Das hat es in Leipzig bisher noch nie gegeben! Mit den Leipzig Lions startet im Mai erstmals ein hiesiges American Football-Team in der GFL2 – der zweithöchsten deutschen Liga. Für den Verein aus Grünau ist das im 33. Jahr seines Bestehens ein echter Quantensprung. Die Vorfreude auf diese neue Erfahrung ist groß, die Herausforderungen allerdings auch. Man ist sich einig: „Das wird cool!“
Nur zwei Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung entdeckten 1992 die Leipzig Lions das Licht der American Football-Welt. Seitdem etablierten sich die Blau-Gelben in der Regionalliga, der sie nun durchgehend angehörten. Doch in der Saison 2024 konnte endlich ein historischer Meilenstein gesetzt werden: der Aufstieg in die German Football League 2 (GFL2).
Mit dabei war auch Arn Mazomeit als Defense Captain der Lions. Vor zehn Jahren war er aus seiner Heimatstadt Trier nach Leipzig gezogen und nutzte hier die Möglichkeit, sich dem Team anzuschließen. Zu diesem Zeitpunkt herrschten vereinsintern allerdings gerade stürmische Zeiten. Differenzen spalteten den Verein und führten 2015 zur Gründung eines zweiten American Football-Teams in der Stadt: den Leipzig Hawks.
„Etwa die Hälfte des Männer-Teams und viele Jugendspieler waren rübergewechselt“, erinnert sich Mazomeit. In der Rückschau sieht er in den damaligen Turbulenzen aber auch eine wichtige Grundlage des jetzigen Erfolges der Lions, denn „der Verein war jetzt gezwungen, sich grundlegend zu hinterfragen“.
Als Ergebnis wurde eine neue Vereinsführung gewählt, die einen Fünf-Jahresplan auf den Weg brachte. Dieser richtete den Fokus gezielt auf das Mitgliederwachstum, die Nachwuchsförderung und die Entwicklung des Themas Finanzen. „Das hat den Verein auf die richtige Bahn geleitet“, ist Mazomeit überzeugt.
Doch es gab noch eine zweite Episode, aus der die Lions im Nachgang zusätzliche Stärke schöpfen konnten. Und auch hier war die Ausgangssituation alles andere als optimal gewesen. Denn Ende 2020 gründete sich quasi aus dem Nichts die European League of Football (ELF). Erklärtes Ziel dieses „Reißbrett-Projektes“ ist es, in Europa eine Art Sprungbrett hinüber in die amerikanische NFL zu etablieren.
Die ELF hat weder sportlichen Unterbau noch Vereinsstrukturen. Die teilnehmenden Teams sind kommerzielle Franchises, die komplett neu zusammengestellt werden. Im Fußball würde man sagen: Retorten-Klub. Und ein solcher wurde zur ersten ELF-Saison 2021 auch in Leipzig installiert: die Leipzig Kings.
Für die Lions bedeutete das erneut einen personellen Aderlass, denn natürlich wurden hierfür auch die regionalen Talente gecastet. Insgesamt acht, neun Spieler der Leipzig Lions erhielten so die Möglichkeit, sich den Kings anzuschließen und dadurch ihr Können auf einer größeren Bühne unter Beweis zu stellen. Die bekanntesten Namen waren hier sicherlich Max Bruder und Jonathan Dietze.
Zweieinhalb Spielzeiten hat das Projekt überstanden, dann war – mitten in der Saison 2023 – das Geld alle. Die Leipzig Kings verloren ihre Lizenz, gingen in die Insolvenz und wurden schließlich aufgelöst. „Nach Scheitern des Projekts sind viele der Spieler wieder zu Lions zurückgekommen und waren eine echte Verstärkung“, berichtet Arn Mazomeit. Denn wie auch immer man zu dem ELF-Unterfangen stehen mag, an sportlicher Qualität haben die beteiligten Akteure einiges dazugewonnen.

Einen zusätzlichen Schub erhielt diese Qualitätsoffensive zudem durch die Verpflichtung des britischen Quarterbacks Elliot Bodman zur Saison 2024. In Deutschland hatte dieser bereits für die Hamburg Pioneers und die Marburg Mercenaries gespielt. „Grundsätzlich setzen die Lions sehr auf regionale Talente“, erklärt Mazomeit, „aber zur vergangenen Saison hatten wir erstmals seit vielen Jahren wieder gezielt einen Quarterback extern eingekauft. Es war nur der eine Spieler, aber auf einer Schlüsselposition“. Schließlich fügte sich alles zusammen – der Aufstieg in die GFL2 gelang.
„Der sportliche Sprung von der Regionalliga in die GFL2 ist deutlich höher als dann zwischen GFL2 und GFL1“, weiß Arn Mazomeit. „Daher ist es wichtig, dass wir auf einen soliden Grundstock im Kader aufbauen können. In der Off Season haben wir uns auch noch punktuell auf einigen Positionen verstärkt, in dieser Mischung sind wir hoffentlich den neuen Herausforderungen gewachsen.“
Als ihren „bislang größten Coup“ bezeichnen die Lions dabei selber die Verpflichtung des US-Amerikaners Justen Ramsey. Der 24-jährige Defensiv Tackle kommt direkt aus der Division 1, der höchsten Spielklasse des amerikanischen College-Sports. Für den 140 Kilo-Mann ist Leipzig die erste Station in Europa.
„Wir gehen sicherlich als Underdog in die Saison, das Minimalziel ist auf jeden Fall der Klassenerhalt“, bleibt Mazomeit realistisch. „Wenn man uns vergleicht mit vielen unserer Gegner, fehlt uns momentan noch einiges an Budget. Wir sind als Verein eben noch am Wachsen und noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angekommen.“ Mit genauen Zahlen hält sich der Jurist zurück, lässt aber durchblicken, dass der Saisonetat im eher unteren sechsstelligen Bereich angesiedelt ist. Tendenz steigend.
Entscheidend wird nun sein, wie das Team in die neue Liga startet und ob es ihm gelingt, bei den Zuschauern das Feuer der Begeisterung zu entfachen. Immerhin kalkuliert der Verein mit einem optimistischen Schnitt von 1.500 Fans bei den Heimspielen – das entspricht in etwa dem Dreifachen der bisherigen Regionalliga-Zahlen.
„Bisher hatten wir in Top-Spielen auch schon um die 1.000 Zuschauer ins Stadion bekommen“, erklärt Arn Mazomeit die Kalkulation. „Und gemessen an dem, was bisher ein Top-Spiel war, ist jetzt eigentlich jedes Spiel ein Top-Spiel. Deswegen ist das sicherlich auch nicht ganz aus der Luft gegriffen.“ Unbestritten ist, dass die Namen der GFL2 durchaus etwas mehr Zugkraft besitzen als das in der Regionalliga der Fall war.
Wer die insgesamt fünf GFL2-Heimspiele der Leipzig Lions besuchen möchte, muss dafür allerdings nach Markkleeberg reisen. Wie der Verein am Montag bekanntgab, wird hier im Sportpark Camillo Ugi an der Städtelner Straße gespielt werden. „Mit einer Kapazität von etwa 4.000 Plätzen, davon ausreichend Sitzplätze sowie überdachten Plätzen, bietet uns das Stadion die ideale Größe, um dem erwarteten gesteigerten Zuschaueraufkommen gerecht werden zu können“, beschreibt Mazomeit die Gründe dieser Wahl.
„Die Infrastruktur vor Ort sowie die vorhandenen Freiflächen bieten zudem die Möglichkeit, um dort an den Spieltagen ein großes ‚Football-Fest‘ aufzufahren. Vor allem hatten wir aber auch den Eindruck, dass die Stadt Markkleeberg Interesse an einer langfristigen Partnerschaft und Kooperation hat. Auch das war uns sehr wichtig.“

Eine erste sportliche Standortbestimmung für das Leipziger Team hatte es am vergangenen Samstag, 12. April, gegeben. Dort standen die Lions beim amtierenden Deutschen Vize-Meister, den Dresden Monarchs, auf dem Rasen des Heinz-Steyer-Stadions. Die Begegnungen beider Teams in der Vorbereitung haben unter der Bezeichnung „Sachsen Bowl“ schon eine gewisse Tradition. Das letzte Aufeinandertreffen gab es 2023. Damals siegte Dresden knapp mit 10:8. Und auch diesmal blieben die Männer aus der Landeshauptstadt Sieger. Das 23:13 musste sich der Favorit allerdings hart erkämpfen.
Da auf beiden Seiten auch viele jüngere und unerfahrene Spieler zum Einsatz kamen, will Arn Mazomeit das Endergebnis nicht überbewerten. „Wir haben gemerkt, dass wir in der Offensive wie Defensive phasenweise sehr gut mithalten konnten, haben aber auch noch einige Fehler und Abstimmungsschwierigkeiten entdeckt. Diese möchten wir in den nächsten vier Wochen bis zum Saisonstart noch ausmerzen. Alles in allem war es ein erinnerungswürdiges Erlebnis für die Spieler, ein Testspiel vor so einer Kulisse von 2.100 Zuschauern zu bestreiten. Wir freuen uns auf den Saisonstart!“

Dieser steigt am 10. Mai. Die Leipzig Lions starten auswärts in Elmshorn bei den Fighting Pirates in ihre historische Zweitliga-Saison. Eine Woche später, am 17. Mai, steht das erste Heimspiel auf dem Programm – zu Besuch im „Ugi“ sind dann die Krefeld Ravens. Kick-Off ist um 16 Uhr. Die weiteren Heimspiele gehen gegen die Langenfeld Longhorns (07.06.), die Hamburg Pioneers (28.06.), die Elmshorn Fighting Pirates (26.07.) sowie die Rostock Griffins (16.08.), ebenfalls jeweils um 16 Uhr.
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