Wenn die Zahlen stimmen, ist in Leipzig 2022 ein kleines Wunder passiert. Auch, weil Politiker handelten. Die sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Susanne Schaper, hat sich erneut nach der Zahl der Stromsperren erkundigt (Drucksache 7/13389). Nicht neu ist, dass die Staatsregierung nur Zahlen für die drei Großstädte liefern kann. Aber hier gab es in der Vergangenheit schon immer deutliche Unterschiede. Und in Leipzig gab es vor Corona deutlich mehr Stromabschaltungen als in Dresden oder Chemnitz.

Das hatte immer mit der Armut in der Stadt zu tun und den vielen Menschen, die bei Überzug ihrer Stromrechnung sofort in Zahlungsprobleme gerieten, worauf es dann in der Regel auch bald entsprechende Reaktionen der Stadtwerke gab. Rund 4.000 solcher Abschaltungen gab es in den beiden Vor-Corona-Jahren 2018 und 2019 in Leipzig. In Dresden waren es es etwas über 2.000, in Chemnitz etwas über 1.500.

Während Corona reduzierten sich die Zahlen deutlich, auch weil sich Städte und Stadtwerke in dieser eh belastenden Zeit selbst Zurückhaltung auferlegten. Aber in den Jahren 2021/2022 drehte sich die Lage dann auch noch völlig um.

Während es 2022 in Chemnitz 1.525 Stromsperren und damit etwas weniger Fälle gab als 2021 (1.656, Drucksache 7/9150), stieg deren Zahl in Dresden wieder deutlich von 1.333 auf 1.808. In Leipzig indes wurden 2022 mit 689 Stromsperren wesentlich weniger Maßnahmen verhängt als im Vorjahr (2.389), kann Susanne Schaper aus der neuen Antwort der Staatsregierung herauslesen.

Jeder Fall ist einer zu viel

„Jeder Fall ist einer zu viel. Eine Stromsperre hilft niemandem, oft verschlimmert sie die soziale Situation der Betroffenen. Das führt in einen Teufelskreis, den wir durchbrechen müssen. Wir fordern ein gesetzliches Verbot von Strom- und Gassperren – Energie ist ein Menschenrecht. Wer keinen Strom hat, sitzt nicht nur im Dunkeln, sondern kann sich oft auch keine Nahrung zubereiten“, kommentiert Susanne Schaper die Zahlen.

„Alle Energieversorgungsunternehmen sollen eine Stromtarifstruktur anbieten müssen, die sozial gerecht ist und ökologische Anreize bietet. Wir fordern ein verbindliches Kontingent an kostenfreiem oder kostengünstigem Strom und Gas, das an der jeweiligen Haushaltsgröße orientiert ist. Viele Menschen werden dann versuchen, Energie zu sparen und möglichst innerhalb des kostengünstigen Kontingents zu bleiben.“

Woran es liegen könnte, dass ausgerechnet in Leipzig die Zahlen nach unten gingen, benennt der Leipziger Abgeordnete und energiepolitische Sprecher Marco Böhme: „Die Entwicklung in Dresden ist beunruhigend, die in Leipzig interessant: Offensichtlich hat der Druck, den die Linke-Stadtratsfraktion aufgebaut hat, gewirkt. Wir haben ein Ende der Stromsperren gefordert und in der Tat sind die Stromsperren 2022 um mehr als zwei Drittel gesunken. Strom ist unverzichtbar und darf nicht entzogen werden!

Der Antrag der Linksfraktion von 2022 „Maßnahmen gegen Energiearmut in Leipzig: Übernahme von Betriebskostennachforderungen bei Hartz IV und Sozialhilfe aus Anlass der gestiegenen Energiepreise“

Nur Energie aus erneuerbaren Quellen ist preiswert, sicher und sauber. Ihre verstärkte Nutzung schafft Jobs und macht uns unabhängig von Konzernen und vom Ausland. Sonne und Wind gehören allen. Die Einnahmen aus der CO₂-Abgabe müssen als Klima-Gerechtigkeits-Dividende direkt an die Bürgerinnen und Bürger zurückgezahlt werden.

Weiterhin fordern wir eine Abwrackprämie für alte energiefressende Haushaltsgeräte, damit einkommensarme Menschen den Teufelskreis der hohen Stromkosten durchbrechen können.“

Bislang hat die Staatsregierung keine landeseigenen Maßnahmen zur Abfederung der Energiekrise vorgelegt.

„Wir haben daher den Runden Tisch Energiearmut ins Leben gerufen, der am 30. Juni 2023 auch über Stromsperren debattieren wird“, sagt Böhme.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar