In den letzten Jahren waren Leipzigs Wasserpreise recht stabil, teilweise sind sie sogar leicht gesunken. Doch ab dem 1. Januar 2016 geht es wieder ein Stück aufwärts. Das Schmutzwasser wird teurer. Aber wie kann denn schmutziges Wasser teuer sein?

Das ist eigentlich keine Frage, denn die Reinigung des Schmutzwassers macht im Grunde viel mehr Arbeit als die Bereitstellung neuen Trinkwassers.

Der Komplettservice aus Trinkwasser, Schmutzwasser und Niederschlagswasser kostet den durchschnittlichen Nutzer in Leipzig und der Region auch künftig rund 60 Cent am Tag, haben die Leipziger Wasserwerke vorsichtshalber ausgerechnet. Das dreiteilige Preismodell aus Basispreis (Organisationsaufwand), Bereitstellungspreis (technische Bereitstellung) und Mengenpreis (genutzte Menge) wird in der kommenden Preisperiode fortgeführt. Es habe sich bewährt, heißt es, werde aber regelmäßig aller zwei Jahre überprüft.

Dann wird neu berechnet, was jeder einzelne Posten tatsächlich an Aufwand kostet. Einen Teil der Kosten – so die Kommunalen Wasserwerke Leipzig (KWL) – habe man durch Prozessoptimierungen selbst auffangen können. Aber nicht alle, so dass der Trinkwasserpreis zwar stabil bleibt, beim Schmutzwasser aber eine Preisanpassung notwendig wird.

Die Ursachen für steigende Preise im Schmutzwasser liegen in Mehrkosten durch gestiegene gesetzliche Auflagen. Die KWL nennen die Klärschlammentsorgung als Ursache sowie höhere Aufwendungen für Sanierungen im Kanalbereich.

Das Thema Klärschlammentsorgung wird zwar erst ab nächstem Jahr aktuell. Aber die Novelle der Klärschlammverordnung durch das Bundesumweltministerium verpflichtet die Wasserwerke großer Städte künftig, ihre Klärschlämme komplett zu verbrennen und den Phosphor daraus zurückzugewinnen. Bislang konnten auch die Leipziger Stadtwerke die Schlämme, die nach den ganzen Reinigungs- und Trocknungsvorgängen im Klärwerk anfielen, auf die Felder bringen lassen. Das ist künftig untersagt, auch wenn mit der Verordnung eine zehnjährige Übergangsfrist gilt.

Und die Kanalarbeiten werden vor allem deshalb teurer, weil allgemein Bauen in Sachen von Jahr zu Jahr teurer wird.

Und was heißt das nun für die Leipziger Haushalte?

Für eine Person im durchschnittlichen Leipziger Musterhaushalt (Einfamilienhaus mit 2 Personen, Trinkwasser und Abwasser, 66,2 Kubikmeter Wasserabnahme im Jahr, dazu 105 Quadratmeter abrechenbare Fläche je Wohnobjekt) bedeutet dies insgesamt eine Erhöhung der Wasserkosten um 6 Euro auf 235 Euro im Jahr.

Da fragt sich der Mieter natürlich: Wie kommt er hier zu einer Flächenabrechnung? – Die kommt über das Niederschlagswasser bei ihm an. Denn für jedes Gebäude in Leipzig wird seit 2000 ein Entgelt für die Entsorgung von Niederschlagswasser berechnet. Grundlage dafür sind die bebauten, überbauten und befestigten Grundstücksflächen, von denen das Niederschlagswasser in das öffentliche Abwassernetz gelangt. Das wird dann anteilig über die Nebenkosten auf die Mieter umgelegt.

Aber das Feintuning für die Berechnung war zu aufwendig. Deswegen wollen die Wasserwerke ab 2016 das Abrechnungsverfahren vereinfachen.

„Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die bisherige Verfahrensweise in der Anzeige der Flächen und der Bearbeitung von Änderungen zunehmend komplexer und damit aufwendiger für den Kunden und die KWL geworden sind. Hinzu kommt, dass sowohl die Differenzierung der Versiegelungsgrade als auch die Berücksichtigung von Regenwassernutzungs- und Versickerungsanlagen die tatsächliche Inanspruchnahme des öffentlichen Kanalnetzes nicht verursachergerecht widergespiegelt hat“, sagt Theis.

Für Hausbesitzer wird es dann also einfacher.

„Zukünftig werden statt der bisher sechs Versiegelungsgrade nur noch zwei abrechnungsrelevante Versiegelungsgrade – dicht versiegelt und teilweise versiegelt – zur Berechnung des Niederschlagswassers betrachtet“, erklärt der Kaufmännische KWL-Geschäftsführer Michael M. Theis. Dadurch werde die Flächenbewertung für die Kunden transparenter, nachvollziehbarer und weniger komplex. Die Absetzungen für Regenwassernutzungs- und Versickerungsanlagen werden in Zukunft sogar ganz entfallen.

Mit der Modelländerung verändern sich auch die Kalkulationsgrundlagen für die Preisbildung für Niederschlagswasser – die Gesamtfläche der Versiegelungen erhöht sich zwar rechnerisch, doch die Kosten der KWL bleiben weitestgehend konstant. Im Ergebnis sinkt der Niederschlagswasserpreis pro abrechnungsrelevanten Quadratmeter ab dem 1. Januar 2016 von derzeit 0,84 Euro auf 0,71 Euro.

Und nicht nur die Klärschlammthematik wird die Leipziger Wasserwerke stärker beschäftigen. Sie haben nun mit einem Effekt zu tun, den sie vor zehn Jahren herbeigesehnt haben: eine wachsende Bevölkerung. Denn die gesunkene Bevölkerung hatte auch bedeutet, dass zu wenig Wasser in den Leitungen unterwegs war, viele Leitungen waren überdimensioniert. Doch jetzt wächst die Bevölkerungszahl, die Wasserabnahme steigt. Und der Klimawandel sorgt zusätzlich für Veränderungsdruck. Die Netze müssen angepasst werden. Deswegen ist auch das Kanalthema so wichtig, denn bei Starkregen kommen auch Leipzigs unterirdische Hauptkanale immer wieder an ihre Belastungsgrenzen.

„Es ist wichtig, die Themen der Zukunft zu kennen und Lösungen für den Umgang mit ihnen zu erarbeiten“, betont der Technische KWL-Geschäftsführer Dr. Ulrich Meyer. Wachsen muss aber auch das Klärwerk Rosental, das genauso zu den Finanzierungsschwerpunkten gehört wie die Neuordnung des Verteilnetzes für das Trinkwasser. „Hier bewerten wir aktuell Standorte und Verteilkonzepte, die vor über 100 Jahren aufgestellt wurden, neu. Ziel ist, das Trinkwasser so wirtschaftlich und effizient wie möglich zu verteilen und gleichzeitig Qualität und Verlässlichkeit beizubehalten“, sagt Meyer.

 

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