Der „Gedenkstein“ der rechtsradikalen „Freien Sachsen“ für die „Opfer des Corona-Impfexperiments“ ist laut Oberverwaltungsgericht Bautzen von der Meinungsfreiheit geschützt. Außerdem: Gefangene erhalten laut Bundesverfassungsgericht zu wenig Lohn für ihre Arbeit und der Verfassungsschutz zählte 2022 deutlich weniger Straftaten durch Linke. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 20. Juni 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen hat entschieden, dass ein sogenannter Gedenkstein auf einem Grundstück der „Freien Sachsen“ stehen bleiben darf. Zuvor hatte die Polizei die Partei dazu aufgefordert, den Stein zu entfernen. Eine Beschwerde gegen diese Aufforderung hatte das Verwaltungsgericht Dresden abgelehnt.

„Zur Erinnerung an die Opfer des Corona-Impfexperiments und der Zwangsmaßnahmen des Kretschmer-Regimes“ ist auf dem Stein zu lesen. Das OVG argumentiert, dass dieser Inhalt von der Meinungsfreiheit geschützt sei. Es komme nicht darauf an, ob Meinungen richtig, wertvoll, anstößig oder abwegig seien, so das Gericht in seiner Begründung.

Verstoß gegen Resozialisierungsgebot

Eine Entscheidung auf noch höherer Ebene wurde heute in Karlsruhe getroffen. Dort hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Arbeitslohn für Strafgefangene rechtswidrig ist. Weniger als zwei Euro pro Stunde würden gegen das Resozialiserungsgebot verstoßen.

Sowohl die Gefangenengewerkschaft als auch der Deutsche Anwaltverein begrüßten das Urteil laut einem Bericht von „Legal Tribune Online“. Auch Sachsen müsse „jetzt sein Vergütungssystem für Gefangene auf den Prüfstand stellen“, forderte die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke).

Sie kritisiert, dass Gefangene in Sachsen maximal 2,15 Euro pro Stunde erhalten und Auszubildende noch weniger. „Die Gefangenen erwerben keinerlei Rentenansprüche, obwohl manche jahrelang arbeiten“, so Nagel, die das System als „Ausbeutungspraxis“ bezeichnet.

Schnelle Änderungen sind aber nicht absehbar. Das Bundesverfassungsgericht hat die von der Klage betroffenen Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen dazu verpflichtet, bis Mitte 2025 neue Gesetze zu schaffen.

Zuwachs bei rechter Gewalt

In Berlin wurde heute der Bundesverfassungsschutzbericht für das Jahr 2022 vorgestellt. Die größte Gefahr gehe weiterhin vom Rechtsextremismus aus, so Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). So habe es bei rechten Gewalttaten einen Zuwachs von 7,5 Prozent gegeben. Auch die Zahl antisemitischer Gewalttaten sei gestiegen.

Einen deutlichen Rückgang gebe es hingegen beim Linksextremismus – sowohl bei Straftaten allgemein als auch bei Gewaltdelikten. Gefährlich seien vor allem kleine Gruppen, die geheim agierten, fasst die Tagesschau den Bericht zusammen.

Die Zahlen im Verfassungsschutzbericht sind wie immer mit Vorsicht zu genießen. Es gibt Kritik, dass manche Straftaten zu leichtfertig einer politischen Kategorie zugeordnet würden und andere trotz offensichtlicher Nähe wiederum nicht. Zudem bildet der Bericht nur die dokumentierten Fälle ab – aber beispielsweise nicht jeder antisemitische Vorfall wird auch zur Anzeige gebracht.

Extrem menschenfeindlich

Was in solchen Berichten naturgemäß auch nicht vorkommt: extrem menschenfeindliche Bestrebungen aus der Mitte der Gesellschaft heraus, so wie beispielsweise im Umgang mit Menschen, die über das Mittelmeer flüchten. Immer wieder kommt es zu tödlichen Unglücken, obwohl sich vieles davon vermeiden ließe, wenn Europa stärker in Seenotrettung oder auch legale Fluchtwege investieren würde.

Jüngere Ereignisse wie der sogenannte Asylkompromiss der Europäischen Union und das Bootsunglück vor Griechenland geben derzeit Anlass zum Protest, heute war zudem Weltflüchtlingstag. In Leipzig war aus diesem Grund Amnesty International auf der Straße. Am Abend gab es zudem eine Demo gegen die Festung Europa.

Und am Abend, riefen anlässlich des Weltflüchtlingstags linXXnet, SDS Leipzig, Protest LEJ, Space Leipzig und Prisma Leipzig unter dem „Zuflucht Europa statt Festung EU! | Refuge Europe, not Fortress EU“ zum Prostest auf: „Das, was vielerorts in Europa und an seinen Außengrenzen geschieht, soll nun in Gesetzesform gegossen werden. Wenn es nach den Regierungen der EU-Mitgliedsländer geht, wird die systematische Entrechtung, die Inhaftierung bis zu drei Monate, das Ignorieren von Schutzgesuchen und die Abschiebung von Schutzsuchenden in Länder, die sie nie zuvor gesehen haben, zu EU-Recht. Das haben die Regierungen, versammelt im Europäischen Rat, nun beschlossen, tatkräftig unterstützt von der EU-Kommission. Daher ziehen wir am Bundesverwaltungsgericht und Innenstadt vorbei über die Rosa-Luxemburg-Straße zum Rabet-Park. Wir werden neben dem Bundesverwaltungsgericht die Parteibüros von Grünen und SPD passieren und sie dort auffordern, das Vorhaben zu stoppen.“

Worüber die LZ heute berichtet hat:

über eine Falschmeldung der LVZ bezüglich der Fernwärmelieferung aus Lippendorf,

über 65 zusätzliche Baumpflanzungen in Leipzig und

über einen deutlichen Rückgang von Stromsperren in dieser Stadt, aber einen Anstieg in Dresden und Chemnitz.

Was heute außerdem wichtig war: Der Termin für die nächste Landtagswahl steht (so gut wie sicher) fest. Das Kabinett hat sich heute auf den 1. September 2024 als Termin geeinigt. Lediglich das Präsidium des Landtags muss noch sein Einvernehmen erteilen, was allerdings als Formsache gilt. Bereits am 9. Juni finden die Kommunal- und Europawahlen statt.

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Zur Ergänzung des Freien-Sachsen-Urteils hier die wesentliche Begründung des OVG: Bei Meinungen komme es nicht darauf an, ob „die Äußerung als wertvoll oder wertlos, richtig oder falsch, gefährlich oder harmlos, abzulehnen oder billigenswert eingeschätzt wird“. Die Angaben auf dem Stein etwa zu Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) seien „zwar abwertend“, bezögen sich aber vorrangig auf den politischen Meinungskampf. Im Vordergrund der Inschrift stehe eine politische Kritik.

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