Das Gerangel zwischen den Mannschaften des 1. FC Lok Leipzig und der BSG Chemie vom Sonntag, 16.10.2022, wird wahrscheinlich ein Nachspiel haben. Beide Teams waren Minuten nach dem Abpfiff in eine handfeste Keilerei verwickelt. Der Sicherheitsbeobachter des Nordostdeutschen Fußballverbands (NOFV) hat die Szenerie von der Tribüne beobachtet und einen Sonderbericht verfasst. Beide Vereine beschuldigen sich gegenseitig, Auslöser der Auseinandersetzung gewesen zu sein.

Im Bruno-Plache-Stadion war die Messe schon lange gesungen, viele Zuschauer bereits auf dem Weg aus dem Stadion, als es plötzlich tumultartig auf dem Platz zuging und sogar die Polizei auf das Spielfeld kommen musste. Mit den Zuschauern, die sich von der Schweigeminute bis zum Ende fair verhielten, hatte das nichts zu tun. Vielmehr hatten sich die Teams plötzlich in der Wolle.

Die Vereine beschuldigen einander, Auslöser dieser Zuspitzung gewesen zu sein. „Einzelne Spieler der Heimmannschaft sind direkt nach dem Bilden ihres Mannschaftskreises in die Richtung unseres Kreises gelaufen und riefen uns zu, wie wir denn die Niederlage in diesem Derby verkraften würden“, so Chemie-Pressesprecher René Jacobi auf LZ-Anfrage.

Die Lok-Version lautet: Als Lok gerade feierte, sollen sich Chemie-Spieler in der Nähe aufgehalten und gestört haben. Es kam zu einem Wortgefecht, was die Chemie-Mannschaft, angeführt von Manuel Wajer, der im 108. Derby nicht spielte, aufbrachte. Es entwickelte sich eine Rangelei, die wahrscheinlich nur nicht weiter eskalierte, weil sich Lok-Trainer Almedin Civa und mehrere seiner Spieler dazwischen stellten.

Lok-Präsident Thomas Löwe hat eine klare Meinung zu den Vorkommnissen: „Aus meiner Sicht war es eindeutig, dass die Chemie-Spieler unsere Mannschaft angegriffen und sich als schlechte Verlierer erwiesen haben. Dennoch hoffe ich, dass der NOFV jetzt nicht die Strafenkeule rausholt, denn zu einem Derby gehören auch Emotionen.“ Fotos der Leipziger Zeitung (LZ) und die Videoaufnahmen von Ostsport.TV zeigen, dass es durchaus handfest zuging. Das wiederum hat Chemie-Pressesprecher Jacobi anders interpretiert: „Es gab derbe Worte, aber keine Tätlichkeiten.“

Ob strafwürdiges Verhalten vorliegt und wer der Auslöser war, wird nun wahrscheinlich das NOFV-Sportgericht ermitteln. Wie Till Dahlitz, zuständig für den Spielbetrieb im NOFV, auf Nachfrage mitteilte, gibt es einen Sonderbericht vom Sicherheitsbeobachter des Verbands, der das Geschehen auf der Tribüne verfolgt hat.

„Es besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass aufgrund dessen ein Verfahren gegen beide Vereine eingeleitet wird“, so Dahlitz. „Wir sammeln dazu Videomaterial“. Schiedsrichter Eugen Ostrin war bereits in der Kabine verschwunden, weswegen es von ihm keinen Sonderbericht gibt.

Auch die Nachspielzeit ging indessen in die Nachspielzeit. Auf der Pressekonferenz, die diesmal im Besprechungsraum der Lok-Geschäftsstelle stattfand, monierte Chemie-Trainer Miroslav Jagatic, dass alle Anwesenden Maske tragen und einen Negativtest zeigen sollten sowie das Fenster geöffnet werden soll.

Beim 1. FC Lok war man verwundert, da der sonst als ausgeglichen bekannte Jagatic plötzlich fordernd auftrat und seine nachvollziehbaren Bedenken im kleinen Besprechungsraum im Vorfeld nicht thematisiert hatte. „Sonst wäre das für uns kein Problem gewesen. So konnten wir die Forderung nach einem Negativtest gar nicht umsetzen“, erklärt Lok-Geschäftsführer Alexander Voigt.

Pressesprecher Jacobi relativierte die Forderungen von Jagatic im Nachhinein. „Unser Trainer ist für seine Vorsicht in Bezug auf mögliche Erkrankungen in seinem Team und dem näheren Umfeld bekannt. Als explizite Forderung sollte das nicht verstanden werden, Miro Jagatic hat aufgrund der geringen Größe des PK-Raumes um Öffnung der Fenster gebeten. Dies sollte nicht anklagend gegenüber dem Heimverein verstanden werden.“

Am Rande wurde bekannt, dass Jagatic am Mittwoch operiert wird und auch deshalb verständlicherweise besonders vorsichtig war. Bei Chemie geht man davon aus, dass er am Samstag, beim Heimspiel gegen Hertha II, aber wieder auf der Bank sitzen wird.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar