Manchmal braucht es scheinbar wirklich erst die dicke große Keule, damit konservative Politiker, die an ihrem Trab nichts ändern wollen, endlich begreifen, dass Worte wie Klimawandel keine Werbeaktion für Blümchen sind, sondern harte Realitäten, auf die man reagieren muss. Und es ist ja nicht so, dass Sachsens Umweltbehörden nicht wüssten, was dringend anders gemacht werden müsste. Aber es passiert nicht. Stattdessen gab’s ja auch im Bund wieder nur einen „Dürre-Gipfel“.

Und auch das nur, weil eine der stärksten Lobbys im Land, die der Agrarindustrie, diesmal direkt betroffen ist und entsprechend laut um Milliarden an Unterstützung durch den Steuerzahler bettelt. Was in den deutschen Medien aber deutlich schlechter ankommt als noch in der Vergangenheit. Denn zu offensichtlich ist, dass die großen Agrarverbände mitverantwortlich sind dafür, dass der Umbau der deutschen Landwirtschaft hin zu einer größeren Widerstandsfähigkeit gegen die absehbaren Wettererscheinungen des Klimawandels ausgebremst wurde.

Die deutsche Landwirtschaft in ihren exzessivsten Formen ist längst ein Teil des Problems. Entsprechend schlecht kommen die Forderungen nach Milliarden-Hilfe an.

Höchste Zeit, findet Wolfram Günther, der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im sächsischen Landtag, dass der Umbau der sächsischen Landwirtschaft jetzt endlich beginnen muss. Denn der Dürresommer 2018 passt genau ins Vorhersagebild der sächsischen Umweltbehörden. Seit Jahren warnen sie davor, dass heiße und trockene Sommer das Normalbild im aufgeheizten Sachsen sein werden. Unterbrochen vielleicht mal von Starkregenfällen oder kleinen Tornados. Was schlicht mit der überschüssigen Energie zu tun hat, die eine aufgeheizte Atmosphäre irgendwie ausgleichen muss.

Und damit ändern sich auch typische Wetterlagen.

Nach der Expertenrunde von Bund und Ländern zur Dürre in der Landwirtschaft und etwaigen Entschädigungszahlungen für die Bäuerinnen und Bauern mahnt Wolfram Günther deshalb, „die notwendigen Veränderungen in der Landwirtschaft nicht auf die ‚lange Bank‘ zu schieben“.

„Sachsens Staatsregierung muss den Klimawandel endlich ernst nehmen. Er ist Realität und darf nicht länger als Nischenthema behandelt werden“, fordert der Abgeordnete. „Umweltschutz in der Landwirtschaft muss zum Top-Thema werden. Es geht darum, den Boden vor Erosion durch Wind bzw. Starkregen zu schützen. Die Felder sollen durch Hecken und Bäume Strukturen bekommen.“

Ein Thema, das übrigens auch den Bereich Artenvielfalt betrifft (Stichwort: Insektensterben, Rote Listen …)

Das sächsische Umweltministerium weiß längt, dass es den Umbau der sächsischen Landschaften forcieren muss.

„Wir brauchen mehr Zwischen- und Untersaaten sowie den Anbau von trockentoleranten Sorten. Das Landwirtschaftsministerium muss die Beratung verstärken und den Erfahrungsaustausch der Landwirtinnen und Landwirte unterstützen“, nennt Günther wichtige Handlungsoptionen. „Die Tierhaltung muss zukünftig konsequent an den Boden des Agrarunternehmens gebunden werden. Der Tierbestand darf also nur so groß sein, dass er von eigenem Land ernährt und dort auch die Gülle entsorgt werden kann.“

Denn Sachsens Landwirtschaft leidet an massiver Überdüngung. Im Flachland sind fast alle Grundwasserkörper hochgradig nitratbelastet. Hecken, Raine und Schutzwaldstreifen sind ein Mega-Thema, das auch die EU noch nicht angepackt hat. Aber nur so lassen sich die Böden vor einer massiven Erosion schützen, die jedes Jahr Millionen Kubikmeter wertvollen Bodens kostet. Die Erde wird – meist zusammen mit Dünger und Pestiziden – in die Flüsse gespült. Dass Sachsens Flüsse immer noch ein fast lebloser Cocktail solcher Rückstände sind, hat genau damit zu tun.

Und beim Wald hört das Thema überhaupt nicht auf, stellt Günther fest: „Außerdem sollte der Waldumbau zu standortgerechten Mischwaldbeständen beschleunigt werden. Denn Nadelholzmonokulturen sind nicht standortgerecht und zudem bei steigenden Temperaturen besonders waldbrandgefährdet.“

All das findet man übrigens auch auf den Websites des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Doch Sachsens Umweltminister haben es bis heute nicht fertiggebracht, daraus die seit Jahren schon versprochene Klimaanpassungsstrategie zu machen. Als hätte man noch Jahrzehnte Zeit, das Thema anzugehen.

Selbst wenn man den heißen Sommer 2018 nicht in den Klimawandel subsumieren möchte, bleibt der Zeitdruck. Denn die einst einmal fürs Ende des Jahrhunderts als Grenzwert gedachten 1,5 Grad Celsius Temperaturerhöhung sind ja in Sachsen schon fast erreicht – die Temperaturen der letzen 15 Jahre lagen im Schnitt 1,0 bis 1,4 Grad über dem langjährigen Mittel. Das klingt nicht viel. Aber das Jahr 2018 zeigt, was das bedeutet, wenn dann auch noch eine über Monate stabile Hochdruckwetterlage hinzukommt. Und es gibt keine Garantie dafür, dass sich das in den nächsten Jahren nicht wiederholt.

Das große Insektensterben und die lange Vorgeschichte von Ignoranz und Lobby-Politik

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Gut, dass Herr Günther sich hier engagiert!! Nicht zu verstehen ist allerdings, wieso er dann weiterhin die Entnahme alter Bäume durch die forstwirtschaftlichen Maßnahmen in Leipzigs Auwald richtig findet und unterstützt, wie einer heißen Debatte darüber bei facebook zu entnehmen ist: Oder sind die etwa nicht essentiell wichtig, mindestens für das Klima der Stadt Leipzig? Jedenfalls merkt der aufmerksame Auwalddurchquerer, dass seit Jahren die Kühlungsfunktion im Wald abnimmt. Besonders gravierend ist es da, wo große Löcher in den Baumbestand geschlagen wurden. Die breiten Rückegassen tun ein Ãœrbiges. Und irgendwo las ich auch, dass alte Bäume expotentiell mehr Luft reinigen und Sauerstoff prodizieren, als junge – eigentlich logisch.

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