Manchmal dauert es Jahre bis zum nächsten Derby, manchmal auch nur drei Wochen. Nach dem Sachsenpokal-Kracher zwischen der BSG Chemie und dem 1. FC Lok vor gerade einmal 21 Tagen (7:8 n.E.), trafen beide Kontrahenten am Sonntag (16. Oktober) zum 9. Spieltag der Regionalliga Nordost erneut aufeinander – diesmal in Probstheida.

Während die 6.730 Zuschauern im Bruno-Plache-Stadion einen stimmungsvollen Nachmittag zelebrierten, gingen eine ganze Weile nach Abpfiff ausgerechnet beide Mannschaften heftig aufeinander los und sorgten im Stadion für einen kritischen Moment.

Wetter, Kulisse und die Bemühungen beider Vereine um einen möglichst friedlichen Ablauf des 108. Leipziger Stadtderbys, hatten einen würdigen Rahmen für ein kampfbetontes, emotionales Match aufs Tablett gelegt.

Bevor der Anpfiff ertönte, gedachten Spieler und Zuschauer zweier kürzlich, beide im Alter von 82 Jahren verstorbenen, Fußball-Persönlichkeiten: VfB-Aufstiegs-Trainer Jürgen Sundermann „Wundermann“ und Chemie-Legende Dieter Scherbarth.

Die anschließende Regionalliga-Partie bot ein würdiges Derby, das die Gastgeber letztendlich überraschend deutlich für sich entscheiden konnten. So klar war das Kräfteverhältnis – objektiv betrachtet – allerdings nicht wirklich verteilt. Lok wird das egal sein. Am Ende zählen die Tore und trotz des noch nicht genesenen „Knipsers“ Djamal Ziane und des Gelb-Rot gesperrten Osman Atilgan, klingelte es heftig im Kasten von Chemie.

Manasse Eshele (Chemie) hat den Ball und zupfte David Urban (Lok) feste am Trikot. Foto: Jan Kaefer
Manasse Eshele (Chemie) hat den Ball und zupfte David Urban (Lok) feste am Trikot. Foto: Jan Kaefer

So fielen die Tore

1:0 Theo Ogbidi (1. FC Lok), 37. Minute
Tobias Dombrowa spielt kurz hinter dem Mittelkreis einen genialen Pass in den freien Raum auf halbrechts. Dort ist Theo Ogbidi gestartet und schneller als sein Gegenspieler Lucas Surek. Kurz vorm Strafraum muss dieser Ogbidi daher an Kollegen Philipp Wendt übergeben, der den Drang des Lok-Stürmers aber auch nicht zügeln kann.

Ogbidi dringt in den Strafraum ein und zieht etwa drei Meter vor der rechten Ecke des Fünf-Meter-Raums mit dem rechten Schlappen ab. Surek verdeckt Chemie-Keeper Benjamin Bellot dabei etwas die Sicht, sodass dieser auf das Pfund zu spät reagiert. Der Ball schlägt hoch ins kurze Eck zur Probstheidaer Führung ein.

2:0 Sascha Pfeffer (1. FC Lok), 88. Minute
Chemie hatte einen Lok-Angriff eigentlich schon abgefangen. Surek hat den Ball und passt auf Höhe der Grundlinie in den Strafraum auf Paul Horschig. Dieser wirkt etwas unkonzentriert und kann den Ball nicht kontrollieren. Bogdan Rangelov spritzt gedankenschnell dazwischen. Horschig zupft kurz an dessen Trikot, Rangelov sinkt hernieder.

Schiedsrichter Eugen Ostrin entscheidet auf einen Elfmeter, den beide Kontrahenten hinterher als eher schmeichelhaft einschätzen. Lok-Kapitän Sascha Pfeffer lässt sich diese Einladung zur Vorentscheidung nicht entgehen, schickt Torhüter Bellot in die falsche Ecke und schiebt souverän flach rechts ein.

Der umstrittene Foul-Elfmeter für Lok brachte kurz vor Spielende die Entscheidung. Foto: Jan Kaefer
Der umstrittene Foul-Elfmeter für Lok brachte kurz vor Spielende die Entscheidung. Foto: Jan Kaefer

3:0 Bogdan Rangelov (1. FC Lok), 90. +3. Minute
In der Nachspielzeit stürmt Bogdan Rangelov von links kommend Richtung Zentrum, spielt dort den Doppelpass mit Ogbidi, lässt Horschig quasi stehen und platziert die Kugel – ganz allein vor Torhüter Bellot – flach und scharf direkt neben dem rechten Pfosten. Probstheida steht kopf. Noch in den Torjubel hinein pfeift Schiedsrichter Ostrin dieses 108. Leipziger Derby ab.

Nach Abpfiff gehen sich die Teams an den Kragen

Und als sich die Grün-Weißen schon mit ihrer Niederlage abgefunden zu haben schienen und die Blau-Gelben euphorisch ihren erneuten Derby-Sieg feierten, kamen völlig unerwartet noch einmal aggressive Emotionen ins Spiel.

Offensichtlich hatten sich Manuel Wajer (Chemie) und David Urban (Lok) noch ein paar unnütze Unfreundlichkeiten zu sagen, was eine komplett unnötige Massenrangelei zwischen den beiden Mannschaften auf dem Feld nach sich zog. (Die LZ wird darauf noch einmal detailliert eingehen)

Das heizte natürlich auch die Stimmung bei den Zuschauern auf, sodass nun doch wieder die Polizei auf dem Spielfeld Stellung beziehen musste. Unterm Strich eine absolut überflüssige Aktion der Fußball-Männer, die in diesem Moment ihrem jeweiligen Vereinen alles andere als geholfen haben.

Neben der Derby-Niederlage gab es für die Chemie-Fans auf ihrer Abreise zudem eine unerfreuliche Begegnung mit der Polizei. Diese leitete gegen einige von ihnen auf der Bornaischen Straße (Höhe S-Bahnhof Connewitz) eine Maßnahme ein. Da jetzt die gesamte Gruppe auf die Beendigung dieser Maßnahme wartete, wurde der Verkehr auf dieser Hauptstraße komplett blockiert.

Rund zehn Durchsagen seitens der Ordnungshüter bedurfte es, um den grün-weißen Anhang zum Räumen der Bornaischen Straße zu bewegen. Der Verkehr konnte daher ab etwa 20 Uhr wieder rollen, die Fans warteten dennoch am Straßenrand auf ihre Leute in der Maßnahme.

Sportliches Fazit: Der Derby-Sieg schießt den 1. FC Lok an Chemie, Altglienicke und Jena vorbei auf den 5. Tabellenplatz (17 Punkte, +8 Tore). Und obwohl die BSG Chemie nur einen Zähler weniger zu verbuchen hat, fällt sie aktuell auf den 8. Platz (16 Punkte, -1 Tore) zurück.

Für die beiden Leipziger Teams geht es in der Regionalliga am nächsten Spieltag folgendermaßen weiter: Lok reist am kommenden Freitag (21. Oktober) zur VSG Altglienicke (7. Platz), wo um 19 Uhr angepfiffen wird. Chemie hingegen empfängt einen Tag später um 13 Uhr Hertha BSC II (11. Platz).

Die Infos zum Spiel:
https://www.fussball.de/spiel/1-fc-lokomotive-leipzig-bsg-chemie-leipzig/…

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