Stau am Störmthaler See. Wer am 18. August bei angenehmen Temperaturen eine Runde durch die Leipziger Seenlandschaft drehen wollte, musste erst einmal an wartenden Autos, vollgepackten Bollerwagen und lauten Menschen vorbei. Denn: Das Highfield-Festival hat nach zwei Jahren pandemiebedingtem Ausfall wieder stattgefunden.

35.000 trotzen Wind und Regen

Die schiere Masse von Menschen erschloss sich einem spätestens beim Auftritt von Kraftklub. Als am Freitagabend der Rap der fünf Chemnitzer Jungs gemeinsam mit ihren Indie-Riffs über das Gelände dröhnte, drückten sich die Besucher/-innen eng an eng. Selbst der anhaltende Regen konnte die Abertausenden nicht aufhalten.

Von Donnerstag bis Montag haben rund 35.000 Menschen das Musik-Spektakel im Leipziger Süden besucht. Am Festivalwochenende dann meldeten die Veranstalter/-innen: „Wir sind offiziell ausverkauft.“ Nur wenige Tagestickets waren noch an der Abendkasse zu erhalten. Von Kraftklub über Madsen und Electric Callboy bis hin zu Sido schien für jede/-n etwas dabei.

„Dass wir diesen Erfolg feiern können, hat zwei maßgebliche Gründe: Zum einen hat die überwältigende Mehrheit unserer Ticketinhaber für 2020 ihre Karten bis jetzt behalten, zum anderen hat sich der Vorverkauf nach dem Abebben der Omikron-Welle sehr gut entwickelt“, so Pressesprecher Jonas Rohde.

„Wir kennen die Probleme, die andere Festivals beim Absatz hatten, und freuen uns sehr, dass das Highfield nicht davon betroffen war. Wenn überhaupt, haben wir einen größeren Durst nach Livekultur festgestellt als sonst – was mit einem Blick auf die Veranstaltungsbranche als Ganzes aber nicht selbstverständlich ist.“

Trasholution gegen das Müllproblem

Am Montagmorgen wummerte dann ein letztes Mal „Cantina Band“ an die Ohren der Festivalgänger/-innen. Wer aus dem Zelt kam, erlebte erst einmal wieder den üblichen Schock: kaputte Pavillons, Berge an Bierdosen, übrig gebliebene Lebensmittel, so weit das Auge reicht.

Das LZ Titelblatt vom Monat August 2022. VÖ. 25.08.2022. Foto: LZ

Nicht nur das Highfield hat ein Müllproblem. Immer wieder fallen Musik-Festivals in Deutschland wegen der großen Müllberge auf, die die Festivalgäste hinterlassen. So bleiben laut einer Statistik des Berliner think-do-tank „Thema 1“ beispielsweise ein Viertel der Zelte einfach vor Ort.

Doch als der Morgentau sich so langsam verzog und die ersten Sonnenstrahlen durch die Himmeldecke brachen, klärte sich das Bild allmählich. Leute vom Highfield-Foodsharing sammelten in den Camps die übrig gebliebenen Vorräte ein, die rund 50 Müllinseln wurden voller.

„Neben diversen Verbesserungen am Gelände haben wir mit Trasholution auch ein neues Nachhaltigkeitsprogramm am Start: Für jeden von unseren Gästen abgegeben Müllsack spenden wir einen Euro an verschiedene gemeinnützige Projekte aus der Region“, erklärt Jonas Rohde.

Müll für soziale Projekte

Zwei Projekte konnten bisher durch das diesjährige Highfield realisiert werden. 2.000 Müllsäcke und damit 2.000 Euro wurden an den Migrants und Minorities Network e. V. für ein sechsmonatiges Sportprogramm gespendet. 1.000 Euro gab es für einen Herzenswunsch: Mit dem Wünschewagen, einem speziellen Krankentransporter, können sterbenskranke Menschen jeden Alters nochmal an ihr Sehnsuchtsziel gebracht werden.

Die derzeitige Stufe 3 ist für den Migrationsrat in Berlin gedacht. 1.000 Euro sollen für den Eigenanteil bei Härtefallberatungen bereitgestellt werden. Danach hat die Spendenaktion noch feministische Aktionen bei Abya Yala Libre Leipzig im Blick. Außerdem soll der Little Home e. V. unterstützt werden – damit soll einer wohnungslosen Person ein kleines Zuhause geschenkt werden.

Gemeinde Großpösna lobt Festival

Schon seit 2013 entwickelt das Highfield seine grünen Konzepte weiter. 2019 wurde beispielsweise ein „Grüner Wohnen“-Bereich eingeführt, in dem sich besonders umweltbewusste Besucher/-innen wohlfühlen. Auf Ruhe, wenig Müll und besondere Rücksicht aufeinander soll hier Wert gelegt werden.

Das 2019er-Konzept „Grün Rockt“ hat es nicht ins neue Jahr geschafft. Damit wollte man nachhaltige Themen auf dem Festival einbeziehen. So hat der Veranstalter auch Einwegplastik-Produkte wie Strohhalme, Besteck oder Rührstäbchen vom Gelände verbannt.

Außerdem zahlte jede Person mit seinem Ticket ein Müllpfand von fünf Euro. Wer zum Ende des Wochenendes einen prall gefüllten Müllsack an den auf dem Gelände verteilten Müllinseln oder bei der mobilen Müllabfuhr abgab, erhielt das Geld zurück. Dieses Konzept wurde nun durch Trasholution ersetzt – und es scheint zu funktionieren.

Die Gemeinde Großpösna habe bisher überwiegend gute Erfahrungen mit dem Festival gemacht, erzählte Daniel Strobel, Hauptamtsleiter der Gemeinde, gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung. „Nach einer Woche wurde das Gelände bisher immer sauber zurückgegeben.“ Der Großteil des Geländes, auf dem das Festival stattfindet, ist im Besitz der Kommune.

Eine Busfahrt, die ist lustig

Wenn der Müll dann abgegeben und das Zelt zusammengepackt war, konnte man mit einem der Shuttlebusse zurück nach Leipzig fahren. Das ganze Wochenende pendelten die Busse von den frühen Morgenstunden bis in die Nacht hinein zwischen dem Hauptbahnhof und dem Highfield-Gelände. Auch zum Einkaufszentrum Pösna Park fuhren täglich Shuttles – einen Supermarkt gab es dieses Jahr nämlich nicht auf dem Gelände.

„Wir entwickeln das Highfield laufend weiter“, so Rohde. „In diesem Jahr hat unser Partner O2 beispielsweise ein umfangreiches Streaming- und VOD-Angebot angeboten, das das Festival überall erlebbar macht.“ In HD konnte man sich also auf der Rückfahrt im Bus auch die versäumten Auftritte der Künstler/-innen anschauen.

Lob und Kritik in den Kommentaren

In den sozialen Netzwerken füllten sich dann am Montag rasant die Kommentarspalten. Lob und Freude, aber auch Kritik und Unmut waren dort anzutreffen. Die Parksituation sei chaotisch gewesen, bei der Anreise und den Bändchenausgaben sei kein System zu erkennen gewesen, EC-Zahlungen waren an vielen Ständen nicht möglich.

Scrollt man weiter runter, finden sich auch lebhafte Diskussionen zu den Dixi-Klos. Einige hätten nie sauberere auf einem Festival gehabt; bei anderen wurden die Toiletten wohl kaum geleert. Das Highfield-Festival selbst entschuldigt das mit der Unwetter-Situation vor Ort – die Leerfahrzeuge seien kaum durch die matschige Erde gekommen.

Zusammenfassung: Für jede Person war das Highfield-Festival eine ganz individuelle Erfahrung. Eines kann aber wohl kaum jemand leugnen: Schön, wieder zusammen feiern zu können.

2023 mit Die Ärzte und Rin

Am 23. August startete dann der Vorverkauf für das kommende Jahr. Vom 18. bis 20. August 2023 soll sich die Halbinsel am Störmthaler See wieder in das bunte, laute Highfield-Gelände verwandeln. Die erste Preisstufe war bereits nach wenigen Minuten ausverkauft. Preisstufe 2 ist derzeit für 169 Euro erhältlich.

Am schnellen Ausverkauf sind wohl unter anderem die neu angekündigten Headliner schuld: Neben Die Ärzte sind SDP, Rin, Beatsteaks und Nina Chuba dabei. Weitere Acts werden in den kommenden Wochen angekündigt.

Info „Highfield-Festival“

Das Highfield-Festival ist ein jährlich stattfindendes Musikfestival. Von 1998 bis 2009 fand es am Stausee Hohenfelden, südlich von Erfurt, statt. Vom ursprünglichen Ortsnamen leitet sich auch der Name des Festivals ab. Seit 2010 findet es am Störmthaler See bei Großpösna im Landkreis Leipzig statt.

Das Festival hat sich in den letzten Jahren als eines der größten Festivals in Ostdeutschland etabliert. Hip-Hop, Indie- und Punk-Rock sind hier vertreten. Seit der ersten Austragung stiegen die Besucherzahlen kontinuierlich von 10.000 auf fast 25.000 im Jahr 2006. Seit 2016 liegt die Kapazität bei 35.000 Besucher/-innen.

„Der Durst nach Livekultur: Highfield-Festival nach drei Pandemiejahren ausverkauft“ erschien erstmals am 26. August 2022 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 105 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

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Es gibt 2 Kommentare

Die Gemeinde Großpösna, denen ein großer Teil der Fläche gehört, hat diese Fläche 2009/10 “in Ordnung” gebracht. Sprich zig ha sich entwickelnden Waldes und Natur platt gemacht, abgeholzt. Die Bilder habe ich damals hier eingestellt. Heute kassiert die Gemeinde für die Nutzung vermutlich erheblich. Ebenso wie die Bauern, die aus ihren Feldern Parkplätze gemacht haben.
Der damals um Hilfe gebetene Ökolöwe hat nicht reagiert. Dafür haben sich 2 damalige Mitarbeiter des Ökolöwen (einer davon der damalige umweltpolitische Sprecher) mit der Firma “Mein Zelt steht schon” selbständig gemacht und für die Besucher Zelte aufgestellt.
Diese und ähnliche Veranstaltungen (eine Woche später fand eine Motocross-Veranstaltung statt (so, wie etliche Wochenenden vorher auch), Quadfahrten, Motorbootnutzung etc.pp., finden gegen den bekannten Willen (nachzulesen in einer Studie zur Tagebaunutzung am geographischen Institut der Uni Leipzig) der Anlieger statt. In dieser Studie kann die Ex-Bürgermeisterin auch nachgelesen werden, daß sie die weit überwiegende Meinung der Bürger kenne, ihr diese aber egal sei.
Auch dieses Jahr war der Lärm (wenn man sich darauf verständigt, daß sich über Geschmack nicht streiten läßt) wieder unerträglich. Es beschwert sich ob der Sinnlosigkeit des Unterfangens allerdings niemand mehr. Egozentrik und Hedonismus der “Besucher” und deren Geld machen’s möglich. Zur nächsten Klima-Demo wird wieder um Absolution geheischt.

Es ist ja löblich, dass der Veranstelter das Festival-Gelände immer sauber an die Gemeinde Großpösna zurück gibt. Allerdings ist die “Kultur” Essen und Equipment auf dem Gelände liegen zu lassen meiner Meinung nach ein deutliches Zeichen der Wohlstandverwahrlosung. Wie kann es sein, dass im Zeichen der Krisen soviel “Geld” übrig ist ? Da kann auch das Programm “Trasholution” nicht drüber helfen. Ich halte es für nicht mehr haltbar für den Spass von 35.000 Festivalbesuchern einen solchen rundum nicht nachhaltigen Aufwand zu bertreiben. Den Co2-Abdruck eines Besuchers möchte ich gerne mal vorgelegt bekommen. Die Bevölkerung macht sich Gedanken über Einsparungen von Energie und regionales Wirtschaften und hier werden Ressourcen verprasst, das es nur so kracht.

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