Das ging ja schneller als avisiert. Bereits mit dem 2. Januar 2019 ist der nächste Teil der Schließungsvorbereitungen der LVZ-Druckerei in Stahmeln umgesetzt worden. Denn am gestrigen Mittwoch verkündeten die zum Madsack Konzern gehörenden „Dresdner Neusten Nachrichten“ (DNN) den Umstieg auf das „Rheinische Format“ mit gleichzeitiger Erstausgabe in der neuen Größe. Mit anderen Worten: der Druckereiwechsel der 22.607 DNN-Exemplare (3. Quartal 2018) von Leipzig nach Dresden in eine andere Druckerei ist damit bereits vollzogen, der Auftrag wird nun nicht mehr in Stahmeln ausgeführt.

Eigentlich wäre alles klarer, wenn sich die sächsischen Medienableger des Hannoveraner Madsack-Konzerns entscheiden könnten, statt halbwahre Nachrichten über Entscheidungen zu verbreiten, mal die wirklichen Zusammenhänge zu benennen. Denn auch diese Entwicklungen bei der DNN haben damit begonnen, was seit dem 10. August 2018 unwidersprochen im Raum schwebte. Mit dem Verschwinden eines großen Druckauftrages für die BILD (270.000 Exemplare täglich) sei ein großes Unglück über die LVZ-Druckerei in Leipzig hereingebrochen.

Bei Springer schwieg man, doch offenbar nur bis zu dem Tag, als auch die Stadt Leipzig dies so offiziell auf Nachfrage der Linksfraktion verkündete und somit dem Springer Verlag mindestens eine Teilschuld am Niedergang der Stahmelner Druckerei zuwies.

Allerdings nur kurze Zeit, dann änderte sich die Stadt-Antwort, Springer verschwand als „Schuldiger“ aus der offiziellen Mitteilung. Was zumindest auf eines sicher schließen lässt: nicht Springer allein hatte entschieden, die BILD ab diesem Jahr in Berlin Spandau zu drucken. Ebenso wenig dürfte Springer also somit (mit)entschieden haben, dass die Druckerei in Leipzig schließen wird.

Kurz darauf begann das große Verteilen von Druckaufträgen bei Madsack – die LVZ soll nun nach Halle/Saale zur Kölner Verlagsgruppe DuMont Schauberg (u. a. Mitteldeutsche Zeitung) und der Druck der DNN eben zur DDV Medien Gruppe (u. a. Sächsische Zeitung) wechseln. Wann genau, blieb vorerst offen, in Leipzig kam es am 01.12.2018 in Abwesenheit der Presse zu einem handfesten Streik der Druckereiangestellten. Und es folgten beinharte Verhandlungen um einen Sozialplan, Abfindungszahlungen und eine Transfergesellschaft, welche es den rund 260 Mitarbeitern an der Druckereistraße 1 ermöglichen soll, ein neues Auskommen zu finden.

Noch sind die Leipziger Verhandlungen auch im neuen Jahr nicht abschließend beendet, da folgt also bereits Schritt 2 seitens Madsack – die Verlegung des Drucks der DNN von Leipzig nach Dresden. Unterdessen wird in Leipzig vor allem noch über die Mitarbeiter in der sogenannten „Weiterverarbeitung“ (Beilageneinbringungen etc.) verhandelt. Das Teilergebnis bislang: der Sozialtarif gilt bereits für die 61 Mitarbeiter der LVDG (LVZ Druckerei) und die 33 ehemaligen LVDG-Mitarbeiter der LPFG (eine ausgelagerte Personalgesellschaft für die Weiterverarbeitung). Jörg Tischler vom Betriebsrat betonte am 19. Dezember gegenüber der „Leipziger Zeitung“ „die Verhandlungen über die restlichen Mitarbeiter (ca. 160) der LPFG zum Sozialplan gehen im Januar“ weiter. “Die bisherigen Angebote sind völlig ungenügend.“, so Tischler.

Kein Ton zu den Leipziger Vorgängen bei DNN

In Dresden erläutert DNN-Chefredakteur Dirk Birgel der eigenen Leserschaft die ganze Sachlage nun so, als ob es die Leipziger Vorgänge nicht gäbe: „Wir sind kleiner und handlicher geworden und erscheinen ab heute im sogenannten Rheinischen Format. Das alte Nordische Format ist in der Vergangenheit häufig als zu groß und unpraktisch kritisiert worden. Wir haben uns deshalb entschieden, die DNN Ihren Wünschen anzupassen. Damit verbunden ist, dass wir die Zeitung seit gestern Nacht in Dresden und nicht mehr in Leipzig drucken. Für Sie als Leser bedeutet das neben den ökologischen Vorteilen: die DNN kann später gedruckt werden, ist also noch aktueller.“

Eigentlich das Eingeständnis, in den vergangenen Jahren nicht realisiert zu haben, dass sich die Kundschaft kleinere Formate als das Nordische wünschte und die eigene Druckerei in Leipzig entsprechend umzurüsten. Stattdessen wird sie nun geschlossen, während man bei der DNN nun verstärkt auf lokale Themen und mehr Aktualität setzen möchte. Vorbei das Gestern, nun geht der Blick nach vorn, während in Leipzig noch um die letzten Entlassungsklauseln gerungen wird.

Dresdner Konkurrenten rücken zusammen

Auch der zweite Teil der Vereinbarungen zwischen der DDV Medien Gruppe (Gruner & Jahr, ddvg) und dem Madsack Konzern scheint damit bereits umgesetzt worden zu sein. Bereits im vergangenen Jahr wurden erste Überlegungen bekannt, den Druckereiumzug in das Druckhaus des eigentlichen Lokalkonkurrenten „Sächsische Zeitung“ (DDV Medien) mit einer neuen Anzeigenkooperation zu versehen. Laut dem Dresdner Medienblog „Flurfunk“ ist diese nun ebenfalls vollzogen.

„Gleichzeitig hat die DDV die Vermarktung, also den Anzeigenverkauf der DNN mit übernommen. Ab sofort erscheinen alle Anzeigen, die für die Dresdner Ausgabe der Sächsischen Zeitung gebucht werden, automatisch auch in den DNN. Dies betrifft alle Anzeigen, die in der Regionalausgabe Dresden, der Hauptausgabe West und der Gesamtausgabe der Sächsischen Zeitung erscheinen“, schreibt Blogbetreiber Peter Stawowy.

Man muss wirklich kein Prophet sein, in diesen Maßnahmen vor allem eines zu sehen: einen sich immer mehr verstärkenden Konzentrationsprozess bei den Medienhäusern, das allmähliche Ende des Zeitalters gedruckter Tageszeitungen und bestenfalls den Übergang zu gedruckten Wochen- oder Monatspublikationen in den kommenden Jahren. Für den Madsack Konzern bedeutet dies bereits den Abbau von Druckkapazitäten in Leipzig Stahmeln und die Beauftragung anderer Tageszeitungshäuser mit den eigenen Produkten. Wann man in Halle/Saale genau bereit sein wird, den noch weitaus größeren Auftrag für die LVZ abzuwickeln, war im Dezember 2018 noch unklar.

Doch das nun sichtbare Tempo zeigt, dass auch dieser Übergang und das endgültige Aus des BILD-Druckauftrages ganz sicher nicht bis Ende 2019 dauern wird.

Diversifizierung und Onlinestrategien

Was die Frage aufwirft, wie die ehemals breit fließenden Print-Einnahmen durch weitere Geschäftsfelder – neben den Post- und Ticketdienstleistungen sowie anderweitigen Beteiligungen der Medienhäuser – im Onlinebereich überhaupt abgefangen werden können.

Auch da scheint es gewisse Absprachen zu geben. Während es die „Sächsische Zeitung“, nun als saechsische.de im Netz mit enger Leserbindung und einem klaren Abo-Modell versucht, stärkt Madsack systematisch seine strategische Partnerschaft mit DuMont. Unter dem Namen „RND“ hat man hier seit Mitte 2018 begonnen, mit den überregionalen Nachrichtenseiten und Agenturen zu wetteifern und setzt auf eigene nationale Nachrichten, bislang vor allem auf Interviews mit Spitzenpolitikern.

Parallel dazu versucht die DDV Medien Gruppe mit „Tag24“-Seiten in verschiedenen Städten im Netz eine Empörungs-Klickmaschine mit Sex und Blaulichtnachrichten im Boulevardbereich auszubauen und so Werbeumsätze und Reichweiten zu generieren.

Der Ausgang all dieser Versuche ist, wie bei vielen Fragen einer Branche im Umbruch, offen. Noch bringen die Printerzeugnisse den Grundumsatz der Häuser, doch die Konzentrations- und Abbauprozesse schreiten weiter voran.

Auch der sächsische Wirtschaftsminister lehnt Auskünfte zur Förderung der LVZ-Druckerei ab

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Ein bisschen Weihnachten: Wie die LVZ-Druckerei-Belegschaft den Madsack-Verlag zum Einlenken bewegte

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