Der 1. FC Lok hat am Samstag beim BFC Dynamo einen Offenbarungseid geleistet. Zwar verlor die Scholz-Elf nur 0:1 (0:1) im Jahn-Sportpark, sie blieb spielerisch aber wieder alles schuldig. Erst nach 50 Minuten schoss Matthias Steinborn vor 1.170 Zuschauern das erste Mal aufs gegnerische Tor, eine echte Torchance hatte die Lok im ganzen Spiel nicht. Der BFC musste seinerseits nicht glänzen, um nach 0:8-Toren in den ersten beiden Heimspielen den ersten Heimsieg einzufahren. Heiko Scholz redete auf der Pressekonferenz ungewohnt deutlich über die Fehlleistung seiner Mannschaft und steht erstmals in seiner fast fünfjährigen Amtszeit selbst stark in der Kritik.

Die erste Halbzeit sei „eine Katastrophe“ gewesen, polterte Scholz. „Wenn nur vier Spieler Normalform haben, kannst du hier nicht gewinnen“. Außerdem kritisierte der 52-Jährige auch noch seine Führungsspieler. „Gerade meine verlängerten Arme haben auf dem Platz absolut enttäuscht.“ Eine Endabrechnung oder ein letzter Weckruf? Fakt ist: Nach der erneut spielerisch wenig inspirierten Leistung, wird die Luft für Heiko Scholz dünner.

„Alle im Vorstand sind sehr enttäuscht, wir hinken unseren sportlichen Ansprüchen meilenweit hinterher und erwarten von unserer Mannschaft eine Reaktion gegen Erfurt“, ließ Lok-Präsident Thomas Löwe mitteilen. Löwe und Aufsichtsratschef Olaf Winkler hatten den Sportpark schon vor der Pressekonferenz verlassen, Petrik Sander und Ex-Babelsberg-Coach Cem Efe saßen auf der Tribüne. Aber das war (noch) Zufall. Noch glaubt man an Scholz, zumindest wollte man am Spieltag unter dem Eindruck des Spiels keine voreiligen Entscheidungen treffen.

In den Vereinsgremien und im Umfeld waren die Erwartungen an die Saison groß. Lok wollte mit zehn Neuzugängen und der Umstellung auf Profibedingungen nach Platz sechs in der Vorsaison nun unter die ersten drei. Heiko Scholz stellte die Ziele nach der Berliner Niederlage infrage. Von zuviel Druck wollte der gebürtige Görlitzer nichts wissen. „Es gibt doch viel wichtigere Dinge als Fußball. Da hat man Druck.“

Ins selbe Horn stieß auch Löwe. „Wer zuviel Druck hat, kann zu mir kommen. Ein Vertrag ist in zehn Minuten aufgelöst.“ Aber das ist derzeit wohl das einzige Thema, bei dem sich Scholz und Löwe einig sind. Am Montag will man sich zusammensetzen und über das Spiel reden.

Positive Szenen werden sicher nicht so viele besprochen werden, denn derer gab es fast keine. Lok geriet nach 3 Minuten in Rückstand, als in der Hintermannschaft mehrere Sicherheitsmechanismen nicht griffen und Marc-Frank Brasnic vor Hanf den Ball einschob. Der Vorsprung gab dem verunsicherten BFC Sicherheit, während Lok vergeblich versuchte, irgendwie ins letzte Spieldrittel zu kommen. Das gelang zu keiner Spielphase und ganz egal, ob es im Spielaufbau hoch und weit oder flach und kurz zuging.

Spätestens 40 Meter vor dem BFC-Tor waren die Türen zu. Erst in der 50. Minute brachte Matthias Steinborn einen Ball aufs Tor, aber Bernhard Hendl hatte keine Mühe. „Ich verstehe es einfach nicht“, sagte Steinborn dem Vereins-TV. „Wir werden professionell auf unsere Gegner vorbereitet und Scholz hat in der Halbzeit auch die richtigen Worte gefunden. Wir haben zurzeit einfach kein Glück.“ Oder fehlt es an anderen Dingen? Scholz lobte den BFC dafür, dass er „ab der 1. Minute gepaddelt“ hat. „Wir haben das nicht gemacht.“

Bis zum kommenden Spiel gegen Erfurt sind es nun elf Tage. Im Gegensatz zu bisherigen Dürre-Perioden unter Scholz, die sonst immer erst in der Rückrunde geschahen, macht die Mannschaft keinen geschlossenen Eindruck. Die Spieler kamen nach dem Abpfiff kurz in die Kabine und gingen dann ihrer Wege. Ryan Malone holte sich in der Schlussphase eine rote Karte wegen groben Foulspiels ab und marschierte anschließend gefrustet in die Kabine.

Bester Leipziger war erneut Paul Schinke. Noch in den letzten Minuten sprintete der Mittelfeldregisseur nach Ballverlusten bis in den eigenen Strafraum, um weitere Gegentore zu verhindern. Wäre der BFC etwas abgeklärter gewesen, hätte es am Ende auch deutlicher ausgehen können.

Die Statistik zum Spiel:
http://www.fussball.de/spiel/bfc-dynamo-1-fc-lokomotive-leipzig/…

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar