Nach der Übernahme von Twitter durch Elon Musk und den damit verbundenen Änderungen bei der Moderation und Faktenchecks, das muss hier nicht näher ausgeführt werden, aber auch den Änderungen bei den Meta-Diensten, mit dem Kniefall Zuckerbergs vor Trump, suchen sich viele Menschen Alternativen.
Prof. Dr. Christian Pieter Hoffmann, Kommunikationswissenschaftler an der Universität Leipzig, hat im Online-Magazin „Machine against the Rage“ des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena dazu einen Artikel veröffentlicht. Unter dem Titel „Deine Kammer, meine Kammer“ stellt er die Frage, ob Alternative Plattformen ein Fluch oder Segen für den öffentlichen Diskurs sind.
Im Artikel stellt er unter anderem die Aussage auf: „Links wie rechts haben sich nun Alternativen zu den großen Plattformen etabliert, die mehr oder weniger bewusst als digitale Echokammern fungieren.“
Ob nun Bluesky und Mastodon auf der einen Seite und Parler, Gab, Gettr oder Truth Social auf der anderen Seite wirklich eine Fragmentierung, eine Bildung von Echokammern und eine Gefahr für den öffentlichen Diskurs darstellen, darüber kann man verschiedener Meinung sein. Auch darüber, was wirklich zum X-odus geführt hat.
Man könnte eine Kritik schreiben, oder man fragt einfach den Autor. Wir haben uns für letzteres entschieden und trafen Professor Hoffmann am 9. Juli zum Gespräch. Für das Gespräch haben wir vereinbart, bei der Anrede auf den akademischen Titel zu verzichten.
Herr Hoffmann, im Artikel geht es um das alte Thema: Die Gesellschaft spaltet sich, hier in den sozialen Netzwerken, in verschiedene Echokammern, wie Sie das bezeichnen. Bluesky und Mastodon hatten ja nicht nur einen Zulauf durch den X-odus, sondern, weil viele Menschen mit den klassischen Plattformen nicht mehr ganz einverstanden sind.
Es wird zu viel Werbung eingespielt, die Algorithmen funktionieren nicht so wie man es sich wünscht. Interessant finde ich Ihre Ausführung, dass die Spaltung zunimmt. Mein Gedanke: Wir bewegen uns zurück zu der Zeit, in der Menschen mit verschiedenen politischen Meinungen verschiedene Zeitungen lasen, verschiedene Sendungen guckten und in verschiedenen Kneipen am Stammtisch saßen. Die Situation ist also nicht wirklich neu.
In der Tat, das würde ich auch so sehen, es gibt einen sehr tief verankerten Wunsch bei uns Menschen, uns selbst nicht ständig allzu sehr herauszufordern. Das hat auch ein bisschen etwas mit kognitiver Trägheit zu tun, so wie man nicht jeden Tag wahnsinnig viel dazulernen möchte, so möchte man auch politisch nicht permanent herausgefordert werden.
Ein bisschen vielleicht – und es gibt einige Menschen, die haben auch Spaß am Führen politischer Debatten. Aber ständig das eigene Weltbild infrage stellen zu müssen, das ist unglaublich anstrengend. Und deswegen ist es, wie Sie sagen, ein ganz altes Phänomen, dass wir Medien konsumieren, die zumindest größtenteils unser Weltbild bestätigen. Das ist ein vordigitales Phänomen, wie Sie auch richtig sagen, das war auch schon bei Büchern so, bei der gedruckten Zeitung so und ist im Internet auch so.
Ich war schon immer skeptisch gegenüber der These, dass die sozialen Medien Echokammern produzieren. Meine Vermutung war dagegen, dass sie Echokammern abbilden. Also, dass es diese Echokammern einfach gibt in der realen Welt und deswegen gibt es sie auch im Internet. Ich sage gerne zu meinen Studenten, dass wir so viel über Echokammern in den sozialen Medien reden und dabei unterschätzen, wie sehr wir außerhalb des Internets in Echokammern leben.
Wenn man sich mal überlegt: Wer sind meine Freunde, mit denen ich rede, meine Kollegen, meine Familienmitglieder? Das sind häufig Leute, die mir recht ähnlich sind, die aus einem ähnlichen Milieu kommen, einen ähnlichen Hintergrund haben, vielleicht sogar geografisch aus einer ähnlichen Gegend kommen, und deswegen vermutlich auch ähnlich denken wie ich.
Es gibt ja die interessante These, dass die sozialen Medien nicht deswegen zur Polarisierung beitragen, weil sie Echokammern produzieren, sondern im Gegenteil, weil sie Öffentlichkeit herstellen. Sie sorgen dafür, dass wir ständig Menschen begegnen, die völlig anders sind als wir. Und das Verstörende ist, dass dann aufgrund dieser Offenheit und dieser Konfrontation die Sichtweisen der politischen Lager aufeinander immer negativer wird.
Es ist also das klassische Phänomen der analogen Welt, in der wir plötzlich bei einer Familienfeier oder im Arbeitsleben auf komplett konträre Meinungen stoßen und uns dann entweder streiten oder abkapseln. Diese Situation haben wir im Social Media nur permanent.
Genau, es gibt ja diese Erzählungen vom irgendwie verrückten Onkel, der absonderliche politische Einstellungen hat. Den trifft man einmal im Jahr zu Weihnachten und denkt, was ist das denn für ein Spinner? Dann entwickelt man vielleicht eine negative Sichtweise auf diesen Teil der Familie. So ähnlich kann man sich das im Internet auch vorstellen.
Wenn ich zum Beispiel ein progressiver, jugendlicher Student der Geisteswissenschaften in Berlin bin: Alle meine Freunde wählen die Grünen oder die Linken, so wie ich. Aber dann gehe ich ins Internet und dort sehe ich dann Anhänger der CDU und vielleicht auch nicht die eher Moderaten, sondern die Radikalen. Dann denke ich, die da drüben, das sind alles Nazis. Ich bekomme dann ein sehr verzerrtes Bild der anderen politischen Lager, denen ich im Internet begegne, weil dort gerade die provokativeren Stimmen besonders viel Reichweite bekommen.
Also es ist nicht der Durchschnitts-Grüne und der Durchschnitts-CDUler, die auf Twitter für Furore sorgen, sondern es sind eher jene, die provokativ auftretenden, oft eher am Rand stehenden, die lauten Stimmen. Und so bekommt man eben auf den Social-Media-Plattformen ein sehr verzerrtes Bild von den Anderen, jenen, die außerhalb meiner Echokammer sind.
Nicht immer sind die politischen Führungspersönlichkeiten die Meinungsführer im Internet. Wir sehen gerade bei den Videoplattformen wie TikTok, dass die provokantesten Aussagen die meisten Klicks bringen. Und jemandem, der richtig provoziert, egal auf welcher Ebene, folgen dann auch viele, weil sie genau diese Sachen suchen.
Genau, die sozialen Medien sind eigentlich ein bisschen wie Boulevardzeitungen. Das Aufsehenerregende sorgt fürs Hingucken und für Aufmerksamkeit. Genau so, wie die Bild-Zeitung anders ist als die Frankfurter Allgemeine Zeitung oder die ZEIT, so sind auch die sozialen Medien oft in ihren Auswahlmechanismen anders als die Frankfurter Allgemeine oder die Zeit.
Das ist den sozialen Medien ohnehin inhärent. Und das führt, wie Sie sagen, dazu, dass es halt eher die absonderlichen Figuren, die eher am Rand stehenden, provokativen Figuren sind, die besonders viel Aufmerksamkeit bekommen. Nicht zuletzt, weil dann eben die andere Seite besonders stark auf sie reagiert.
Die meisten Studien zu diesen Phänomenen sind aus den USA. In den USA könnte man zum Beispiel sagen, jemand wie Alexandria Ocasio-Cortez, die Vorkämpferin der Progressiven in der Demokratischen Partei, hat regelrecht Karriere dadurch gemacht, dass sie provokative Dinge ins Internet gestellt hat und dann die Republikaner gesagt haben, schaut euch mal an, wie verrückt die Demokraten sind.
Dabei ist sie nicht repräsentativ für die Mehrheit der Demokraten, aber sie prägt das Bild der Demokraten in den Social Media – vor allem bei der politischen Gegenseite. Das ist also ein Auswahlmechanismus, den wir oft beobachten können in den sozialen Medien. Es gibt die interessante These, dass dieser Mechanismus zur Polarisierung beiträgt, weil Nutzer dadurch häufig eine verzerrte Präsentation des politischen Gegenübers sehen.
In den USA gibt es ganz interessante Studien, die zeigen, dass wenn man Demokraten befragt, was eigentlich die Forderungen von typischen Republikanern sind, und umgekehrt, dass sie ganz schlecht in der Lage sind, das akkurat einzuschätzen. Weil sie halt im Internet oft radikale Außenseiterpositionen der Gegenseite sehen. So denken zum Beispiel die Demokraten, alle Republikaner sind komplett gegen Abtreibung.
Das stimmt nicht. Aber das ist der Eindruck, den man bekommen kann, wenn man im Netz unterwegs ist. Insofern ist es vielleicht tatsächlich so, dass die sozialen Medien eigentlich eine Abweichung von der Norm darstellen, gerade weil sie eine globale Plattform zur Verfügung stellen, wo alles auf alles trifft.
Das ist dann eben doch etwas anders, als früher bei den Parteizeitungen zum Beispiel, wo die Anhänger sich jeweils in ihre medialen Nischen zurückziehen konnten. So gesehen ist es vielleicht eine Art Normalisierungsprozess, wenn wir nun auch eine Art Aufteilung von digitalen Plattformen beobachten, wo man sagen könnte: Menschen, die eher diese Weltsicht haben, treffen sich auf Plattform A, und Menschen, die eine andere Weltsicht haben, treffen sich auf Plattform B.
Die Öffentlichkeit sortiert sich so wieder ein bisschen auseinander. Die optimistische These wäre, dass das zu einer Beruhigung des öffentlichen Diskurses führen könnte, weil die Nutzer dann nicht mehr ständig mit provokativen Dingen konfrontiert sind, sondern sich in einem kuscheligen ideologischen digitalen Raum aufhalten, in dem man sich im Wesentlichen gegenseitig bestärkt und bestätigt.
Das gegenseitige Bestärken und Bestätigen kann in Extremfällen auch zu einer gewissen Radikalisierung führen, was dann wieder die Diskursfähigkeit mit dem politischen Gegner beeinträchtigt. Wo man dann das, was man im Internet macht, in derselben Form auf der politischen Ebene austrägt.
Manchmal ist das Trennen der sich zankenden Parteien vielleicht etwas, das zur Beruhigung der Debatte und zur mentalen Beruhigung beiträgt. Wie gesagt, das wäre die optimistische These, dass der Rückzug in politisch homogene digitale Räume eher depolarisierend wirkt.
Was wäre die pessimistische These?
Die wäre erstens, dass digitale Echokammern zu einer Radikalisierung beitragen. Wenn in den digitalen Rückzugsräumen die Nutzer sich ständig gegenseitig bestärken und befeuern, und nie Widerspruch der Gegenseite wahrgenommen wird, dann werden die politischen Lager möglicherweise weniger verständigungs- und konsensfähig. Weil sie die Sichtweisen der anderen Seite gar nicht mehr kennen oder nachvollziehen können.
Ich habe in meinem Beitrag nochmal einen anderen Blick reingebracht, in dem ich versucht habe zu differenzieren zwischen den Wählerinnen und Wählern, den „einfachen Bürgern“ und den politischen Eliten. Wir wissen ja aus der empirischen Forschung, dass eigentlich nur ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung wirklich sehr aktiv Politik verfolgt oder sogar politisch aktiv ist.
Sagen wir mal, das sind so etwa 15 Prozent, die wirklich das politische Geschehen sehr aktiv verfolgen und vielleicht auch ab und zu mal etwas tun, wie Geld an eine Partei spenden oder eine Petition unterschreiben. Am Ende sind es ein, zwei Prozent der Bevölkerung, die wirklich an der Produktion politischer Kompromisse aktiv beteiligt sind, sei es direkt im Parlament oder im Umfeld des Parlaments oder in NGOs, im politischen Vorfeld. Die politische Elite ist letztlich in allen Demokratien relativ klein.
Es macht daher einen Unterschied, wer jetzt eigentlich in einer Echokammer lebt. Also sind es die Bürgerinnen und Bürger? Das kann schon schwierig sein, wenn zum Beispiel die Bundestagsabgeordneten in ihren Wahlkreis gehen und versuchen, ihre Wähler mitzunehmen zu einem politischen Kompromiss. Dann muss man denen vermitteln: „Leute, wir von der CDU sind jetzt mit der SPD in einer Regierung und deswegen müssen wir diese Pille jetzt schlucken.“ Das kann natürlich schwierig werden, wenn die Basis sich stark polarisiert und vielleicht ein Stück weit radikalisiert hat.
Aber was ist, wenn die Bundestagsabgeordneten selbst sich radikalisiert haben, wenn die sich polarisieren? Dann wird das politische System möglicherweise dysfunktional. Das ist eigentlich das, was ich bei der derzeit beobachtbaren Aufteilung der digitalen Plattformen interessant finde. Die Fragen: Wie verhalten sich die politischen Eliten? Wo finden die sich am Ende wieder? Sind die auf den großen Social-Media-Plattformen, wo alle möglichen Sichtweisen auftauchen oder verschwinden die auch in digitale Nischen? Sind sie dann nur noch von Gleichgesinnten umgeben und so weiter?
Es macht schon einen Unterschied für das politische System, ob die Bürger sich segmentieren, um ihre Ruhe zu haben und nicht ständig genervt zu werden, oder ob die politischen Entscheidungsträger sich in Echokammern zurückziehen. Letzteres halte ich für gefährlicher.
Herr Hoffmann, das war jetzt sozusagen der Teil zu Ihrem Artikel in „Machine against Rage“, also der gesellschaftlich-politische Aspekt. Wir sind ja beide in mehreren sozialen Netzwerken aktiv und beobachten, jeder von seinem Gebiet aus, was dort vor sich geht: Auf der einen Seite sind es die Teilnehmer an diesem eigentlich erwünschten Diskurs, und auf der anderen Seite steht natürlich immer die Plattform selbst, der Betreiber. Dieser will in erster Linie Geld verdienen.
Wir haben es ja bei Twitter gesehen: Die chronologische Timeline wurde abgeschafft und es kamen immer mehr algorithmisierte Vorschläge plus Werbung. Da hat man irgendwann die Lust verloren. Das ist ja auch noch ein Grund, warum jetzt Plattformen wie Bluesky, wo man noch nicht weiß wie es sich entwickelt, und Mastodon, weil es ein dezentrales Netzwerk ist, vielleicht die Nase vorn haben werden.
Das Motiv der Werbevermeidung ist natürlich nachvollziehbar, das geht uns, glaube ich, allen so, dass wir von Werbung genervt sind und das gerne vermeiden möchten. Dem gegenüber steht aber die Frage, wie sich diese Angebote finanzieren. Und es gibt halt doch die Beobachtung, dass Open-Source-Angebote, die auf freiwilligem Engagement von Menschen basieren, die dort ihre Zeit und Energie investieren, häufig nicht mit kommerziellen Produkten mithalten können.
Also mit der Innovationsgeschwindigkeit von kommerziellen Produkten, die einfach mehr Kapital haben und deswegen mehr Menschen professionell einspannen können und diesen auch einen Anreiz geben können, von morgens bis abends für die Plattform zu arbeiten und so weiter. Insofern bin ich immer ein bisschen skeptisch, ob ein Open-Source-Angebot wirklich dauerhaft attraktiver sein kann als ein kommerzielles Angebot.
Aber das wird die Zeit weisen. Vielleicht ist wirklich diese nervende Wirkung von Werbung irgendwann so stark, dass die Nutzer sagen, ich habe vielleicht die eine oder andere Funktionalität auf Mastodon nicht, aber dafür habe ich wenigstens meine Ruhe von der Werbung.
Was meinen Sie zu den Algorithmen, das war ja der andere Teil?
Bei den Algorithmen ist es ähnlich. Sicher ist es so, dass der Algorithmus in der Regel darauf ausgerichtet ist, uns so lange wie möglich auf der Plattform zu binden. Je mehr Zeit wir dort verbringen, desto mehr Werbung sehen wir, desto mehr Geld verdient die Plattform. Und deswegen sind ja auch die algorithmischen Selektionsprozesse oft so boulevardesk, sodass eben unterhaltsame, schockierende, emotionalisierende, moralisierende Inhalte befördert werden.
Eine kleine Einschränkung würde ich dabei dennoch machen, weil Menschen wie vermutlich Sie und ich, die relativ stark politisch interessiert sind, eher die Ausnahme sind auf diesen Plattformen. Man darf nie von seiner eigenen Nutzungserfahrung auf die generelle Nutzungserfahrung schließen.
Die meisten Menschen interessieren sich nicht besonders für Politik und sehen nicht viele politische Inhalte auf diesen Plattformen. Sicher ab und zu mal, aber Politik dominiert nicht deren Nutzungserlebnis, sondern die sehen halt, was weiß ich, Fußball-Inhalte, die sehen Blumenzucht-Inhalte oder was auch immer diese Leute jeweils interessiert. Deswegen haben viele Menschen auch nicht die emotional sehr aufreibenden Erfahrungen ständig mit provokativen politischen Inhalten konfrontiert zu sein. Die meisten Menschen, das zeigen auch Umfragen, haben eigentlich eine ganz angenehme Nutzungserfahrung auf sozialen Medien und mögen die sozialen Medien.
Insofern, wenn unter Akademikern und Journalisten Diskurse über die Schattenseiten der Social Media geführt werden, dann denke ich manchmal: Leute, ihr steckt selber in gewisser Hinsicht in einer Echokammer und ihr problematisiert eure persönliche Nutzungserfahrung und redet zu wenig mit Menschen, die anders sind als ihr, die möglicherweise eine ganz andere Nutzungserfahrung haben und all diese Probleme gar nicht haben. Wie gesagt, das wäre eine Klammer, die ich setzen würde, rund um das Problem mit den Algorithmen.
Es gab ja letztens die Initiative der Europäischen Union, die Personalisierung von Werbung einzuschränken. Die Plattformen dürfen dann nicht mehr nach gewissen Kriterien, wie sexuelle Orientierung beispielsweise, personalisierte Werbung ausspielen. Auch da zeigen Befragungen, dass viele Menschen eigentlich gar kein Problem haben mit Personalisierung, dass die sagen: Nein, ich finde das eigentlich ganz angenehm, dass mir Werbung gezeigt wird, die wirklich meinen Interessen entspricht.
Ich persönlich interessiere mich zum Beispiel überhaupt nicht für Fußball. Wenn mir irgendwelche Fußball-Inhalte gezeigt würden, das würde mich eher nerven. Insofern hat Personalisierung ja auch eine gewisse Bequemlichkeit und es bringt gewisse Vorteile, dass einem eher wirklich relevante Dinge vorgeschlagen werde. Also insofern, auch bei den Algorithmen, die haben nicht nur Schattenseiten, die haben auch Lichtseiten.
Bei solchen Betrachtungen geht man natürlich immer von eigenen Erfahrungen und Bedürfnissen aus. Problematisch an den Algorithmen sehe ich aber einiges. Ich kenne persönlich Menschen, die sind so versackt in Hass auf alles und jeden, um es plastisch auszudrücken. Da macht natürlich der Algorithmus eins, wenn die ständig nur nach solchen Sachen suchen, die dem entsprechen, dann spielt der denen die Sachen rein. Und dann sind sie in einer Echokammer, wo sie nur genau das bestätigt bekommen.
Die richtige Art über die sozialen Medien nachzudenken, ist eigentlich, dass die sozialen Medien ein Abbild der, wenn man so will, realen Welt sind. Also wenn ein fanatischer RB Leipzig-Fan sich auf Social Media anmeldet, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis der RB Leipzig-Inhalte zu sehen bekommt. Und es ist meistens verkürzt, zu denken, die sozialen Medien erzeugen diese Phänomene.
Das heißt, der Mann ist nicht RB Leipzig-Fan geworden, weil er sich auf Facebook angemeldet hat. Der war vorher auch schon RB Leipzig-Fan. Aber die sozialen Medien können natürlich aufgrund ihrer Selektionsmechanismen schon zu so etwas wie einer Verhärtung oder Verstärkung beitragen. Und so ist das auch in der Politik. Manche Leute machen die sozialen Medien für den Aufstieg der AfD oder des BSW oder populistischen Bewegungen verantwortlich.
Da muss ich immer warnen: Es ist zu einfach zu sagen, ohne diese Plattform gäbe es diese Bewegungen nicht. Diese Plattformen können eine Bewegung schon unterstützen und bestärken, aber sie sind selten ursächlich.
Ursächlich sind also die Menschen in der realen Welt?
Genau, die sozialen Medien sind so gesehen wirklich einfach sozial. Sie bilden unsere soziale Realität ab.
Herr Hoffmann, ich bedanke mich für das Gespräch.
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Es gibt 2 Kommentare
Guten Morgen Herr Matysik, Sie kommentieren unter einem Artikel, in dem ein Professor der Universität Leipzig zum Thema Kommunikation interviewt wird. Sie beklagen, dass Sie gern am Diskurs teilhaben würden. Genau das steht Ihnen mit der Kommentarfunktion zur Verfügung. Allerdings wäre es erfreulich, wenn Sie sich dabei auf den Artikel und dessen Thema beziehen würden. Die von Ihnen gewählte Form ist in den sozialen Medien, um die es im Artikel geht, gemeinhin als „Trollen“ bekannt, schließlich kommentieren Sie gleichlautend, themenunabhängig, unter mehreren Artikeln. Unter den anderen Artikeln werde ich nicht weiter darauf eingehen, hier erscheint es mir passen. Mit freundlichen Grüßen vom Autor.
Ich bin nur ein normaler Mensch. Dennoch möchte ich mit meiner Meinung am Diskurs teilhaben. Leider hat mich die Redaktion dieser Zeitung (möglicherweise rechtlich relevant, zumindest menschlich widerlich) attackiert. Siehe Leserbriefe. (https://www.l-iz.de/leben/gesellschaft/2025/07/chemie-professor-629960#comment-45386