Das schwedische Energieunternehmen Vattenfall erwägt den Verkauf seiner Anteile am Kraftwerk Lippendorf südlich von Leipzig. Das teilte das Unternehmen am Freitag, 1. März, mit. Hintergrund sind Bemühungen des Konzerns zur Reduzierung seiner Kohlendioxid-Emissionen. Das Engagement in der Lausitz bleibt davon offenbar unberührt.

Das klingt wie: Zurück zu den Wurzeln. Denn das schwedische “Vattenfall” heißt ja nicht viel anderes als Wasserfall. Das ist die Energiequelle, auf dessen Nutzung der vormalige schwedische Staatskonzern sein Heimatgeschäft aufbaute. Und Wasserkraft gilt als erneuerbare Energiequelle.

In diesen Breiten macht Vattenfall vor allem in Braunkohle. Nach 1990 wurden mit hohem politischen Einsatz Unternehmen gesucht, die das braune Gold weiter aus der mitteldeutschen und Lausitzer Erde holen und vor Ort verstromen. Vattenfall kam.

Seither haben sich die Zeiten geändert. Energiepolitik soll immer stärker klimapolitischen Zielen entsprechen. Wer Kohlekraftwerke im Unternehmensbestand hat, wird da schnell zum Emissionsweltmeister.

Vattenfall will umsteuern. Bis 2020 will das Unternehmen seinen CO2-Ausstoß auf 65 Millionen Tonnen jährlich verringern, so die gültige Unternehmensstrategie. “Ein möglicher Verkauf” von Kraftwerksanlagen in Dänemark und des Kraftwerks-Blocks R in Lippendorf “könnten erheblich dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen”, so Vattenfall in seiner Pressemitteilung.

Dabei besteht das Kraftwerk Lippendorf aus zwei Blöcken. Besagter Block R gehört dem Betreiber Vattenfall. Zwillingsbruder Block S befindet sich im Besitz der EnBW Energie Baden-Württemberg AG.

Seine integrierten Bergbau- und Kraftwerksaktivitäten in der Lausitz will Vattenfall aber fortsetzen, heißt es dort weiter. Das dürfte die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) freuen. “Nur in der Verbindung von Braunkohlförderung und Braunkohlverstromung in einem Unternehmen sind die Wirtschaftlichkeitspotentiale voll zu heben und zu realisieren”, erklärte der stellvertretende IG-BCE-Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende des Vattenfall-Aufsichtsrats Ulrich Freese. Freese ist Lausitzer.

“Die Energiewende in Deutschland braucht verlässliche Partner und ist ohne verlässliche Unternehmungen nicht zu stemmen”, plädierte Freese für den unternehmens- und kohlepolitischen status quo.

Dabei warnen andere Stimmen seit Jahren, dass auf Braunkohlebasis die klimapolitischen Ziele der Energiewende nicht zu schaffen sein werden. Diese Debatte dürfte durch die Ankündigung von Vattenfall, Kraftwerkskapazitäten abstoßen zu wollen, neu befeuert werden.

Denn die Frage ist: Findet Vattenfall einen Käufer? Dabei gilt das Lippendorfer Kraftwerk als eines der modernsten und emissionsärmsten seiner Art. Doch gerade letzteres ist bei der Kohleverstromung ja relativ.

Läutet also Vattenfalls erklärte Verkaufsabsicht schon die Schlussrunde der deutschen Braunkohlewirtschaft ein, obwohl die herrschende Politik die Branche noch über Jahrzehnte erhalten wissen will? Dazu braucht es Kraftwerkbetreiber, die von den Gewinnmargen und CO2-Bilanzen der Anlagen nachhaltig überzeugt sind.

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