„Aber, auch das gehört zur Wahrheit, die meisten Kundinnen und Kunden werden nicht in den Genuss im Dezember kommen, sondern erst mit der Jahresrechnung 22 in 23 diese Entlastung spüren. Weil es auch da technisch durch Vermieter kaum zu schaffen ist. Im Einzelfall kann das anders sein, aber vielen Mieterinnen und Mietern muss man sagen: Du wirst es erst in der Jahresrechnung 22 im Herbst 23 sehen.“

So der Oberbürgermeister Burkhard Jung im Bericht des OBM in der Stadtratssitzung vom 10. November.

Fast so steht es auch im Gesetz, also dem Beschluss des Bundestages (Pressemitteilung des BMWKvom 10.11.22), welches am 14. November im Bundesrat abschließend beraten wird.

Warum nur fast?

Der erste und wichtigste Unterschied ist, dass dort keine Rede von Problemen der Vermieter bei der technischen Umsetzung die Rede ist. Es heißt klipp und klar: „Viele Mieter haben keinen eigenen Gaszähler in ihrer Mietwohnung (…). In diesem Fall gibt es auch kein direktes Vertragsverhältnis zwischen Gaslieferant und Mieter, sondern die Abrechnungen erfolgen hier zwischen Gaslieferant und Vermieter und dann über die Heizkostenabrechnung im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter.“

und

„Viele Vermieter haben die monatliche Vorauszahlung noch nicht an die gestiegenen Energiepreise
angepasst. In diesem Fall kommen die höheren Preise erst im Rahmen der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2022 auf die Mieterinnen und Mieter zu, die im Jahr 2023 erstellt wird.“

Das heißt für mich, das vom OBM benannte Verfahren gilt eben nur in den Fällen, in denen es keine erhöhte Betriebskostenvorauszahlung für Gas oder Fernwärme durch Preisanpassungen gab.

Wenn es aber doch Preisanpassungen gab, dann führt das Gesetz aus: „Besonderheiten gelten dann wiederum für Mieterinnen und Mieter, bei denen die Betriebskostenvorauszahlung wegen gestiegener Gas- oder Wärmekosten in den letzten neun Monaten vor Inkrafttreten des Gesetzes bereits erhöht wurde. Diese Mieterinnen und Mieter müssen den Erhöhungsbetrag im Dezember nicht bezahlen.“

Das nun wieder kann bei Vermietern durchaus zu technischen Herausforderungen führen. Die Mieterinnen und Mieter können in den meisten Fällen den Erhöhungsbetrag nicht einbehalten. Überwiegend liegt ja ein Lastschriftverfahren vor. Also muss der Vermieter entweder für den einen Monat den einzuziehenden Betrag kürzen. Das ist allerdings technisch sehr aufwendig, oder er muss den Erhöhungsbetrag zurücküberweisen. Ist alles kompliziert, aber so lautet das Gesetz.

Das Gleiche gilt für die zweite Ausnahme, die bei Neuverträgen: „In Gebäuden mit Zentralheizung muss ein Viertel der im Dezember 2022 anfallenden Betriebskosten nicht bezahlt werden, wenn der Mietvertrag in den letzten neun Monaten neu geschlossen wurde, da bei Neuverträgen davon auszugehen ist, dass die Höhe der
Betriebskostenvorauszahlung dem aktuellen Preisniveau entspricht.“

Ich habe mit der Formulierung „da bei Neuverträgen davon auszugehen ist …“ etwas Bauchschmerzen. Falls es, im Einzelfall oder auch bei einem Großvermieter generell, nicht der Fall ist, kommt auf den Vermieter, mit der Berechnung Dezember 2022 und der Nebenkostenabrechnung für 2022, ein doppelter Aufwand zu. Für die Mieterinnen und Mieter wird es undurchsichtig.

Kritik am Oberbürgermeister?

Das soll keine Kritik an Burkhard Jung sein, er konnte nicht die hier vorstehenden gesetzlichen Regelungen in der Kürze der Zeit vortragen. Meiner Meinung nach hätte er aber auf ein „komplexes Regelungswerk der Einmalzahlung“ verweisen können.

Diese Verkürzung führte dann wohl auch dazu, dass die Leipziger Volkszeitung schrieb: „Doch ungeachtet der von Bund und Ländern vereinbarten Entlastungsmaßnahmen bereitet Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) die Leipzigerinnen und Leipziger schon auf Verzögerungen bei der Bereitstellung der finanziellen Hilfen vor.“

Noch mal, es ist keine Verzögerung, es ist die Durchführung des Gesetzestextes. Durch die Verkürzung entstand, meiner Meinung nach, ein falscher Eindruck.

Wenn aber …

Möglich ist aber auch, dass sich die „technischen Probleme“ auf eben die Ausnahmeregelungen beziehen. Wenn der Oberbürgermeister meint, dass für Kundinnen und Kunden, die bereits einen Erhöhungsbetrag zahlen, oder die einen Neuvertrag in den letzten Monaten abgeschlossen haben, die Regelungen des Gesetzes nicht durchgesetzt werden können, dann sehe ich das durchaus kritisch. Dieser Umstand hätte dann einer Erklärung bedurft.

Was mir fehlte

Ich habe am Livestream darauf gewartet, dass, eine Stadträtin oder ein Stadtrat, zum Beispiel Volker Külow (Die Linke), besonders nach seiner gerade vorausgegangenen engagierten Rede, aufspringt und darauf hinweist. Das ist leider nicht passiert.

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