Vom Völkerschlachtdenkmal aus, hatten sich am vergangenen Sonntag mehr als 1.000 Läufer/-innen auf den Weg gemacht, den Leipziger Halbmarathon 2022 zu bewältigen. Mitten unter ihnen auch Jonathan Hilbert, der im vergangenen Jahr mit seiner olympischen Silbermedaille über 50 Kilometer Gehen einen spektakulären Erfolg feierte und für großes mediales Interesse sorgte.

Und so absolvierte der 27-jährige Thüringer die 21,1 Kilometer – über Probstheida, Meusdorf, den Markkleeberger See bis Güldengossa und via Galgenberg zurück – nicht laufend wie alle anderen, sondern stilecht gehend. Am Ende ging Hilbert als 96. über den Zielstrich und benötigte dafür 1:35:27 Stunden.

Gewonnen hatten den Wettbewerb Jacek Chrusciel (1:14:10 h) als schnellster Mann und Amy Fry (1:18:05 h) als schnellste Frau. Im Ziel sprach die Leipziger Zeitung (LZ) mit dem EM-Fünften von München über seinen überraschenden Start beim Halbmarathon, verblüffte Zuschauer an der Strecke und das nächste große sportliche Ziel.

Jonathan, hast du tatsächlich den gesamten Halbmarathon gehend absolviert?

Ja, ich bin den komplett mitgegangen. Tatsächlich hatte ich heute ein Training auf dem Plan, bei dem ich 15 Kilometer ein bisschen zügiger gehen sollte. Daher habe ich gedacht, dieses Training mit dem Halbmarathon zu verbinden. Eigentlich hatte ja meine Freundin Anna den Startplatz, konnte aber aus gesundheitlichen Gründen noch nicht mitlaufen.

Deswegen haben wir gestern spontan entschieden, dass wir uns einfach auf meinen Namen ummelden lassen und ich hier mitmache. Es wäre schade um den Startplatz gewesen und so musste ich auch nicht ganz alleine um den Cospudener See meine Runden drehen. Ich habe das hier als ein gutes Training genutzt, das hat Spaß gemacht.

Wie oft gehst du solche langen Strecken?

Gehend lege ich oft solche Strecken zurück. Zwanzig Kilometer sind unsere Minimalstrecke, die wir im Training absolvieren. Wir bewegen uns da in einem Bereich zwischen 20 und 35 Kilometern. Gestern erst bin ich am Störmthaler See 30 Kilometer gegangen und habe heute hier schnell die 20 Kilometer gemacht.

Jonathan Hilbert: „Ich möchte bei der WM möglichst ganz weit vorn landen.“ Foto: Jan Kaefer
Jonathan Hilbert: „Ich möchte bei der WM möglichst ganz weit vorn landen.“ Foto: Jan Kaefer

War es für dich trotzdem etwas Besonderes, bei diesem Halbmarathon mitzumachen?

Absolut. Unsere Sportart ist ja fast nur den sehr Interessierten bekannt. Leute, die sich für Leichtathletik interessieren, die kennen noch die Geher. Viele, die sich nur allgemein mit dem Sport beschäftigen, wissen gar nicht, was Gehen wirklich heißt und wie schnell das auch ist. Deswegen war es um so cooler, hier mitgegangen zu sein.

Auf der Strecke habe ich von der Seite auch immer wieder gehört: „Boah, der geht ja! Das sind 4:34 Minuten pro Kilometer, der geht, das ist richtig schnell!“. Es war auch einfach eine kleine Werbung für unseren Sport.

Wie war denn insgesamt die Zuschauerresonanz an der Strecke, waren viele Leute da?

An den großen Kreuzungen oder in den Wohngebieten waren schon einige Leute, die wirklich Jeden angefeuert haben. Das war sehr schön. Viele haben ihre Gruppen auch auf dem Rad begleitet, sich an verschiedenen Posten stationiert und richtig Alarm gemacht. Das ist sehr cool gewesen.

Wie zufrieden warst du in sportlicher Hinsicht?

Wir trainieren momentan sehr nach Pulsbereichen, weil meine Fitness natürlich jetzt noch eine ganz andere ist, als wenn ich wirklich in Top-Form bin. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass ich etwa 4:40-4:45 Minuten pro Kilometer gehe. Dass es jetzt sogar im Schnitt 4:34 Minuten geworden sind, bei einem sehr guten Puls von durchschnittlich 160, hätte ich nicht gedacht. Wahrscheinlich kann ich es also doch noch und bin in der Saisonpause gar nicht so schlecht geworden.

Worauf arbeitest du jetzt die nächsten Monate hin, wann ist der nächste große Wettkampf?

Ich habe erst vor zwei Wochen wieder mit dem richtig strukturierten Training angefangen. Im September hatte ich eine sehr ruhige Phase und habe nur das trainiert habe, worauf ich Lust hatte. Jetzt trainiere ich wieder, aber der erste Wettkampf wird voraussichtlich erst die Deutsche Meisterschaft am 1. April 2023 bei uns in Erfurt sein. Dabei will ich mich für die Leichtathletik-Weltmeisterschaft qualifizieren. Diese WM ist im nächsten Jahr die ganz große Aufgabe, dort möchte ich möglichst ganz weit vorn landen.

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