Die Chemnitzerin Karina Schönmaier war die erfolgreichste deutsche Teilnehmerin der Turn-Europameisterschaft 2025. Bei den Wettbewerben auf der Leipziger Messe holte die 19-Jährige zweimal Gold und einmal Silber nach Sachsen. Überschatten wurde der insgesamt starke Auftritt des DTB-Teams von einer schweren Knieverletzung beim Top-Talent Helen Kevric.

Der Medaillenregen begann gleich am ersten Tag der Wettkampfwoche. Im Team-Finale der Frauen erkämpfte Deutschland die Silbermedaille. Neben Helen Kevric (Stuttgart), Janoah Müller und Silja Stöhr (beide Mannheim) hatten auch Karina Schönmaier und Lea Marie Quaas vom TuS Chemnitz-Altendorf ihren Teil dazu beigetragen.

Während Quaas an Stufenbarren und Schwebebalken Punkte sammelte, ging Schönmaier am Stufenbarren, Sprung und Boden ins Rennen. Am Ende mussten sich die DTB-Frauen nur den Italienerinnen geschlagen geben. Der Auftakt zur Heim-EM war also gelungen.

Karina Schönmaier (Chemnitz) sammelte insgesamt drei Medaillen ein. Foto: Jan Kaefer

Entsprechend bereits mit Silber dekoriert, setzte Karina Schönmaier zwei Tage später noch einen drauf. Erstmals bei einer Europameisterschaft stand ein gemischter Team-Wettbewerb auf dem Programm, der 2028 in Los Angeles auch seine Olympia-Premiere feiern wird. Das Team für den Deutschen Turner-Bund bildeten neben der sächsischen Sportlerin noch Timo Eder aus Ludwigsburg.

Seinen besonderen Reiz zieht dieser Mixed-Wettkampf aus dem K.o.-Modus, verbunden mit taktischen Entscheidungen. Geturnt wurden insgesamt drei Runden an je einem von drei festgelegten Geräten. Nach jeder Runde schied dabei die Hälfte der anfangs 16 Teams aus. Es galt daher auch, taktisches Geschick walten zu lassen bei der Auswahl des nächsten Gerätes, um eine möglichst hohe Punktzahl zu ergattern.

Junge Turn-Fans im Publikum feiern mit Schildern ihre Stars Karina Schönmaier (Deutschland) und Valentina Georgieva (Bulgarien). Foto: Jan Kaefer

Das gelang Timo Eder (Boden, Barren, Reck) und Karina Schönmaier (Boden, Sprung, Schwebebalken) perfekt. Da sie nach der zweiten Runde auf Rang 2 lagen, kam es schließlich zum Showdown mit den führenden Briten. Und das ging richtig knapp zu. Da die beiden männlichen Konkurrenten am Reck exakt die gleiche Punktzahl erzielten, musste Schönmaiers Vortrag auf dem Schwebebalken das Zünglein an der Waage sein. Und es klappte. Die Chemnitzerin erhielt 0,1 Punkt mehr als die Britin Ruby Evans am selben Gerät, das war Gold für Deutschland!

Ursprünglich war Schönmaier am Tag darauf gleich wieder für den Mehrkampf eingeplant, doch sie bekam mit Blick auf die Belastungssteuerung eine vernunftsbedingte (Zwangs-)Pause. Ihren Part übernahm die erst 17-jährige Janoah Müller von der TSG Haßloch. Sie sammelte internationale Wettkampferfahrung und kam nach absolvierten vier Geräten auf dem 20. Platz ein.

Janoah Müller (Haßloch) ging im Mehrkampf für Deutschland an den Start und gönnte damit Schönmaier eine Erholungspause. Foto: Jan Kaefer

Aus deutscher Sicht hatte der Mehrkampf allerdings tragisch begonnen. Denn bereits am ersten Gerät verletzte sich die ebenfalls erst 17-jährige Medaillen-Hoffnung Helen Kevric so schwer am Knie, dass die EM für sie vorbei war. Es geschah gleich im ersten Durchgang beim Sprung. Zwar stand sie diesen zunächst, doch bei der Landung muss es passiert sein. Sie ging zu Boden und musste von der Matte getragen werden. Kevric wurde nach Stuttgart gebracht, wo der gerissene Streckapparat im Knie am nächsten Tag erfolgreich operiert werden konnte.

Am Tag nach diesem Schock war sportlich erneut die Chemnitzerin Schönmaier gefragt. An eben diesem Sprung-Gerät wollte sie im Einzelfinale auf Medaillen-Jagd gehen. Bei der EM im vergangenen Jahr war ihr mit Platz 5 das Edelmetall noch verwehrt geblieben. Das sollte sich diesmal im heimischen Sachsen ändern. Nach beiden Durchgängen lag Karina Schönmaier schließlich die Winzigkeit von 0,083 Punkten vor der Bulgarin Valentina Georgieva und holte tatsächlich EM-Gold nach Deutschland!

Helen Kevric (Stuttgart) verletzte sich beim Sprung schwer am Knie und musste operiert werden. Foto: Jan Kaefer

Als das Ergebnis verkündet wurde, explodierte die Stimmung der über 5.000 Zuschauer in der Messehalle 1. Ein kollektiver Jubelschrei brachte die Halle zum Beben. Begeisterung pur! Einen EM-Titel im Sprung hatte es für Deutschlands Frauen bisher nur im Jahr 2008 gegeben. Das zeigt, wie hoch die Leistung der Chemnitzerin einzuschätzen ist.

Während der 19-Jährigen die Tränen der Rührung über die Wangen liefen, war auch ihr Heimat-Verein, der TuS Chemnitz-Altendorf, völlig aus dem Häuschen: „Uns fehlen die Worte! Karina ist Europameisterin am Sprung! Was für ein toller Erfolg! (…) Wir sind wahnsinnig stolz auf dich liebe Karina!“ jubilierte der Klub in den Sozialen Netzwerken.

Karina Schönmaier (Chemnitz) bei ihrem goldenen Sprung-Finale. Foto: Jan Kaefer

Ihre herausragende Europameisterschaft schloss die gebürtige Bremerin am Tag darauf noch mit einem 6. Platz beim Bodenturnen ab. „Wie im Traum!“, fühlte sich die strahlende Sportlerin nach dieser furiosen Wettkampfwoche.

Ein 6. Platz beim Boden-Finale komplettierte eine traumhafte EM-Woche für Karina Schönmaier aus Chemnitz. Foto: Jan Kaefer

Mehr Infos zur Turn-EM: europeangymnastics.com

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