Die sächsische CDU ist eine seltsame Partei. Sie ist geradezu besessen davon, alles zu kontrollieren und zu steuern. Und davon kann sie auch nicht in Zeiten eines gewaltigen Lehrermangels lassen. Das CDU-geführte Kultusministerium verschreckt noch immer viele gut ausgebildete Pädagog/-innen mit ihrem lenkenden Einstellungsverfahren. Petra Zais kann über diese seltsame Lenkungspolitik nur den Kopf schütteln.

Anlass für ihr Kopfschütteln sind kritische Berichte von Bewerberinnen und Bewerbern für den sächsischen Schuldienst zu Gruppenterminen im Landesamt für Schule und Bildung (LaSuB), zu kurzen Rückmeldefristen und fehlenden oder unpassenden Einstellungsangeboten.

„Bei allem Verständnis für die Dramatik der Situation und den Ungleichgewichten in der Nachfrage nach bestimmten Schularten und Regionen: Der Versuch eines ,lenkenden Verfahrens‘ muss kritisch evaluiert werden. Die Zeiten, in denen auf dem Lehrerarbeitsmarkt aus dem Vollen geschöpft werden konnte, sind längst vorbei. Diese Erkenntnis scheint noch nicht bei allen angekommen zu sein“, formuliert Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, ihre Kritik.

„Ich halte es für falsch, wenn zum Beispiel die Bereitschaft zum Schulartwechsel bei der Bewerbung stärker honoriert wird als eine grundständige Ausbildung – so geschehen im Fall von Gymnasiallehrkräften und Grundschullehrerinnen. Während ausgebildete Grundschullehrkräfte in andere Regionen umgelenkt werden sollten, erhielten 15 Gymnasiallehrerinnen und -lehrer an den LaSuB-Standorten Dresden und Leipzig eine unbefristete Einstellung, als sie sich ausschließlich an Grundschulen bewarben.“

Das Grundproblem dabei: Die Lehramtsausbildung erfolgt in Sachsen schulartbezogen, das heißt Gymnasiallehrerinnen und -lehrer sind nicht wirklich für die Arbeit an Grundschulen ausgebildet.

„Ich halte ein solches Vorgehen für ein fatales Signal an Lehramtsstudierende“, sagt die Landtagsabgeordnete. „Bis heute spielt die familiäre Situation bei allen sogenannten Personalmaßnahmen kaum eine Rolle. Das bestätigen mir immer wieder Zuschriften von Lehrkräften, egal, ob sie bereits im Schuldienst tätig sind oder sich neu bewerben: Familienfreundlichkeit steht hinten an. Dabei zeigt die gerade veröffentlichte Lehramtsabsolventenstudie, dass private und familiäre Gründe eine wichtige Rolle spielen, sowohl bei der Entscheidung für eine Bewerbung in Sachsen als auch bei einer Entscheidung dagegen. Anders gesagt: Familienfreundlichkeit entscheidet darüber, ob eine Einstellung letztlich gelingt oder nicht. Das darf nicht länger ignoriert werden.“

Aus der Absolventenstudie geht unter anderem hervor, dass für 95,5 Prozent der Befragten private und familiäre Gründe wichtig sind bei der Entscheidung, sich für den Vorbereitungsdienst in Sachsen zu entscheiden. Private Gründe sind auch ausschlaggebend für eine Bewerbung in Sachsen bzw. für eine Bewerbung außerhalb Sachsens.

Wenn sich das nicht vereinbaren lässt, weil das LaSuB lieber auf die jungen Pädagogen verzichtet, statt auf ihre Wünsche einzugehen, verliert das Land diese Lehrkräfte zwangsläufig. Sie wandern ab oder wechseln das Berufsfeld. Und das mögliche attraktive Angebot von Gemeinschaftsschulen, das für viele Lehrerinnen und Lehrer auch jenseits der Großstädte interessant wäre, gibt es noch immer nicht. Lieber verwaltet man ein System, das kaum Flexibilität kennt und Lehrer eher wie Soll-Abarbeiter behandelt.

„Jede nicht generierte Einstellung schafft Folgeprobleme“, geht Zais auf das Ergebnis dieser bürokratischen Lenkungspraxis ein. „Können der Bedarf und die ohnehin vorhandenen Lücken nicht durch Einstellungen gedeckt bzw. geschlossen werden, werden weitere Personalmaßnahmen, insbesondere Versetzungen und Abordnungen nötig. Das sorgt bei den Betroffenen für Frust und bringt weitere Unruhe ins System.“

Erhöhung von Studiums- und Referendarsplätzen hat das Lehrerstudium in Sachsen deutlich attraktiver gemacht

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