Dass Anträge ziemlich schnell veralten können in schnelllebigen Zeiten, das erlebte in der Ratsversammlung am 10. November auch die Linksfraktion. Denn da kam ein Antrag zur Abstimmung, den die Fraktion schon im Juli geschrieben hatte, als die Energiepreise gerade explodierten und klarwurde, dass das viele Geringverdiener in existenzielle Not bringen würde. Und das 9-Euro-Ticket gab es damals auch noch.

Dessen Verlängerung hatte die Linksfraktion auch gleich gewünscht. Obwohl das 13 Punkte dicke Antragspaket „Schutzschirm gegen Teuerung – 13-Punkte-Garantieplan“ eigentlich nur eine Aufforderung an Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung war, sich „auf allen politischen Ebenen sowie über die Gremien des Deutschen Städtetages, insbesondere gegenüber der Sächsischen Staatsregierung und der Bundesregierung unverzüglich dafür einzusetzen, dass die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern einen zuverlässigen Garantieplan für Versorgungssicherheit, für Standort- und Arbeitsplatzsicherung sowie für bezahlbare Energie-, Heiz-, Brenn- und Treibstoffpreise (kurz: Schutzschirm gegen Teuerung) umsetzt …“

In den vergangenen vier Monaten ist auch einiges passiert. Einige der Punkte waren schon veraltet, als der Antrag in einer Neufassung am 10. November dann endlich auf den Tisch kam und Linke-Stadtrat Volker Külow mit Nachdruck an all die Leipzigerinnen und Leipziger erinnerte, die wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten und Energiepreise nun davon bedroht sind, dass ihnen Strom und Gas abgedreht wird oder gar die Wohnung gekündigt.

Auch die Stadtwerke brauchen einen Schutzschirm

Doch das, was die Linke im Juli aufgeschrieben hatte, musste eigentlich nicht mehr abgestimmt waren. Die Verwaltung hatte in ihrer Stellungnahme ausführlich und zu jedem Punkt aufgeschrieben, was im Bund inzwischen alles bewegt wurde und wo auch der OBM schon aktiv wurde.

Weshalb die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Krefft gleich den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung stellte. Plus drei Punkte aus dem Linke-Antrag, die tatsächlich nicht nur die Bundesebene betreffen, sondern auch in Leipzig geklärt werden können. Zwei dieser Punkt hatte die Linke in eine Neufassung ihres Antrags geschrieben.

Einer stand schon vorher drin.

Das war Punkt Nr. 5: Der OBM solle sich darum bemühen, dass „insbesondere über kommunale Unternehmen, die den öffentlichen Auftrag zur Grundversorgung mit Energie sowie zur Sicherstellung öffentlicher Daseinsvorsorge (die Unternehmen der L-Gruppe) erfüllen, ein Schutzschirm gespannt wird für den Fall eigener Zahlungsschwierigkeiten und bei Zahlungsausfällen ihrer Kundinnen und Kunden wegen der gestiegenen Energiepreise sowie bei der Erfüllung des öffentlichen Auftrags.“

Ein völlig nachvollziehbarer Punkt in einer Zeit, da den Leipzigern die Energierechnungen um die Ohren fliegen, die kommunalen Energieversorger aber auch massive Probleme bekommen, die gestiegenen Marktpreise für Energie und die drohenden Zahlungsausfälle ihrer Kunden abzufangen.

Haushalte vor Kündigungen und Strom- und Gassperren schützen

Neu dazugeschrieben hatte die Linksfraktion die Aufforderung an den OBM, „umgehend eigene Maßnahmen zu ergreifen
1. um das Kündigungsmoratorium für Mietraum auf kommunaler Ebene bereits ins Werk zu setzen und dafür als Gesellschafterin entsprechende Weisung an die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft zu erteilen sowie mit anderen in Leipzig vermietenden Wohnungsgenossenschaften entsprechende Vereinbarungen zu treffen.
2. um Strom- und Gassperren für Privathaushalte zu verhindern und dazu mit den Stadtwerken und im Stadtgebiet als Grundversorger tätigen Energieunternehmen entsprechende Verhandlungen zu führen.“

Und hier wurde dann wieder deutlich, welche Fraktionen im Stadtrat tatsächlich Verständnis haben für die Probleme der Menschen mit geringen Einkommen. Solidarität beginnt nämlich genau da, wo das scheinheilige Getöse um „unseren Haushalt“ aufhört, das an diesem Tag mal wieder AfD-Stadtrat Siegbert Droese anstimmte.

Das vom Bund deutlich ausgeweitete Wohngeld wird zwar vielen der betroffenen Haushalte helfen, ihren Mietzahlungen auch in dieser Zeit nachkommen zu können. Aber am 9. November hatte ja der Stadtrat gerade erst darüber debattiert, ob Leipzig es überhaupt schaffen wird, die erwartete Zunahme der Wohngeldanträge auch abarbeiten zu können.

Dass die Bearbeitung und Genehmigung für Viele dann wohl am 1. Januar noch nicht abgeschlossen ist, weil auch die 30 zusätzlichen Sachbearbeiter/-innen erst eingearbeitet werden müssen, machte ja Sozialbürgermeister Thomas Fabian deutlich.

Ein Kündigungsmoratorium, wie von der Linken beantragt, bedeutet aber eben auch nur eine zeitweilige Frist für die von Zahlungsausfällen betroffenen Mieter. Trotzdem war die Mehrheit der Ratsversammlung für diesen Punkt mit 28:26 Stimmen denkbar knapp. Deutlich knapper als das Anliegen, bei Haushalten in Zahlungsschwierigkeiten Strom- und Gassperren zu verhindern.

Hier stimmten 36 der Anwesenden zu, aber auch wieder 15 dagegen.

Um beide Punkte muss sich der OBM jetzt kümmern. Auch wenn das nur eine vorübergehende Lösung sein kann. Und vielleicht beides auch gar nicht im befürchteten Ausmaß notwendig wird, da ja einige der vom Bund initiierten Hilfsprogramme schon etwas helfen werden.

Da hätte man eigentlich erwartet, dass da die zur Abstimmung gestellte Stellungnahme der Verwaltung ein einhelliges Votum erhält. Und mit 41 Ja-Stimmen war das Votum auch deutlich stärker.

Trotzdem stimmten auch diesmal 13 Stadträte und Stadträtinnen dagegen.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar