Kirchenbauwerke gehรถren in Mitteldeutschland zu fast jedem Ort. Im Alltag sind sie bekannt als
Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke, sie haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfรคltige Bedeutung. Dutzende Kirchen werden heutzutage anders als ursprรผnglich genutzt, so auch in der Altmark.

Die Nikolaikirche in Gardelegen gehรถrt zur Backstein-Romanik und -Gotik. Sie wurde St. Nikolaus geweiht, dem Schutzpatron der Kaufleute und Seefahrer. Bis zur Reformation war sie Gardelegens Hauptkirche. Nach ihrer starken Beschรคdigung im Zweiten Weltkrieg beim US-Luftangriff am 15. Mรคrz 1945 wurde sie teilweise wiederaufgebaut. Seit 1977 wird sie nicht mehr als Gotteshaus genutzt.

Errichtet um 1200 als romanischer Backsteinbau mit querstehendem westlichen Kirchturm, war ihr Bauherr Heinrich von Gardelegen, von 1186 bis 1192 auf Burg Gardelegen zu Hause. Zuvor stand dort vermutlich eine hรถlzerne, St. Stephan geweihte Missionskirche aus der Zeit der Karolinger.

Kriegszerstรถrung und Restaurierung

Es folgten Umbauten und Erweiterungen im gotischen Stil, so um 1420 beim Bau des Chores. Das Langhaus wurde Ende des 15. Jahrhunderts als Hallenkirche neu gebaut, nach 1500 wurde der nunmehr 54 Meter hohe Kirchturm verรคndert. 1596 erhielt die Kirche eine neue Kanzel. Ende des 18. Jahrhunderts war sie jedoch baufรคllig, ihr Abriss stand zur Diskussion. Gardelegens Bรผrger setzten sich fรผr ihre Restaurierung ein.

Am 15. Mรคrz 1945 wurde die Kirche von Bomben der US-Luftflotte stark beschรคdigt. Daraufhin diente ihr Chor fรผr einige Jahrzehnte als Notkirche. 1977 gab die Kirchgemeinde das Bauwerk fรผr die kirchliche Nutzung auf. 

1991 begannen Restaurierungsarbeiten, so wurde etwa die Kirchturm-Spitze dank der groรŸzรผgigen Spende eines Bรผrgers von Gardelegen neu gedeckt. Hinzu kam aus รœbersee kam von einer einstigen Bรผrgerin dieser Hansestadt eine betrรคchtliche Summe fรผr den Erhalt der Kirche. 1993 grรผndete sich der โ€žVerein fรผr Kultur und Denkmalpflege Gardelegen und Umgebungโ€œ, der sich auch fรผr die Sanierung des Sakralbaus engagiert.

Von der Kirche sind der Turm, Chor und Langhaus erhalten, es รผberdauerten die AuรŸenmauern und im Inneren die Rundpfeiler. Der Chor besteht aus vier Jochen mit Fรผnfachtelschluss. Zwischen den Strebepfeilern befinden sich zweiteilige Spitzbogenfenster. Der Langchor hat eine Balkendecke mit Bรผrgerwappen des frรผhen 16. Jahrhunderts. Chorschluss und รถstliches Dach haben Gewรถlbe. Von der einstigen Ausstattung sind Altartisch und im Hohen Chor Wandmalereien der Spรคtgotik erhalten, andere Teile der Ausstattung kamen in Gardelegens Marienkirche.

Institution in der Altmark

Der โ€žVerein fรผr Kultur und Denkmalpflege Gardelegen und Umgebungโ€œ nutzt seit 1995 die Kirche fรผr Chor- und Instrumentalkonzerte, fรผr Fรผhrungen und Ausstellungen; er will die Nutzung verbessern. So wurde der romanische Bogen mit einer Glaskonstruktion geschlossen โ€“ er lรคsst nun Aus- und Einblicke zu und macht den angrenzenden Raum neu erfahrbar.

Bauwerk und Verein werden in der Altmark geschรคtzt und unterstรผtzt: โ€žDie Wiederaufbau-Leistungen gehรถren zum schรผtzenswerten Erbe und sind wichtige, nahezu identitรคtsstiftende Leistungen der Protagonisten vor Ort und der institutionellen Denkmalpflege nach dem Kriegโ€œ, so die Sparkasse Altmark West im Dezember 2020.

Sie und die Ostdeutsche Sparkassenstiftung fรถrdern daher die Sicherung der Wandbilder und Restaurierung der Holzdecke im Chor der Nikolaikirche Gardelegen. Dabei geht es um die konservatorische und restauratorische Bearbeitung der seit fast 70 Jahren unbearbeiteten Oberflรคchen sowie die vollstรคndige Wiederherstellung der Decke in den Zustand von 1953.

Das ehemalige Langhaus soll als Lapidarium โ€“ also als Ort fรผr eine Steinwerk-Sammlung โ€“ kรผnftig Grabsteine und architektonische Objekte aus Gardelegen beherbergen. Die Kirche steht am Holzmarkt in Gardelegens nรถrdlichem Stadtzentrum direkt an der Wallanlage.

Koordinaten: 52ยฐ 31โ€ฒ 44โ€ณ N, 11ยฐ 23โ€ฒ 24โ€ณ O

Quellen und Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaikirche_(Gardelegen)
https://www.ak-lsa.de/objekt/nikolaikirchruine-gardelegen-entwicklungskonzept-2/

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