Mit einer Vernissage wurde am Donnerstag, 8. Juni, in der DenkmalWerkstatt der Stiftung Friedliche Revolution eine Ausstellung mit Grafiken des Leipziger Dichters und Lessingpreisträgers Andreas Reimann eröffnet. „Wir sind sehr stolz darauf, Grafiken, Texte und Gedichte von Andreas Reimann präsentieren zu dürfen“, sagt Gesine Oltmanns vom Stiftungsvorstand. Wer die Vernissage wahrnahm, konnte auch Andreas Reimann beim Lesen aus seinen Texten und in der Diskussion mit Herausgeber Axel Helbig erleben.

Der Lyriker und Grafiker Andreas Reimann hat in diesem Jahr den Lessingpreis des Freistaates Sachsen erhalten. Das Kuratorium hat seine Entscheidung unter anderem mit dem „unfassbar umfangreichen, vielgestaltigen, streitbaren und formal immer wieder überraschenden poetischem Werk“ des Künstlers begründet.

Die Ausstellung ist die erste von drei Sequenzen von Andreas Reimann, die unter dem Titel „SCHWARZ AUF WEISS: Ein Regenbogen“ in der DenkmalWerkstatt in der Kupfergasse 2 in Leipzig zu sehen sein werden. Sie trägt den Titel „Ich bin kein Opfer, sondern ein Dichter“. Die weiteren Sequenzen sind bis Ende des Jahres geplant. Axel Helbig, mit dem Reimann am Donnerstag diskutierte,  ist Mitherausgeber der in Dresden erscheinenden Zeitschrift für Literatur und Kunst OSTRAGEHEGE.

Der Titel „Ich bin kein Opfer, sondern ein Dichter“ bringt im Grunde die ganze Widerständigkeit des Dichters Andreas Reimann auf den Punkt, der 1965 sein Studium am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ begann, aber schon 1966 wieder rausgeschmissen wurde, weil er sich kritisch zur Kulturpolitik der SED geäußert hatte. 1968 nahm er an der legendären Stauseelesung teil und äußerte wenig später auch deutlich seinen Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings, was ihm die Verurteilung zu zwei Jahren Haft einbrachte.

Vernissage der Andreas-Reimann-Austellung in der DenkmalWerkstatt am 8. Juni. Foto: Sabine Eicker
Vernissage der Andreas-Reimann-Austellung in der DenkmalWerkstatt am 8. Juni. Foto: Sabine Eicker

Was noch nicht das Ende der Schikanen war. Konnte er in den etwas entspannteren 1970er Jahren noch zwei Gedichtbände veröffentlichten, die ihn bei Lyriklesern bekannt machten, so war ihm in den 1980er Jahren jede Veröffentlichungsmöglichkeit genommen. Die Zensur in der DDR funktionierte still und versteckt.

Dabei war er immer ein produktiver Autor. Er schrieb Songs für Bands und Sänger sowie Stücke fürs Jugendtheater. In der Connewitzer Buchhandlung erscheint seit einigen Jahren Band um Band seiner Werkausgabe. Zuletzt erschienen in dieser Reihe „Das große Sonettarium“ (das Reimann als einen ironiesprühenden Meister des Sonetts zeigt), „Der Plunderhund im Lande Wunterbunt“ und „Die Gezeiten des Blaus“ (worin seine tiefe Liebe zu Italien zu erleben ist).

Und so lehnte er nach all den Blessuren, die ihm in der DDR beigebracht wurden, die Opferrolle immer ab und lebte mit Feder und Stift den Anspruch, als Dichter wahrgenommen und ernst genommen zu werden.

Von Juni bis Ende August zeigt die DenkmalWerkstatt der Stiftung Friedliche Revolution in der Kupfergasse 2 die Werke von Andreas Reimann mit Zeichnungen, Dokumenten und Gedichten seit 1968. Geöffnet ist jeweils Dienstag und Donnerstag von 14 bis 17 Uhr bzw. nach Anmeldung unter. Tel. (0341) 22566004.

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