Zwei Strafverfahren laufen gegen Polizisten aus Berlin und Dresden und ein Zwickauer Polizist erhält wegen unterlassener Hilfeleistung eine Geldstrafe. Außerdem ist in Dortmund erneut ein Mann bei einem Polizeieinsatz gestorben und der Stadionsprecher des SV Waldhof Mannheim ist nach der Ehrung eines Neonazis zurückgetreten. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 19. Oktober 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Mann stirbt nach Polizeieinsatz in Dortmund

Es ist der zweite tödliche Polizeieinsatz in Dortmund innerhalb weniger Monate: Kurz nach einem Einsatz im Dortmunder Stadtteil Dorstfeld ist heute ein Mann im Krankenhaus verstorben. Die Polizeikräfte hatten ein Elektroschockgerät, einen sogenannten Taser, gegen den Mann eingesetzt.

Im Verlauf des Einsatzes am frühen Morgen habe der Mann Widerstand gegen die Beamt/-innen geleistet, später wurde der Mann laut der Polizei „reanimationspflichtig“. Bei dem verstorbenen Mann handelt es sich um einen 44-jährigen Wohnungslosen aus Dortmund.

Zu den weiteren Umständen der Tat gibt es bisher keine Informationen. Offen sind die Fragen, ob der Einsatz des Tasers im Zusammenhang mit dem Tod des Mannes steht. Es sei bisher unklar, ob der Polizist den Mann getroffen habe, heißt es bei „Spiegel Online“. Die Beamt/-innen trugen Bodycams, die nun ausgewertet werden sollen.

Anfang August hatte ein Polizist einen 16-jährigen Geflüchteten bei einem Einsatz in Dortmund erschossen. Und auch in Leipzig kam es vor kurzem zu einem tödlichen Einsatz: Anfang September erschossen Polizist/-innen nach einem Raubüberfall auf einen Supermarkt einen 36 Jahre alten Mann in dessen Wohnung.

Verdacht der Körperverletzung im Amt: Strafverfahren gegen Dresdner Polizisten

Heute gab es Neuigkeiten zu verschiedenen Fällen, in denen gegen Polizeibeamte ermittelt wird.

Im ersten Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen Dresdner Polizeibeamten wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt. Dem 45-Jährigen wird vorgeworfen, am vergangenen Freitag im Rahmen einer Kontrolle zwei 17-jährige Jugendliche am Elbufer geschlagen zu haben. Die Jugendlichen kommen aus Tschetschenien und Afghanistan.

Laut der Polizeidirektion Dresden leiteten Kolleg/-innen des Polizeibeamten, die sich im selben Einsatz befanden, noch vor Ort ein Strafverfahren gegen ihn ein. Gleichzeitig soll ein Disziplinarverfahren gegen den Polizisten anlaufen.

Zu den Umständen der mutmaßlichen Tat hält sich die Polizei bedeckt, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden. Es werde aber in alle Richtungen ermittelt, erklärte ein Sprecher heute, einen möglichen rassistischen Hintergrund schließen Staatsanwaltschaft und Polizei bei den Ermittlungen nicht aus.

Nach rassistischem Angriff in Bus: Zwickauer Polizist bekommt 3.500 Euro Geldstrafe

Im zweiten Fall sind die Ermittlungen bereits abgeschlossen, es handelt sich um einen Vorfall aus dem Sommer 2021. Damals hatte eine Gruppe deutscher Männer einen 20-jährigen Mann mit eritreischer Staatsbürgerschaft in einem Linienbus im sächsischen Bad Schlema rassistisch beleidigt und geschlagen.

Mit im Bus saß ein Polizist der Polizeidirektion Zwickau, der sich außerhalb des Dienstes befand. Er versuchte nicht, den brutalen Angriff zu stoppen und musste sich wegen unterlassener Hilfeleistung und versuchter Strafvereitelung vor dem Landgericht Chemnitz verantworten. Unter anderem wurde verhandelt, ob der Angeklagte die Tat im Nachhinein gegenüber herbeigerufenen Polizeikolleg/-innen heruntergespielt haben soll.

Am gestrigen Dienstag verurteilte die Richterin den Polizisten zu einer Geldstrafe von 3.500 Euro, wie heute die „Freie Presse“ berichtete. Zuvor war der Prozess neu aufgerollt worden, da die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hatte. Sie fand die erste verhängte Strafe – eine ähnlich hohe Geldstrafe, allerdings unter Vorbehalt – zu mild.

Berliner Polizist soll in Chatgruppe volksverhetzende Nachrichten geteilt haben

Im dritten Fall wird einem Berliner Polizeibeamten Volksverhetzung vorgeworfen. Er soll laut der Generalstaatsanwaltschaft Berlin in einer Chatgruppe mit Kolleg/-innen „herabwürdigende bzw. menschenverachtende Inhalte“ geteilt haben. Laut Angaben der Polizei intervenierten die Kolleg/-innen des Beschuldigten.

Nun läuft ein Strafverfahren gegen den 49-Jährigen. Gestern wurde zudem die Dienststelle des beschuldigten Polizisten durchsucht, nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft ohne Erfolg.

Die Polizei will zusätzlich zum Strafverfahren disziplinarrechtliche Konsequenzen für den Beamten prüfen.

Nach Neonazi-Ehrung: Stadionsprecher des SV Waldhof Mannheim tritt zurück

Der Fall erinnert an den kürzlich beim 1. FC Lok Leipzig als Stadionsprecher entlassenen Mirko Linke: Der Stadionsprecher des Fußballdrittligisten SV Waldhof Mannheim 07 ist nach der Würdigung eines verstorbenen Neonazis vor rund 18.000 Zuschauer/-innen von seinem Posten zurückgetreten. Er wolle so Schaden vom Verein abwenden. Der Vorfall hatte sich beim gestrigen Pokalspiel gegen den 1. FC Nürnberg im Mannheimer Carl-Benz-Stadion ereignet.

Beim SV Waldhof Mannheim 07 ist es Tradition, die Durchsage der Mannschaftsaufstellungen einer Person zu widmen. Gestern Abend tat Stadionsprecher Stephan Christen das wie so viele Male, doch diesmal widmete er seine Ansage nicht irgendeiner Person, sondern dem Rechtsextremisten Christian Hehl.

Hehl war eine zentrale Figur in der deutschen Neonaziszene und seit den 90er Jahren in der NPD aktiv. Er galt als bundesweit gut vernetzt und fungierte als Verbindungsstelle zwischen Rechtsrockszene, militanten Neonazi-Gruppen und der parlamentarischen Rechten.

Hehl stieg unter anderem durch seine Hool-Aktivitäten in die Neonaziszene ein. Er war Mitglied der Hooligan-Gruppe „The Firm“, die aus Anhängern des SV Waldhof Mannheim bestand. In den Jahren 2014 bis 2016 verhängte der Fußballclub ein Stadionverbot gegen Hehl.

Beim Spiel gestern hielten Fans Plakate in Ehre des toten Neonazis in die Höhe. „Beileid an The Firm 1982“ stand auf einem geschrieben, eine Referenz auf Hehls Hooligan-Zeit. Auf anderen Bannern waren die Schriftzüge „Legenden sterben nie – RIP Hehli“ und „Ruhe in Frieden Hehli“ zu lesen.

Christian Hehl war am Sonntag in einem Mannheimer Krankenhaus gestorben.

Parallelen zu Lok-Leipzig-Fall

Der heute zurückgetretene Stadionsprecher Christen beteuert, nichts von der Vita des Neonazis gewusst zu haben. Der Name sei ihm aus Fankreisen vorgeschlagen worden, er habe ihn schließlich durchgesagt, ohne sich vorher über den Mann informiert zu haben.

„Meiner Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Recherche zum Hintergrund der Person bin ich nicht nachgekommen“, lässt Christen sich in einer Pressemitteilung zu seinem Rücktritt zitieren. „Das tut mir von Herzen leid.“

Einige Beobachter/-innen zweifeln an Christens Version. „In und um Mannheim kannte wirklich jeder den Neonazi Christian Hehl“, schrieb Spiegel-Journalist Marco Fuchs heute und fügte zynisch hinzu: „Oder wie der Waldhof sagt: Vita war Stadionsprecher nicht bekannt.“

Sowohl Stephan Christen als auch der SV Waldhof distanzierten sich heute von rechtem Gedankengut. Christen war 29 Jahre lang als Stadionsprecher des Vereins tätig.

Der Fall weist Parallelen zu Lok Leipzig auf. Der Verein hatte seinen Stadionsprecher Mirko Linke nach einem antisemitischen und Holocaust verharmlosenden Whatsapp-Status Ende September gefeuert. Auch Linke entschuldigte sich und gab an, die politische Tragweite seines Postings unbeabsichtigt verkannt zu haben. Linke war 19 Jahre lang Stadionsprecher bei Lok Leipzig.

Russland verhängt Kriegsrecht über vier annektierte Gebiete

Worüber die LZ heute berichtet hat:

über die Ermittlungen gegen einen Dresdner Polizisten wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt

über einen NOFV-Sonderbericht nach einem Derby-Gerangel zwischen Spielern von Lok Leipzig und der BSG Chemie am Sonntag und

über den Auftritt des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer bei einer Demonstration in Grimma

Was heute außerdem wichtig war: Russland hat in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine heute über vier annektierte Gebiete Kriegsrecht verhängt. Präsident Putin habe ein Dekret unterschrieben, das den russischen Besatzern in den Regionen Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja erweiterte Machtbefugnisse verleiht. Russland hatte die vier Gebiete zuvor völkerrechtswidrig annektiert.

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