Bereits im vergangenen November hatte der sächsische Landtag über eine Reform des Hochschulgesetzes diskutiert und abgestimmt. Damals lehnten die Abgeordneten mehrheitlich einen Entwurf der Grünen ab. Nun stand ein Gesetzentwurf der Linksfraktion zur Abstimmung – und auch dieser erhielt keine Mehrheit. Die Linken wollten unter anderem sämtliche Studiengebühren abschaffen, Arbeitsverträge weitgehend entfristen, flache Hierarchien einführen und die Hochschulgremien neu ordnen.

Der sächsische Landtag hat einen Entwurf der Linksfraktion für ein neues Hochschulgesetz abgelehnt. Am Mittwoch, den 10. April, stimmte die Mehrheit der Abgeordneten gegen das „Gesetz zur Einführung der Selbstverwaltung der Hochschulen im Freistaat Sachsen“. Dieses sollte das bislang geltende „Hochschulfreiheitsgesetz“ ersetzen.

Aus Sicht der Linksfraktion orientieren sich die Hochschulen zu stark an den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen. Zudem seien sie vor allem auf Profitmaximierung ausgerichtet und ermöglichten nicht allen sozialen Gruppen einen Zugang zu Bildung.

Konkret sieht der Gesetzentwurf der Linken unter anderem vor, die Befristung von Arbeitsverträgen weitgehend zu beenden, flache Hierarchien einzuführen, den Hochschulrat abzuschaffen, dem Senat mehr Kompetenzen einzuräumen, Universitäten und Hochschulen beispielsweise beim Promotionsrecht gleichzustellen und eine „Zivilklausel“ einzuführen. Letztere würde Forschung zu militärischen Zwecken verbieten.

Zudem möchte die Linksfraktion alle Studiengebühren abschaffen, einen Rechtsanspruch auf ein Teilzeitstudium schaffen, den Master zum Regelabschluss erklären und die studentische Selbstverwaltung stärken. Unter anderem soll die 2012 vom Landtag beschlossene Möglichkeit, aus der verfassten Studierendenschaft auszutreten, wieder abgeschafft werden.

Diskussion im Landtag

René Jalaß (Linke) sagte zu Beginn der Diskussion im Parlament, dass seine Partei sowie Grüne und SPD bereits im Landtagswahlkampf 2014 eine Überarbeitung angekündigt hätten. Bis auf kleine Änderungen sei jedoch nichts geschehen. „Wir wollen das Mantra der unternehmerischen Hochschule überwinden“, so Jalaß. Die „Ausbeutung im akademischen Mittelbau“ solle gestoppt und ein „kollegiales Verhältnis“ aller Hochschulangehörigen eingeführt werden.

Jalaß beklagte, dass die Studierenden als größte Gruppe die geringsten Mitbestimmungsmöglichkeiten hätten. Zur Forderung, eine Zivilklausel einzuführen, verwies er auf eine Umfrage unter Studierenden der Universität Leipzig. Dort war dies mehrheitlich befürwortet worden.

Die CDU-Abgeordnete Aline Fiedler entgegnete, dass die Hochschulen in Sachsen bereits gut aufgestellt seien. Das gehe aus der kürzlich veröffentlichten Statistik zu den Studierendenzahlen hervor. Diese zeige, dass die Zahlen in Sachsen stabil bleiben. Genau wie einige Fraktionen kritisierte Fiedler die Linksfraktion dafür, dass diese die Äußerungen von Sachverständigen und des juristischen Dienstes nicht beachtet habe.

Sie lehne unter anderem ab, die Rechte von Hochschullehrern zu beschneiden und den Hochschulrat abzuschaffen. Letzterer habe als Gremium voller anerkannter Persönlichkeiten eine wichtige Funktion. Zudem sagte Fiedler: „Studentische Demokratie entsteht nicht durch neue Posten, sondern durch Mitwirkung bei Wahlen der Gremien.“ Die Wahlbeteiligung falle an sächsischen Hochschulen jedoch gering aus.

Auch die Abschaffung der Langzeitstudiengebühren lehnte sie ab: „Eine Gruppe dürfe nicht so lange, wie sie wolle, auf Kosten der Steuerzahler leben.“ Die Zivilklausel richtet sich laut Fiedler gegen die Freiheit der Wissenschaft.

SPD und Grüne sehen Gutes und Schlechtes

Aus Sicht von Holger Mann (SPD) ist eine umfassende Novellierung des Hochschulgesetzes nötig – allerdings erst in der nächsten Legislatur. Er wolle unter anderem beenden, dass Betreuer, Gutachter und Dienstvorgesetze bei wissenschaftlichen Arbeiten häufig dieselbe Person seien, das Austrittsrecht aus der verfassten Studierendenschaft wieder abschaffen und die Zuständigkeiten zwischen Rektorat und Senat neu regeln.

In der Summe sei bei dem Gesetzentwurf der Linksfraktion allerdings kein Fortschritt erkennbar. So gebe es unter anderem verfassungsrechtliche Bedenken. Dass der juristische Dienst 15 Seiten mit Anmerkungen hinterlassen habe, weise zudem auf „handwerkliche Mängel“ hin.

Auch Claudia Maicher (Grüne) erklärte, dass eine Novellierung dringend nötig sei. Das jetzige Gesetz entspreche nicht den Bedürfnissen einer modernen Hochschule. Vieles am Entwurf der Linksfraktion sei richtig, zum Beispiel die Stärkung der demokratischen Organe, die Zwangsmitgliedschaft in der verfassten Studierendenschaft und ein stärkerer Fokus auf Inklusion.

Kritisch sehe sie jedoch, dass das Recht auf Teilzeitstudium begründet werden müsse und das „strukturelle Problem der Mehrheit der Professoren gar nicht angegangen“ werde. Ihre Fraktion werde sich deshalb enthalten.

Reform in der nächsten Legislatur?

Rolf Weigand (AfD) kritisierte unter anderem die Möglichkeiten eines einjährigen „Schnupperstudiums“ ohne Anrechnung auf die Studienzeit, die Zivilklausel als „bürokratisches Monster“ und grundsätzlich die „Gleichmacherei um jeden Preis“. Ähnlich sah es die fraktionslose Kirsten Muster, die von „linker Anarchie“ und „Ideologie“ sprach. Sie lehne neben bereits zuvor genannten Punkten auch die gendergerechte Sprache ab.

Abschließend hatte Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) das Wort. Sie übte Kritik an der Überschrift des Gesetzentwurfes: Hochschulen hätten schon jetzt ein Recht auf Selbstverwaltung. Die Zivilklausel sei ein „Eingriff in die Freiheit der Wissenschaft“ und der Rechtsanspruch auf Teilzeit wegen mangelnder Kapazitäten an den Hochschulen nicht umsetzbar.

Stange betonte, dass eine „Radikalreform eines funktionierenden Systems“ nicht nötig sei. Allerdings liegen laut Wissenschaftsministerin nun viele Vorschläge für eine Reform auf dem Tisch, unter anderem mit den Vorstellungen aus den Hochschulen. In der nächsten Legislatur könne man an einer Novellierung arbeiten. „Wenn es politisch gewollt ist.“

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