Die Dresdner Polizei hat mal wieder einen Presseskandal. Am Rande des Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzten Polizisten am Donnerstag ein Kamerateam fest, das im Auftrag des ZDF die Proteste von Pegida-Anhängern filmen wollte. Dabei hatte sich ein aggressiv auftretender Demonstrationsteilnehmer bei den Beamten über die Journalisten beschwert.

Der Leipziger TV-Reporter Arndt Ginzel veröffentlichte am Samstag, 18. August, ein Video des ungewöhnlichen Vorfalls. Darauf ist ein Mann mittleren Alters mit Sonnenbrille und schwarz-rot-goldenem Fischerhut zu sehen, der sich im Pulk anderer Merkel-Gegner zu der Pegida-Kundgebung begibt. Statt die Journalisten zu passieren, bewegt er sich direkt auf die Kamera zu und blafft die Reporter rüde an. „Sie halten die Kamera direkt auf mich zu. Sie begehen eine Straftat!“

Offensichtlich kannte der mutmaßliche Rechtsextremist die Rechtslage nicht. Teilnehmer einer Versammlung dürfen nämlich von Jedermann gefilmt werden. Die Journalisten waren auch nicht verpflichtet, die Kamera abzuschalten, als sich der Mann direkt auf sie zu bewegt hatte. Wer mit TV-Reportern das Gespräch sucht, willigt konkludent ein, dabei gefilmt zu werden. Soweit die Rechtslage. Ein zweiter Mann beließ es nicht bei Worten. Er schlug mit der Hand zwei Mal in Richtung der Kamera.

Die von den Rechten herbeizitierten Beamten waren der Situation nicht gewachsen. Eigentlich hätten sie den Pegida-Anhängern die Rechtslage erklären und die Journalisten schützen müssen. So verlangen es Gesetzgeber und Rechtsprechung. Die Polizisten machten aus den Opfern Täter. Die Journalisten mussten ihre Personalien abgeben. Ginzel versuchte mit den Ordnungshütern zu diskutieren, wies auf seinen Journalistenstatus hin. „Wir gehen nicht gegen die Presse vor“, behauptete einer der Beamten.

Den Zweck der Maßnahme konnten die Polizisten auf Nachfrage erstaunlicherweise laut Videoausschnitt auch nicht erklären. „Wir überprüfen den Presseausweis“, so einer der beteiligten Beamten. Ein anderer notierte die Personalien des Kameramanns, insgesamt soll das Team zirka 45 Minuten von den Beamten beschäftigt worden sein.

Ganz offensichtlich kannten sich die Beteiligten nicht ganz im deutschen Fotorecht aus. Dies ist umso erstaunlicher, bedenkt man, dass jene Polizisten in Dresden häufig bei Versammlungen eingesetzt und dort ständig mit Journalisten konfrontiert sind. Das Kunsturheberrechtsgesetz, das das Fotografieren und Filmen in der Öffentlichkeit regelt, differenziert nämlich gerade nicht zwischen Journalisten und Drittpersonen. Kurzum: Ginzel und seine Kollegen brauchten keinen Presseausweis, um die Personen filmen zu dürfen. Dies hätte den Beamten eigentlich bekannt sein müssen.

Der Vorgang wirft die Frage auf, inwieweit sächsische Polizisten tatsächlich für die Belange der Presse am Rande rechtsextremer Versammlungen sensibilisiert sind. In der jüngeren Vergangenheit war bei vergleichbaren Veranstaltungen immer häufiger das Phänomen zu beobachten, dass Rechtsextremisten willkürlich Strafanzeigen wegen angeblicher Verstöße gegen das Recht am eigenen Bild erstatteten, um unliebsame Medienvertreter von ihren Kundgebungen fernzuhalten.

Zwar sind Polizisten in der Pflicht, Strafanzeigen aufzunehmen und Ermittlungen einzuleiten. Jedoch nur, wenn ein Anfangsverdacht besteht. Verstöße gegen das Recht am eigenen Bild setzen grundsätzlich vorher eine Veröffentlichung voraus. Das bloße Anfertigen sogenannter „Portraitaufnahmen“ ist dagegen nicht strafbar, selbst wenn die Bilder später veröffentlicht werden sollen.

Der Landtagsabgeordnete Enrico Stange (Linke) kündigte an, den Vorfall auf die Tagesordnung des Innenausschusses setzen zu wollen. „Falls sich die Vorhaltungen des Fernsehteams bestätigen, gerierte sich die sächsische Polizei wiederholt als Handlanger der Pegisiten und behinderte Journalisten bei ihrer für eine informierte demokratische Gesellschaft so unverzichtbaren Arbeit“, beklagt der Innenpolitiker.

„Dass dies zum wiederholten Male in Sachsen geschieht, scheint symptomatisch für zweifelhafte Haltung mancher Polizeibediensteter zum demokratischen Rechtsstaat und zum hohen Verfassungsgut der Pressefreiheit zu stehen.“ Die Polizei hat sich zu dem Vorfall noch nicht geäußert.

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Es gibt 6 Kommentare

Mensch Garle, unbedarfte (naive, einfältige etc.) Privatmeinungen findet man eher bei Twitter, Facebook, aus Ministermündern kommend oder x anderen Kommentarspalten als hier, sollte man vielleicht als (langjährig) aufmerksamer Leser gemerkt haben. Eigentlich hatte ich den Eindruck, dass hier das Kommentar-/Diskursniveau auf höherem Level steht, als in den meisten anderen Kommentarbereichen, also warum muss man eine Frage an die Redaktion so herablassend mit “mutmaßlich” und “unbedarft” würzen? Wünschenswert wäre zumindest, wenn sich das Miteinander hier nicht parallel zum aktuellen Elbepegel entwickeln würde . . .

In diesem Sinne allen noch einen erholsamen Sonn(en)tag.

Hallo Garle, ich hatte dann wohl vermutet, dass es einen Teilaspekt des Beitrages sei, der Fragen aufwarf oder eine gewisse Ablehnung unseres Kollegen sein könnte. Was damit ja auch geklärt wäre.

Danke M.F.

Hallo Michael Freitag,

ich hatte eine Frage gestellt und keine Vermutungen geäußert. Diese Fragen haben Sie beantwortet. Dafür Danke.

Viele Grüße

Lieber Garle, es werden alle Beiträge auf der L-IZ.de nicht von einem von uns im Alleingang publiziert, sondern vorab natürlich auch gegengelesen. Damit können wir einen großen Teil der hier geäußerten Vermutungen also ausschließen.

Weiterhin finden sich die im Artikel genannten Grundlagen im BeckOK Urheberrecht & BeckOK StPO, also in einschlägiger Fachliteratur. Weiterhin ist sicher bekannt, dass gerade die L-IZ durch häufige Demonstrationsbeobachtungen durchaus auch im Umgang mit Polizeibeamten und der beidseitigen Möglichkeiten geübt/geschult ist. In Leipzig jedenfalls kann ich mir einen Vorgang wie diesen ehrlicherweise so nicht mehr vorstellen – aber: sag niemals nie.

Ich persönlich hätte ebenfalls nach dem konkreten Vorwurf gefragt, die fehlende Antwort darauf kann man im Video sehen, welches die Kollegen online gestellt haben. Nun stellt sich aus meiner Sicht eigentlich nur noch die Frage, ob die Polizei in alle Richtungen ermittelt hat – also, falls es einen Vorwurf gegen das Presseteam gab, auch Zeugen vor Ort befragte, um einen etwaigen Verdacht zu erhärten oder auszuräumen.

Weshalb am Ende nur die Frage bleibt: Was ist an dem Beitrag unklar, was wollten Sie konkret erfragen? Dann kann ich Ihnen sicherlich auch eine Antwort bieten oder manches näher diskutieren.

Danke M.F.

Anfrage an die L-IZ:

Ist das jetzt ein faktenbasierter und wohl recherchierter, auch in seiner rechtlichen Aussage fundierter, Tatsachenbericht eines mutmaßlichen Journalisten, oder ist das M. Schölers unbedarfte private Meinung?

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