische Zentrum der Reformation“ verträte. Zur Teilnahme des Bundestagsabgeordneten Arnold Vaatz wird nun neu darauf verwiesen, dass der Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten in Vaatz’ Wahlkreis stattgefunden hätte.

Außerdem sei Vaatz Träger des Ungarischen Verdienstordens.

Zu den besprochenen Themen gab Fritz Jaeckel, der Leiter der Staatskanzlei, folgende Auskunft: „Im Fokus des Treffens standen neben der Regierungsbildung in Deutschland die wirtschaftliche, wissenschaftliche sowie europäische Zusammenarbeit, die historisch gewachsenen Beziehungen zwischen Sachsen und Ungarn sowie die Bezüge zum Reformationsjubiläum.“

Also nichts Konkretes. Nichts, was den ganzen Aufwand in irgendeiner Weise begründet hätte. Wäre Orbán mit seiner mehr als nur konservativen Politik nicht schon lange in der Kritik, hätte man das Treffen vielleicht wirklich als Präsentationstreffen auf Regierungsebene abhaken können. Doch wenn sich der sächsische Ministerpräsident mit einem Mann trifft, der so offensichtlich auch demokratische Institutionen schädigt, ist das ein Zeichen. Ein falsches. Und – wie es die Grünen sehen – die Vermengung von Partei und Staat auf eine sehr seltsame Weise.

„Zusätzlich zu den Kosten für die Organisation des Treffens und für das Mittagessen waren durch den Besuch von Herrn Orbán insgesamt 49 Polizeibedienstete von 10 bis 14:30 Uhr gebunden. Es darf bezweifelt werden, dass der Mittel- und Ressourceneinsatz insgesamt diesem angeblich ‚kleinen Protokoll‘ angemessen war“, kritisiert Zschocke.

Und auch die Linksfraktion hatte sich für dieses kurzfristig anberaumte Treffen interessiert.

Die Antworten aus der Staatskanzlei kommentiert Rico Gebhardt, Vorsitzender der Linksfraktion, mit den Worten: „Von einem ‚privaten‘ Besuch ist praktisch nichts übrig geblieben, weil alles über die Staatskanzlei organisiert und bezahlt wurde. Zukünftig sollte man auf Formulierungen wie ‚privater Besuch‘ verzichten. Das war nur irreführend und erhöht die Unglaubwürdigkeit der Politik, unter der wir dann alle zu leiden haben.“

Das Essen kostete nach Angaben von Staatskanzleichef Dr. Jaeckel 1.998,40 Euro und wird aus dem Titel „Ausgaben aus Anlass von Besuchen ausländischer Staatsoberhäupter und Regierungschefs sowie deren Stellvertreter“ beglichen. Es sei laut Jaeckel nicht vorgesehen, der CDU Sachsen Kosten in Rechnung zu stellen.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

“Das Essen kostete nach Angaben von Staatskanzleichef Dr. Jaeckel 1.998,40 Euro”

Da war aber dann hoffentlich die Verpflegung für die 49 Polizisten mitgerechnet, die drei Männlein können doch unmöglich 2000€ verfuttert haben?!?

Schreiben Sie einen Kommentar