Bis Samstag, 1. August, lohnt sich für Spaziergänger und Radler im Rosental, in der Burgaue, an der Neuen Luppe oder dem Heuweg in Möckern ein kleiner Abstecher in den Marienweg. Das ist die alte Verbindungsstraße, die von der Waldstraße aus zum Klärwerk Rosental führt und dort an der Eisenbahnstrecke scheinbar endet. Tatsächlich führt der Marienweg dahinter in seiner alten Führung weiter in großem Bogen nach Möckern auf die Georg-Schumann-Straße.

Tatsächlich führt der Marienweg dahinter in seiner alten Führung weiter in großem Bogen nach Möckern auf die Georg-Schumann-Straße. Und in DDR-Zeiten war der Bahnübergang sogar noch passierbar. Nur ein Bahnwärterhäuschen wachte hier. Das Bahnwärterhäuschen gibt es noch, im Reichsbahndeutsch: Blockstellwarte. Man kann auf dem Marienweg vom Rosental her hinwandern. Man kann auch – vom Luppesteg her – auf dem kaputten Stück Straße hinlaufen, von dem man nicht wirklich weiß: Gehört das nun zum Heuweg oder haben hier nur ein paar Leute ein löchriges Provisorium geschaffen?

Aber um das Blockstellwerk geht es. Denn seit geraumer Zeit hat die kleine, idyllisch gelegene Bahnimmobilie einen neuen Nutzer gefunden: 2013 ist hier der Leipziger Holzbildhauer Christoph Hundhammer eingezogen. Und er betreibt hier nicht nur seine Bildhauerwerkstatt, sondern lädt auch regelmäßig zu Kursen in der Holzbildhauerei ein.

Nur dieser Tage nicht. Aktuell ist die Künstlerwerkstatt am offiziellen Leipziger Jakobspilgerweg eher Schau- als Mitmachplatz. Denn: “Drei Bildhauer schaffen gemeinsam eine Plastik für die Georg-Schumann-Straße die zur Nacht der Kunst präsentiert wird”, teilt das Organisationsteam der “Nacht der Kunst” auf der Georg-Schumann-Straße mit. Die “Nacht der Kunst” findet am 5. September statt. Den Termin kann man sich schon mal vormerken. Dann soll das Kunstwerk fertig sein und aufgestellt werden, das jetzt im Pleinair am Marienweg entsteht.

Christoph Hundhammer hat sich seine beiden Künstlerkollegen Peter Walter und Gunther Bachmann eingeladen, um mit ihnen gemeinsam eine Reiterfigur für die Georg-Schumann-Straße zu schaffen. Sechs Tage haben sie sich dafür vorgenommen. Am Montag, 27. Juli, haben sie angefangen. Am Samstag, 1. August, wollen sie fertig werden. Und auf dem Gelände des Blockstellwerks Elsteraue kann man ihnen dabei zuschauen und erleben, wie ein Pferd entsteht.

“Wer dem Schaffensprozess beiwohnen will, ist herzlich eingeladen”, betont Anke Laufer vom Organisationsteam NdK-Leipzig 2015. Die Mannschaft von “Nacht der Kunst” hat das Kunstprojekt angestoßen, der Georg-Schumann-Straße-Förderverein unterstützt es. Denn: “Die Georg-Schumann-Straße soll eine Reiterfigur bekommen, wenn auch nur für eine Nacht.”

Geplant ist die etwa lebensgroße Figur eines Pferdes mit Reiter. Diese Plastik soll aus Holz, gegebenenfalls auch Metall, aufgebaut werden, und zwar in einer offenen Struktur, so dass sie luft- und raumdurchlässig bleibt.

“Es geht darum, im Stadtraum Alternativen anzubieten, auf spannende Flächen hinzuweisen, Optionen zu eröffnen”, erklärt Christoph Hundhammer. “Allgemein gesagt, den Erlebniswert der Straße zu erhöhen. Mit diesem, zunächst temporären Projekt, soll darauf hingewiesen werden, dass dies mit künstlerischen Mitteln möglich ist.”

Das klingt zurückhaltend. Und man hat im Grunde auch gleich diverse Plätze an der Georg-Schumann-Straße vor Augen, die dringend einer Aufwertung zum Beispiel durch eine Reiterfigur bedürfen. Egal, ob es der eher platzkünstlerisch gestaltete Möckernsche Platz ist oder der von Tristesse dominierte Huygensplatz. Eine Beziehung zur Geschichte der Straße hätte die Reiterfigur auch, denn die heutige Georg-Schumann-Straße entspricht in ihrem Verlauf weitgehend der wichtigsten Straßenverbindung, die das alte “urbs libzi” schon vor 1.000 Jahren mit der Region um Halle und Merseburg verband. Sie ist das eigentliche Weststück der Leipziger Via Regia, auch wenn die alte Handelsstraße von Leipzig aus quasi über den alten Parthelauf erst einmal nordwärts führte im Verlauf der heutigen Pfaffendorfer Straße und dann mit dem Elsterknick nach Westen abbog.

Und auf dieser Handelsroute kamen auch damals schon die Händler und Reiter nach Leipzig, wollte auch der freudenerregte Bischof Eid damals im Dezember 1015 westwärts zu seinem Kaiser reisen, verstarb dann aber in der Burg zu Leipzig. Da hätte man schon gern gewusst, wie das Wetter war und ob die Straße nach Halle überhaupt passierbar war. Denn gepflastert so wie heute der Huygensplatz war sie auf keinen Fall. Reisen war damals eine Strapaze. Und wer konnte, war zu Pferd unterwegs. Das Kunstwerk, das die drei Bildhauer im Blockstellwerk Elsteraue schaffen, wäre also sogar ein echtes Kunst-Geschenk zum Jubiläum der Stadt.

Wenn sie klug sind, machen sie es stand- und regensicher.

Noch sei man freilich auf der Suche nach einem geeigneten Standplatz, betont Anke Laufer.

Wenn das nicht klappt, wär’s wirklich arg.

Aber bis Samstag kann, wer Lust hat, den drei Bildhauern bei der Arbeit zusehen.

Das Pleinair findet vom 27. Juli bis zum 1. August am Blockstellwerk-Elsteraue am Marienweg 10 statt. Zugucken kann man täglich von 10 bis 16 Uhr.

Aufgestellt werden soll das fertige Reiterstandbild am 4. und 5. September. Die Einweihung soll am 5. September zur Nacht der Kunst passieren.

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