Obwohl es ein sehr schnelles Programm ist für sächsische Verhältnisse, werden es die meisten sächsischen Kommunen nicht schaffen, ihre Projekte aus dem Programm „Brücken in die Zukunft“ bis 2018 abzuschließen. Das hat auch Gründe in der vollausgelasteten sächsischen Bauwirtschaft, die eben nicht einfach mal so noch 2.126 Projekte für 671 Millionen Euro unterbringt. Jetzt zeigt sich gar der Rechnungshof besorgt über die einzuhaltende Frist.

Zur Vorstellung des „Jahresberichts 2017 − Band II Kommunalfinanzen“ durch den sächsischen Rechnungshofpräsidenten am Donnerstag, 7. Dezember, erklärt Franziska Schubert, die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion: „Auch dieser Jahresbericht benennt akute, aber auch schon lange bekannte Handlungsfelder. Hinzu kommt, Sachsens Kommunen entwickeln sich langsamer als der bundesweite Durchschnitt und auch langsamer als die Kommunen der ostdeutschen Flächenländer.“

Karl-Heinz Binus, Präsident des Sächsischen Rechnungshofs, kritisierte zum Beispiel, dass die Investitionstätigkeit in Sachsens Kommunen trotz Vorjahressteigerung im bundesweiten Vergleich weiter unterdurchschnittlich ist: „Sachsen investierte weniger als der Durchschnitt der Flächenländer und bleibt damit gegenwärtig noch hinter den Erwartungen zurück. Dies betrifft vor allem den kreisangehörigen Raum, dessen Sachinvestitionen seit 2011 rückläufig sind.“

Das hat direkt mit der schlechteren Ausstattung der Kommunen mit Eigenmitteln zu tun – Ergebnis der von Finanzminister Georg Unland (CDU) betriebenen Austeritätspolitik. Die Finanzausstattung ist so dünn, dass die Kommunen 500 Millionen Euro an Fördermitteln einfach nicht fristgerecht abrufen konnten oder erst gar keine Förderanträge dafür stellten.

„Die kommunalen Investitionen hinken trotz des Investitionsprogramms ‚Brücken in die Zukunft‘ mehrere Jahre hinter dem bundesweiten Durchschnitt her“, erklärt Franziska Schubert. Sächsischen Kommunen stehen über das Programm für 2016 bis 2020 insgesamt 800 Millionen Euro zur Verfügung. Ein Teil des Geldes kommt vom Bund. „Bis 30. Juni 2017 wurden lediglich 6,5 Millionen Euro an sächsische Kommunen ausgezahlt. Sie haben kaum eine Chance, das Geld fristgerecht auszugeben, wenn es bei der jetzigen Umsetzungsfrist bleibt. Zahlreiche gesetzliche Vorgaben, Ausschreibungsverfahren und Bauplanungen sind zu beachten. Gleichzeitig sollen die Städte und Gemeinden die Baumaßnahmen bis Ende 2018 abgerechnet haben. Das ist nicht machbar. Der Bund hat bereits im Sommer 2016 seinen Fehler korrigiert und die Umsetzungsfrist bis 31. Dezember 2020 verlängert. Die Staatsregierung hält hingegen am 31. Dezember 2018 fest. Damit wird den sächsischen Kommunen vom Land verwehrt, das Bundesgeld für notwendige Investitionen einzusetzen. Sachsen muss die Umsetzungsfristen an die kommunale Wirklichkeit anpassen.“

Nach Informationen von Dirk Panter, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, wird es diese Fristverlängerung auch im Land geben. „Es wäre ein Unding, wenn wir es nicht genauso machen wie der Bund“, sagt er, „wenn jetzt schon absehbar ist, dass die Projekte gar nicht in der Frist fertig werden können.“

Das Problem: Damit der Freistaat die Förderung beim Bund abrufen kann, müssen Baumaßnahmen erfolgt sein, die die Kommunen gegenüber dem Freistaat abrechnen können. Das geht nur, wenn die Bauaufträge erteilt und Projekte tatsächlich umgesetzt sind.

Der Freistaat hat bis jetzt nur einen geringen Anteil der Bundesmittel abgerufen. Grund hierfür ist, dass kaum eine Kommune mit ihren Bauprojekten so weit ist, dass sie diese gegenüber der Staatsregierung abrechnen kann. Und damit kann der Freistaat die Kosten auch nicht gegenüber dem Bund abrechnen. Tatsächlich wurden die meisten Fördermittelbescheide zum Projekt „Brücken in die Zukunft“ erst in diesem Jahr medienwirksam überreicht.

„Die Kommunen werden sich zu der Problematik nicht öffentlich melden, da sie laut Zuwendungsbescheid verpflichtet sind, ihre Bauprojekte fristgemäß umzusetzen“, stellt Franziska Schubert fest. „Unter anderem sorgen jedoch volle Auftragsbücher in der Baubranche dafür, dass Projekte nicht ad hoc umgesetzt werden können. Diese Problematik ist deutschlandweit bekannt und wurde vom Bund bereits durch die Verlängerung der Umsetzungsfrist bis Ende 2020 berücksichtigt. Der Sächsische Städte- und Gemeindetag hat sich nach eigner Auskunft gegenüber der Staatsregierung und den Koalitionsfraktionen dafür eingesetzt, dass diese Fristverlängerung über das Haushaltsbegleitgesetz 2017/2018 zeitnah erfolgt. Die Staatsregierung lehnt dies zurzeit allerdings ab.“

Dass Sachsens Kommunen finanziell auf dem letzten Loch pfeifen, hat mit dem Berg an Pflichtaufgaben zu tun, die ihnen von Land und Bund übergeholfen wurden, ohne immer für die finanzielle Ausstattung zu sorgen. Da laufen den Kommunen die Sozialausgaben aus dem Ruder und fressen dabei die letzten Spielräume für Investitionen auf. Auch Leipzig hätte längst viel früher seine Investitionsquote verdoppeln können, wäre die Stadt entsprechend entlastet worden.

Vor allem in den Bereichen Jugend- und Sozialhilfe wuchsen die Sozialausgaben der Kommunen weiter, ohne dass sie dafür entsprechenden Ausgleich von Landes- oder Bundesebene bekommen hätten.

„Der Rechnungshof hat in seinem Bericht benannt, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand dringend berücksichtigt werden muss“, sagt Schubert. „Wir Grünen haben bereits im Juni 2016 gefordert, die Situation zu analysieren und einen entsprechenden Ausgleich für die Kommunen zu schaffen. Die veränderte Gesetzgebung im Sozialbereich, die vor allem mit einem Mehr an Aufgaben für die Kommunen einhergeht, muss organisatorisch und personell umsetzbar sein. Es handelt sich um einen zusätzlichen Aufwand. Ich möchte meine Forderung erneuern, im künftigen Finanzausgleichsgesetz einen Soziallastenansatz zu schaffen, damit dieser strukturelle Ausgabenbereich auf kommunaler Seite ordentlich aufgefangen werden kann.“

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